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SanierungSaalburg-Ebersdorf: Streit über Zukunft der Orangerie

26. Juni 2022, 14:55 Uhr

Die Stadt Saalburg-Ebersdorf will die zerfallene Orangerie im Schlosspark sanieren. Bürger und Bürgermeister haben ganz konkrete Ideen für die Nutzung - aber die gehen auseinander. Das liegt unter anderem an stachligen Kakteen.

von Stefanie Reinhardt, MDR THÜRINGEN

Er hat sie in allen möglichen Formen und Größen. Mit kurzen oder langen Dornen. Dick und dünn. Lutz Schmalfuß vom Bürgerverein Möschlitz hat mehrere hundert Kakteen und Sukkulenten gesammelt. Sie alle sind sozusagen Nachfahren eines Kakteen-Experten, der 1871 in dem kleinen Ort bei Schleiz geboren wurde: Alwin Berger. Die erste berufliche Station des Botanikers: der Schlosspark in Ebersdorf. Schon damals stand dort die Orangerie.

Vorübergehende Ausstellung zur Buga

Heute ist das Gebäude zerfallen. Der Putz bröckelt von der Fassade, die Fenster sind marode. Die Stadt Saalburg-Ebersdorf wollte das denkmalgeschützte Gebäude eigentlich 2019 sanieren. Doch das Geld dafür reichte laut Bürgermeister nicht aus.

Die Orangerie im Schlosspark Ebersdorf

Die Orangerie wurde 1792 vom Dresdner Architekt Christian Friedrich Schuricht errichtet - im Auftrag des reußischen Grafen Heinrich LI. Sie wurde im klassizistischen Stil gebaut. Ihre Fassade zieren 16 korinthischen Säulen. Die Reußen nutzten sie im Winter, um Pflanzen unterzubringen, im Sommer als Vergnügungsort.

1945 ging der Park mit der Orangerie in Volkseigentum über. In den 1960er-Jahren wurde das Gebäude saniert. 1969 eröffnete darin eine HO-Gaststätte. Sie war gut besucht und wurde auch von FDGB-Urlaubern genutzt. 1989 wurde die Gaststätte geschlossen.

Zur Bundesgartenschau 2021 kam auf Initiative des Schlossparkvereins und des Bürgervereins Möschlitz vorübergehend eine Ausstellung hinein. Die Türen waren geöffnet und zeigten Schautafeln und Fotos über den Ort, den Park und seinen berühmtesten Gärtner Alwin Berger - mitsamt Kakteen.

Uneinigkeit zwischen Stadt und Bürgerverein

Jetzt will die Stadt die Orangerie endlich sanieren. Es gibt Ideen, wie sie wiederbelebt kann. Der stellvertretende Bürgermeister Allam Hanna (CDU) schlug vor, daraus einen Ort für Veranstaltungen zu machen. Es gibt auch Ideen für ein Café. Der Bürgerverein Möschlitz möchte in der Orangerie auch gerne an Alwin Berger erinnern. Auch Kakteen aus der Sammlung des Bürgervereins mit Bezug zu dem Botaniker könnten dort stehen, sagt Lutz Schmalfuß.

Ich möchte kein Kakteenhaus.

Allam Hanna | Stellvertretender Bürgermeister (CDU)

Doch der stellvertretende Bürgermeister Hanna ist anderer Meinung. Er sagt: "Ich möchte kein Kakteenhaus." Schmalfuß hält dagegen. "Das wollen wir ja auch gar nicht. Wir wollen ja kein Kaktus-Museum aufbauen." Aber: "Wenn es hier einen bedeutenden Botaniker gegeben hat, warum kann man dann nicht an ihn erinnern? Das wäre doch eine Chance", meint Schmalfuß. Schließlich gebe es Interesse an einen Erinnerungsort für Alwin Berger - von der Deutschen Kakteenvereinigung, von Wissenschaftlern und Kakteen-Liebhabern auf der ganzen Welt. Der Bürgerverein sieht das als Alleinstellungsmerkmal in Thüringen und Chance für den Tourismus in der Region.

Wenn es hier einen bedeutenden Botaniker gegeben hat, wäre es eine Chance, hier an ihn zu erinnern.

Lutz Schmalfuß | Vom Bürgerverein Möschlitz

Kakteen-Experte Alwin Berger wurde 1871 in Möschlitz bei Schleiz geboren. Seine erste berufliche Station als Gärtner und Botaniker war der Schlosspark in Ebersdorf. Anschließend hat er sich weltweit einen Namen gemacht: erforschte Kakteen, schrieb Bücher und gestaltete den Botanischen Garten der Wilhelma in Stuttgart. Der Bürgerverein Möschlitz hat einen großen Nachlass von Berger. Für den sucht er schon länger einen dauerhaften Ausstellungsort - bis jetzt aber ohne Erfolg.

Diskussionsrunde zur Zukunft der Orangerie

Um weitere Stimmen zu hören, hatte der Bürgerverein Möschlitz am Donnerstag die Einwohner zu einer Diskussionsrunde in Ebersdorf eingeladen. Knapp 40 Menschen kamen, darunter auch der stellvertretende Bürgermeister und mehrere Stadträte. Laut Hanna soll der Holzfußboden der Orangerie erhalten und aufgearbeitet werden.

Die Fassade werde saniert, die Fenster gestrichen. Ein zuerst angedachter Anbau mit Sanitäranlagen sei nicht mehr in Planung. Es gehe darum, Kosten zu sparen. Rund 1,8 Millionen Euro hatte die Stadt zu Jahresbeginn im Haushalt für die Sanierung verankert. Die Hälfte davon seien Fördergelder. Jetzt sollten die Arbeiten so schnell wie möglich beginnen.

Die Orangerie als Ort für Veranstaltungen, Tanz, Hochzeiten oder Geburtstagsfeiern wiederzubeleben – dafür gab es Zustimmung. Auch einen Platz für Alwin Berger könnte es geben. Eine Idee war, auch Studierende in den Prozess einzubeziehen.

Eine andere: ein Kakteen-Café. Doch da hatte mancher Sorge, dass die Dornen für junge Besucher zum Problem werden könnten. Lutz Schmalfuß winkt ab. Er will weiter nach Möglichkeiten suchen, um an Alwin Berger zu erinnern.

MDR

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 25. Juni 2022 | 18:48 Uhr