DorflebenLetzte Kneipe in Frauenprießnitz: Ein gemachtes Nest für den neuen Pächter
In Frauenprießnitz im Saale-Holzland-Kreis macht die letzte Kneipe dicht. Die Pächter des gepflegten Sportlerheims wollen in den Ruhestand. Ein neuer Betreiber ist noch nicht gefunden. Dabei ist die Anlage mit moderner Kegelbahn und Fußballplatz ein Schmuckstück mit vielen Stammgästen.
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Seit 20 Jahren steht André Dörfer in der kleinen Küche "seines" Sportlerheims in Frauenprießnitz. Die Kneipe, ein paar hundert Meter außerhalb des Dorfes, ist bekannt für seine gutbürgerliche Küche: Schnitzel, Brätel, Bratkartoffeln. Dabei ist der Küchenchef eigentlich gelernter Trockenbauer. Mit dem Kochen ist er aber schon als junger Mann in der NVA in Berührung gekommen.
Gäste auch von weiter her
Die Leidenschaft hat sich gehalten, sagt André Dörfer, während er ein Schnitzel in die Pfanne wirft: "Das Kochen hat mir immer schon Spaß gemacht, wissen Sie. Dann habe ich gedacht, bevor du jetzt wieder auf Montage gehst, ich war ja nun 15 Jahre im Goldenen Westen, da machst du das Sportlerheim, dann übernimmst du das." Aber nicht allein. Seine Frau Geli steht an der Theke und bedient. Das Essen ist lecker, die Preise moderat, der halbe Liter Bier kostet nur 2,50 Euro. Die Gäste kommen nicht nur aus Frauenprießnitz, sondern auch von weiter her.
Ende Mai ist Schluss
Doch das dicke Ende naht: 20 Jahre sind den Dörfers genug. Die Pächter wollen in den Ruhestand. Am 31. Mai ist Schluss - und kein Nachfolger in Sicht. Dabei versucht die Gemeinde, die auch Eigentümerin der Gaststätte ist, schon seit einem Jahr, einen neuen Pächter zu finden. Fünf Interessenten waren bislang da. Geblieben ist keiner. Warum hier niemand weitermachen will, versteht die Gemeinde nicht.
Die Pacht sei niedrig, sogar eine Wohnung im Ort stünde für den potenziellen Betreiber parat, wirbt Bürgermeister Jürgen Hofmann: "Hier ist es wirklich so, dass derjenige, der den Laden übernehmen möchte, eigentlich einen Fass Bier unter den Arm klemmt, steckt das an und kann die Leute bedienen. Die Küche ist relativ neu, die Kegelbahn ist neu, die Toiletten sind neu, die Gasträume sind in Ordnung. Es ist ein gemachtes Nest, wenn hier einer starten möchte."
Kneipensterben besonders auf dem Land
Frauenprießnitz ist natürlich kein Einzelfall. Der Gaststätten- und Hotelverband Dehoga beobachtet das Kneipensterben schon lange: 4.961 Gaststätten gab es 2011 in Thüringen - im vergangenen Jahr waren es nur noch 4.232. Ganz besonders krass ist das Phänomen auf dem Land. Hatte der Saale-Holzlandkreis, in dessen Norden Frauenprießnitz liegt, 2009 noch 98 Gaststätten, so waren es 2022 nur noch 67.
Dehoga-Geschäftsführer Dirk Ellinger bedauert, dass es immer schwerer wird, mit Kneipen noch Geld zu verdienen. Man müsse schon bereit für viel Arbeit sein, doch die Gefahr der Selbstausbeutung sei vielen Menschen zu groß bei dem Gedanken, eine gut gehende Kneipe zu übernehmen, sagt Ellinger. Befördert werde das Kneipensterben aktuell noch durch gestiegene Preise für Energie, Lebensmittel und Logistik sowie zunehmende Bürokratie.
Clubraum bietet Platz für Feierlichkeiten
Auch rund um Frauenprießnitz gibt es kaum noch Kneipen, um so schöner, dass dieses Schmuckstück bisher geblieben ist. Es gibt eine schöne überdachte Terasse mit einer großen Wiese nebst Spielplatz, der Kinder zum Spielen einlädt. Für die Großen schließt sich hinter der Kneipe eine moderne vollautomatische Kegelbahn an. Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften steht ein separater Clubraum zur Verfügung. Auch der SV Frauenprießnitz hat hier seinen Sitz. Ob Hochzeit, runde Geburtstage oder Jugendweihen. Jedes Wochenende ist hier was los.
Es ist halt Treffpunkt für alle: egal ob jung, alt oder Kinder. Es ist auch Ausgangspunkt für Sportaktivitäten. Es wäre traurig, wenn hier Schluss wäre.
Ronny Telle aus Frauenprießnitz
Kurz vor angekündigtem Toresschluss kommen noch mal besonders viele Stammgäste ins Sportlerheim. Sie wollen sich bei Bier und Grillhaxe verabschieden, bestätigt Wirtin Geli Dörfner. Ronny Telle aus Frauenprießnitz nippt melancholisch an seinem Bier: "Es ist halt Treffpunkt für alle: egal ob jung, alt oder Kinder. Es ist auch Ausgangspunkt für Sportaktivitäten. Es wäre traurig, wenn hier Schluss wäre."
Verlust für Sportverein
Auch für Jens Leidenfrost ist der Verlust groß, wenn im Sportlerheim Ende Mai die Lichter ausgehen: "Die Kinder können Fußball spielen, kegeln, haben ja hier eine Fläche, auf der man nicht aufpassen muss. Das ist dann schon schade, wenn das alles wegfällt."
Richtig schade auch für die Fußballer des SV Frauenprießnitz. Der Platz direkt neben der Kneipe - auch bei den Gäste-Teams extrem beliebt. Trainer Sven Döring: "Es fetzt eben, wenn es nach dem Spiel Bewirtung gibt und man dann was trinken kann." Gespielt wird weiter, aber die Getränke kommen ab dem 1. Juni wohl nur noch aus der Kühlbox.
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MDR (lou)
Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 24. Mai 2024 | 19:00 Uhr
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