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IntegrationWeitere Thüringer Landkreise führen Bezahlkarte für Asylbewerber ein

31. Januar 2024, 15:10 Uhr

Nach Greiz und dem Eichsfeld führen weitere Landkreise in Thüringen eine Bezahlkarte für Asylbewerber ein. Die Kreise greifen damit einer bundes- und landeseinheitlichen Regelung vorweg. Befürwortet werden die Karten nun auch von den Grünen.

von MDR THÜRINGEN

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Nach Greiz und dem Eichsfeld wollen weitere Landkreise in Thüringen im Alleingang Bezahlkarten für Asylbewerber einführen. Der Wartburgkreis will die Karte in einer Pilotphase einführen. Laut Landrat Reinhard Krebs (CDU) sollen die ersten 100 Menschen die Karte ab dem 1. März erhalten. Derzeit arbeite der Kreis "mit Hochdruck" an der technischen Umsetzung. Die Karte solle nach und nach auf alle derzeit 900 Asylbewerber im Landkreis ausgeweitet werden.

Asylbewerber können nur noch im Landkreis bezahlen

Die Karten werden mit den jeweils zustehenden Leistungen aufgeladen und ersetzen Bargeld. Sie sollen für Auslandsüberweisungen gesperrt werden und nur innerhalb des Landkreises funktionieren - überall, wo Kreditkarten akzeptiert werden. "Ich lege Wert darauf, dass es uns mit dieser Umstellung ausdrücklich nicht darum geht, den Menschen, die hier Schutz suchen, das Leben schwer zu machen, sondern darum, die Vorteile, die diese Variante für die Menschen und für die Verwaltung bietet, zu nutzen", sagte Krebs.

Auch der Saale-Orla-Kreis, das Weimarer Land und der Landkreis Schmalkalden-Meiningen wollen eine Geldkarte ausgeben. Im Landkreis Nordhausen steht eine Entscheidung darüber an.

Der Ilm-Kreis will noch in diesem Jahr die Bezahlkarte für Flüchtlinge einführen. Das Vorhaben stehe in den Startlöchern, teilte das Landratsamt MDR THÜRINGEN mit. Sobald es einen bestätigten Kreishaushalt gibt, werde eine Firma gesucht, die die Bezahlkarte technisch umsetzen kann. Karten sollen zunächst an 100 Flüchtlinge ausgegeben werden. Im Vorfeld hatte das Landratsamt für das Vorhaben eine Arbeitsgruppe gebildet.

Auch AfD-Landrat will Karte

Das Landratsamt Sonneberg teilte am Dienstag mit, dass auch dort die Bezahlkarte eingeführt werden soll. Wie ein Sprecher in der Kreisverwaltung mitteilte, beschäftigt sich die Behörde auf Anweisung von Landrat Robert Sesselmann (AfD) bereits seit Herbst mit diesem Thema. Dafür würden Gespräche mit möglichen Anbietern wie der Sparkasse Sonneberg geführt.

Wann die Karte eingeführt werden kann, ist jedoch noch unklar. Der Landkreis sucht nach einem Dienstleister, der gleichzeitig auch eine Karte für die Verwaltungsmitarbeiter für steuerfreie Sachbezüge erstellt. Zudem soll es auch eine App für mobile Endgeräte geben. Diese Zusatzanforderungen werden laut Sprecher einige Zeit in Anspruch nehmen.

Erste Erfahrungen im Kreis Greiz

Die Kreise folgen damit dem Vorbild des Eichsfelds und des Kreises Greiz. Seit der Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber in Greiz haben sich laut Landratsamt 15 Betroffene nicht mehr gemeldet. Diese hätten sich sonst die monatliche Unterstützung im Landratsamt abgeholt. Ob sie den Landkreis verlassen haben, sei nicht bekannt, da sie sich nicht beim Landratsamt abmelden müssen, erklärte eine Sprecherin. Landrätin Martina Schweinsburg (CDU) hatte Mitte Januar zuvor erklärt, dass rund 200 Personen eine Bezahlkarte erhalten hatten.

Bundeseinheitliche Einführung dauert noch

Die Thüringer Landkreise schaffen damit bereits Fakten, bevor auf Bundes- oder Landesebene einheitliche Systeme eingeführt werden. Bund und Länder hatten sich im November zwar auf eine Bezahlkarte für Flüchtlinge und Asylbewerber geeinigt. Mindestens einen Teil ihrer Leistungen sollen sie künftig als Guthaben auf eine Bezahlkarte bekommen. Abschließende Vorschläge für bundesweit einheitliche Mindeststandards werden aber noch erarbeitet.

Als Begründung für die Einführung der Karten wurde etwa genannt, dass Schutzsuchende so kein Geld aus staatlicher deutscher Unterstützung an Angehörige und Freunde im Herkunftsland überweisen könnten. Auch Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte sich für ein Bezahlkartensystem ausgesprochen. Wie die Umstellung in Thüringen erfolgen könne, so Ramelow im Dezember, solle in der nächsten Zeit geprüft werden.

Innenminister Maier unterstützt Bezahlkarte mit Einschränkungen

Die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete bietet aus Sicht von Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) wichtige Steuerungsmöglichkeiten. Auslandsüberweisungen sollten mit der Karte nicht möglich sein, das Ziehen von Bargeld aber schon, sagte Maier.

Online-Geschäfte in begrenztem Umfang und nicht außerhalb der EU zu ermöglichen, hält der Innenminister ebenfalls für sinnvoll. Insgesamt lobte er die Bezahlkarte - sie spare Kosten und reduziere Risiken, etwa bei der bisher üblichen Auszahlung von Geldbeträgen. "Das ist ein modernes und zeitgemäßes Verfahren, mit Geld umzugehen", so Maier.

Grüne befürworten Bezahlkarten

Die Grünen im Thüringer Landtag stehen der Einführung von Bezahlkarten für Flüchtlinge generell offen gegenüber. Astrid Rothe-Beinlich, Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Geflüchtete und Integration, sagte am Dienstag, die Geldkarte könne Kommunen tatsächlich unterstützen und Bürokratie entgegenwirken.

Die Thüringer Grünen-Politikerin Astrid Rothe-Beinlich steht Bezahlkarten für Flüchtlinge grundsätzlich positiv gegenüber. Bildrechte: IMAGO / Jacob Schröter

Sie forderte aber, dass bei derartigen Karten die Rechte der Flüchtlinge gewahrt bleiben müssten. "Eine de facto Residenzpflicht oder Einschränkung der Bewegungsfreiheit mittels der beschränkten Zulassung einer solchen Karte lehnen wir ab", so die Fraktion. Das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt, dass das Existenzminimum nicht zu relativieren sei - auch nicht für Flüchtlinge. Die logistischen Herausforderungen beim Auszahlen des Geldes an Flüchtlinge dürfen laut Grünen-Fraktion kein Feigenblatt für andere Ziele wie etwa das Abschrecken von Hilfesuchenden sein.

FDP fordert mehr Tempo

Die FDP-Gruppe im Landtag fordert mit Verweis auf den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz im November mehr Tempo bei einer landesweiten Bezahlkarte. Danach sollte das Modell ursprünglich bis zum 31. Januar stehen, so FDP-Gruppensprecher Thomas Kemmerich. Das Fehlen einer einheitlichen Lösung zwinge die Landkreise und kreisfreien Städte dazu, kleine Lösungen umzusetzen, was mit erheblich größerem Aufwand verbunden sei. Zudem könnten Asylbewerber versucht sein, in Regionen ohne Bezahlkarte auszuweichen.

Weitere Meldungen zu Bezahlkarten für Asylbewerber

MDR (cno/dst/ost)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 30. Januar 2024 | 12:00 Uhr

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