TagungWelche Zukunftspläne gibt es für das Goethe-Nationalmuseum in Weimar?
Bei einer Tagung in Weimar wurde diskutiert, wie das Goethe-Nationalmuseum künftig den Dichter, Wissenschaftler und Sammler präsentieren könnte. Alles stand zur Debatte, selbst der Name "Nationalmuseum" wurde infrage gestellt. MDR KULTUR fasst die gewonnenen Erkenntnisse zusammen.
- Bei einer Tagung wurde in Weimar die Zukunft des Goethe-Nationalmuseums diskutiert.
- Dabei wurde vor allem der Stellenwert der Sammlungen hervorgehoben.
- Konkrete Ideen gab es unter anderem für die Gestaltung des Gartens und der Mansarde.
Das Goethe-Nationalmuseum in Weimar gehört zu den meistbesuchte Museen Thüringens. Ab 2026 soll es saniert und umgebaut werden. Aber wie vermittelt man künftigen Generationen die Denk- und Lebenswelt Johann Wolfgang von Goethes?
Es waren durchaus kritische Fragen, die Kuratoren, Historiker und Kunstwissenschaftler bei der zweitägigen Tagung "Denkmal, Dichterhaus, Vermittlungsort. Das Goethe-Nationalmuseum im 21. Jahrhundert" Ende November in Weimar stellten.
Passt der Name Goethe-Nationalmuseum noch?
Ob das "Goethe-Nationalmuseum" noch so heißen müsse, da sei sich Andreas Beyer von der Universität Basel nicht sicher. Das Wort "national" sei gerade bei Goethe alles andere als perfekt. Und spannend ist auch der Blick auf den Geheimrat und sein Kollektiv. Einer chinesischen Delegation habe er in seinem Todesjahr in französischer Sprache anvertraut, man müsse ihn als "Kollektiv" verstehen, das sei er wirklich.
Goethe und seine Sammlungen zeitgemäß vermitteln
Einer "Operation am offenen Herzen" gleiche das, was man bei der Neuausrichtung vorhabe, so die Präsidentin der Klassik Stiftung Weimar, Ulrike Lorenz. Man wolle den Blick nach innen, in das Herz des Dichters und Sammlers wagen.
Damit war auch der Kern des Anliegens markiert: Goethes Sammlungen sollen mehr in den Fokus gerückt werden, die Depots, die Fülle an Wissen – der Kosmos des Geheimrates. Aber es gehe, so die Veranstalter, nicht nur um das Zeigen, sondern um das Vermitteln.
Ein Rembrandt-Fan
Tausende Objekte, Grafiken, Zeichnungen, auch einige Gemälde gehören zu Goethes Sammlungsbestand. Darunter auch 370 italienische und 260 niederländische Zeichnungen. Für Rembrandt soll sich der Geheimrat besonders begeistert haben, 18 Kunstwerke hat er von ihm erworben.
Doch das ist nur ein Blick auf den Goethe, den wir kennen. Jetzt rückt der Naturwissenschaftler noch mehr in den Fokus und damit seine Steine, Mineralien, Fossilien, alles, was ihn interessierte, um seine Welt damals besser zu erkunden.
Beinahe ein Sensationsfund
"Beinahe hätte man eine Sensation präsentiert", so Thomas Schmuck mit etwas Augenzwinkern, er leitet die naturwissenschaftlichen Sammlungen der Klassik Stiftung. In einem der Objekte Goethes, einem Bernstein, habe man erst 2022 ein eingeschlossenes Insekt bemerkt: Eine Ameise, vermutlich 40 Millionen Jahre alt. Doch was hat diese Ameise mit uns zu tun und was erzählt dieser Bernstein über Goethe?
Er sammelte, er tauschte, er ließ sich Steine mitbringen, er schenkte andere zurück. 23.000 Objekte zählt die naturwissenschaftliche Sammlung. Allein 18.000 mineralogische Exponate, Steine, die ihm auch Humboldt 1798 mitbrachte, ein Bergkristall von Graf von Sternberg und viele andere. Man liest darüber in Briefwechseln.
Goethe hat fast alles gesammelt
"Man muss schon suchen, um das zu finden, was ihn nicht interessierte", so Sammlungschef Schmuck. Die Vogelskelett-Sammlung seines Sohnes August gehörte wohl dazu und landete nach dem Tod des Sohnes dann doch in der Sammlung des Vaters.
Auch ein weltweit nur dreimal vorhandenes Farbspektrum, eine kleine schmale Karte mit Farbverlauf, dürfte heute als Rarität gelten. Damals, so die Überlieferung, meinte Goethe despektierlich, es sei "Hokuspokus" – heute ist das Original, geschaffen von dem Optiker und Instrumentenbauer Joseph von Fraunhofer, ein Beleg, wie Wissenschaft ihren Ursprung nahm.
Auch 2.000 Blätter des Herbariums gehören zu Goethes Wissenskosmos, dutzende Mappen mit Blättern über Pflanzen, Architektur, Archäologie, die Antike. Die Welt draußen versuchte er nach innen zu ziehen. Das kleine Weimar, das kleine Haus am Frauenplan, es war mehr als nur ein Wohnhaus.
Konkrete Ideen
Goethe habe uns noch viel zu sagen, so das Resümee der Tagung. Langweilig dürfte es auch künftig nicht werden, das Leben des Geheimrates aus Weimar zu entdecken: Die Mansarde des Hauses soll geöffnet werden, Besucher mehr Blick in Sammlungen, Depots und die Arbeitsweise des Dichters bekommen. Vielleicht wird manch kuschlige, bürgerliche Sofaecke einem Schrank mit Schubkästen und Schriftmappen weichen.
Der Garten soll auch nicht nur schön und duftend sein, sondern eine Einladung, ihn als Forschungs- und Wirtschaftsgarten zu verstehen. Im Pavillon entsteht vielleicht ein Platz, um Goethes Naturwissenschaft noch besser zu vermitteln.
Quelle: MDR KULTUR (Blanka Weber), Goethe-Gesellschaft, Redaktionelle Bearbeitung: op
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