Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
SachsenSachsen-AnhaltThüringenDeutschlandWeltLeben
Seit einer Woche ist es möglich, mit der 2G-Regel nur Geimpften und Genesenen ohne Abstand und Maskenpflicht Zutritt zu Innenräumen zu gewähren. Bildrechte: imago images/Bihlmayerfotografie

LandtagsdebatteKöpping: Wir könnten heute Dänemark sein

29. September 2021, 11:54 Uhr

Wie kommen wir zurück zur Normalität? Das 2G-System als ein möglicher Weg wird bundesweit schon lang diskutiert. In Sachsen ist es seit einer Woche möglich, ohne Abstand und Maske nur Geimpften und Genesenen Zutritt etwa zur Innengastronomie zu gewähren. Doch noch immer ist der Freistaat Schlusslicht beim Impfen. Während die Mehrheit der Abgeordneten im Sächsischen Landtag an die Impfbereitschaft der Menschen appellierte, attackierte die AfD Ministerpräsident Kretschmer scharf.

Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping ist unzufrieden mit der niedrigen Impfquote in Sachsen. "Eigentlich könnten wir heute Dänemark sein", sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch im Landtag. Das Land habe alle Corona-Regeln abschaffen können, weil mehr als 70 Prozent der Menschen vollständig geimpft seien. Bei Älteren liege die Quote noch deutlich höher. Köpping bezeichnete das als Grundlage für mehr Freiheiten. "Ganz soweit sind wir noch nicht."

Sachsen weiter Schlusslicht bei Impfungen

Nach wie vor hat Sachsen die bundesweit geringste Impfquote. Laut Übersicht des Robert Koch-Instituts (RKI) sind in Sachsen 57,7 Prozent der Menschen einmal gegen das Coronavirus geimpft - 54,6 Prozent vollständig. Laut Köpping haben mittlerweile auch über 12.000 Menschen eine dritte sogenannte Booster-Impfung erhalten. 1,7 Millionen Menschen seien hingegen noch ungeimpft. Davon seien rund 300.000 Menschen älter als 60 Jahre. Hinzu kämen rund 440.000 Kinder unter 12 Jahren.

Sich impfen zu lassen sei deshalb auch "eine Frage von gelebter Solidarität insbesondere gegenüber Kindern, die sich nicht impfen lassen können", betonte Umwelt- und Landwirtschaftsminister Wolfram Günther von den Grünen. Die neue Option einer 2G-Regelung sei zudem ein Zeichen von Freiheit. "Warum soll man Menschen, die die Chancen der Forschung wahrnehmen, sich impfen zu lassen, weiter in ihrem Leben Einschränkungen überhelfen?"

Mit der Einführung der 2G-Regel ist es in Sachsen seit vergangener Woche möglich, ohne Abstand und Maskenpflicht nur noch Geimpften und Genesenen Zutritt zu Innenräumen beispielsweise der Gastronomie, Hallenbädern, Saunen, Veranstaltungen oder Clubs zu gewähren.

Köpping: Niedrigschwellige Impfangebote bleiben bestehen

Einen der Hauptgründe für die zurückhaltende Impfbereitschaft sieht SPD-Sozialministerin Petra Köpping in mangelndem Vertrauen der Bevölkerung. Laut Köpping zeige eine Studie der TU Dresden, dass zahlreiche Änderungen der Corona-Maßnahmen und wechselnde Aussagen zur Wirksamkeit der Impfungen zu einem Vertrauensverlust geführt haben.

Wie bereits beschlossen, sollen auch in Sachsen die meisten Impfzentren ab Oktober schließen. Niedrigschwellige Impfangebote werde es jedoch weiterhin geben. "Wir sind noch nicht fertig. Wir wollen unsere 30 mobilen Impfteams aufrechterhalten", bekräftigte Köpping. Daneben sollen auch Haus- und Betriebsärzte sowie Ärzte in Krankenhäusern weiterhin impfen. 17 Krankenhäuser hätten bereits ihre Bereitschaft signalisiert.

AfD attackiert Ministerpräsident Kretschmer scharf

Die AfD warf der Staatsregierung in der anschließenden Debatte Einfallslosigkeit und mangelnden Respekt vor den Grundrechten der Menschen vor.

Geben Sie den Bürgern ihre Freiheiten zurück und beenden Sie endlich Ihr Corona-Spektakel.

Jörg Urban | AfD-Fraktionsvorsitzender

Der Fraktionsvorsitzende Jörg Urban bezweifelt die Wirksamkeit der Corona-Schutzimpfungen und kritisiert die Option einer 2G-Regel in Sachsen, die in den Augen der AfD einen "faktischen Impfzwang" darstelle. Ungeimpfte gesunde Menschen würden vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen, so Urban. Er attackierte Ministerpräsident Michael Kretschmer in diesem Zusammenhang scharf und nannte ihn einen "Lügner und Spalter", da Kretschmer im vergangenen Jahr eine Impfpflicht ausgeschlossen hatte.

CDU: AfD hat in Pandemie Grenzen verschoben

Der sozialpolitische Sprecher der CDU, Alexander Dierks, reagierte empört und betonte, dass alle Einschränkungen der vergangenen beiden Jahre dem Schutz von Menschenleben dienten und die Wirtschaft gut durch die Pandemie bringen sollten. Dies habe in Deutschland besser funktioniert als in den meisten Ländern Europas und der Welt. Die Impfungen verteidigte Dierks als eine Möglichkeit, um vor allem schwere Verläufe zu vermeiden. Es sei eine Dreistigkeit der AfD, den Ministerpräsidenten als Lügner und Spalter zu bezeichnen.

Sie* haben nichts Besseres zu tun, als mit irgendwelchen Demonstranten vor das Haus zu ziehen, Menschen zu bedrohen, sich mit irgendwelchen Leuten fotografieren zu lassen, die die Impfzentren mit Konzentrationslagern vergleichen. Das ist ihr Beitrag zur Pandemie.

Alexander Dierks | Sozialpolitischer Sprecher CDU

*gemeint ist die AfD, Anmerkung der Redaktion

Die AfD habe in der Pandemie erneut die Grenzen verschoben und Dinge miteinander verglichen, die in Deutschland vor der historischen Verantwortung unsagbar seien.

Linke und Grüne: Mehr Unterstützung für Benachteiligte in der Krise

Die Linke stimmte dem Bericht und Appell für mehr Impfbereitschaft der Staatsregierung zu, kritisierte allerdings, dass Schulen und Kindern in der Pandemie bisher zu wenig Beachtung geschenkt worden sei. "Alles, um den Ort Schule sicher zu machen, hat nicht stattgefunden", konstatierte die bildungspolitische Sprecherin der Linken, Luise Neuhaus-Wartenberg. Bestes Beispiel seien die Luftfilter, für die es erst Ende Oktober eine Förderrichtlinie geben soll. Sie warnte vor wachsenden Lernlücken vor allem bei Kindern, deren Eltern nur wenig Geld zur Verfügung steht. Neuhaus-Wartenberg forderte zielgerichtete Fördermaßnahmen für die betroffenen Kinder und Jugendlichen.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Kathleen Kuhfuß, mahnte an, auch weiterhin niedrigschwellige Informationsangebote für Menschen mit Beeinträchtigungen zu schaffen. Informationen zum Infektionsschutz gegen Corona seien mittlerweile auch in Gebärdenspache oder leichter Sprache im Netz abrufbar. "Dennoch werden die Verordnungen von vielen Menschen als kompliziert wahrgenommen." Nicht jeder wisse zudem, wo die entsprechenden Informationen abrufbar sind. Mit Blick auf den bevorstehenden Herbst und Winter sei es wichtig, Werkstätten für Menschen mit Behinderung und Inklusionsbetriebe stärker zu unterstützen - etwa durch Testungen und einen niedrigschwelligen Zugang zu Drittimpfungen. Schließungen sollten hingegen das letzte Instrument sein. Auch Kuhfuß betonte noch einmal die Bedeutung der Impfung in diesem Zusammenhang. "Wer sich selbst schützt, schützt andere. Wer sich impfen lässt, schützt andere."

Quelle: MDR/js

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN | 29. September 2021 | 11:30 Uhr