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100. TodestagWie das Theater Rudolstadt den komischen Kafka feiert

21. März 2024, 15:14 Uhr

Anlässlich des 100. Todestages von Franz Kafka widmet das Theater Rudolstadt dem Schriftsteller einen Collagenabend. Obwohl Kafka nur 40 Jahre alt wurde, hinterließ er ein großes Vermächtnis. Seine besondere Art, so absurde wie schreckliche Szenarien in nüchterne Worte zu fassen, ist bis heute unverkennbar. Im Mittelpunkt des Abends am Theater Rudolstadt steht Kafkas komisches Talent.

Trotz mannigfaltiger Interpretationen kann man sagen: Auch 100 Jahre nach seinem Tod ist Kafkas Geheimnis nicht gelüftet. Zum Glück! Die Magie seiner Schriften wirkt immer noch. Diese Erfahrung hat auch der Rudolstädter Chefdramaturg Michael Kliefert gemacht. "Ich hatte natürlich viele der großen Romane gelesen, aber gerade in seinen kleinen Miniaturen, die wenig bekannt sind, steckt so viel Humor, so viel Spontaneität, so viel Entdeckerlust, im Abseitigen etwas zu sehen, was man sonst übersehen hätte."

Ein Trio aus zwei Schauspielerinnen und einem Schauspieler spüren auf der Rudolstädter Theaterbühne Franz Kafkas Lust an der Komik nach. Bildrechte: Friedericke Lüdde

Ein Abend von Kafka über Kafka

Kafka wurde oft – auch aufgrund seiner eigentümlichen Fantasien – ein düsteres Wesen zugeschrieben. Kritiker nannten ihn neurotisch und weltfremd. Zeitzeugen, wie Kafkas ehemaliger Freund Max Brod, der selbst Schriftsteller war, widersprechen dem. Bei seinen Lesungen soll Kafka in der Lage gewesen sein, so ansteckend zu lachen, dass kollektive Heiterkeitsausbrüche die Folge waren. Der Rudolstädter Theatermacher Michael Kliefert wollte sich daher speziell auf die Spuren des humorvollen Kafkas begeben: "Ich habe versucht so viel von Kafka selbst einfließen zu lassen. Es ist praktisch ein Abend von ihm über ihn."

Trio auf der Bühne

Kliefert hat den Abend als Collage aus Szenen, Monologen, Bildern und Musik konzipiert, die von zwei Schauspielerinnen und einem Schauspieler dargeboten werden. Der Abend trägt den Titel "Mein Körper ist zu lang" – ein von Kafka entliehenes Zitat aus einer Kurzgeschichte, in der sich der Dichter mit seinem Körper auseinandersetzt. Und zwar sehr kritisch, so Kliefert: "Der Mann war höchstattraktiv, er war groß, er war charmant, er war sympathisch in der Kommunikation und trotzdem hat er sich, seinen Körper nicht gemocht."

Der Schriftsteller Franz Kafka wurde am 3. Juli 1883 in Prag geboren. Er starb am 3. Juni 1924 in Österreich und hinterließ neben drei Romanfragmenten zahlreiche Erzählungen. Bildrechte: imago images / ZUMA/Keystone

Mit einem solchen Körper lasse sich nichts erreichen, schreibt Kafka: "Mein Körper ist zu lang für seine Schwäche, er hat nicht das geringste Fett zur Erzeugung einer segensreichen Wärme, zur Bewahrung inneren Feuers, kein Fett, von dem sich einmal der Geist über seine Tagesnotdurft hinaus ohne Schädigung des Ganzen nähren könnte." Ein – typisch für Kafka – kurioser, irrwitziger Gedankengang.

Kafka hinterfragt Wirklichkeiten

Für Theatermacher Michael Kliefert steht bei Kafkas Texten am Anfang immer die ganz genaue Beobachtung und Feststellung einer Sache: "In diesen genauen Beobachtungen passiert eine Wiedergabe der Wirklichkeit, gleichzeitig aber auch eine Verschiebung der Wirklichkeit." Kafka schaffe es, eine neue Perspektive auf die Verstrickungen des Alltags zu geben und löse dadurch die Frage aus: Ist die vermeintliche Logik, der wir folgen, vielleicht nur eine Konstruktion, eine Konvention?

Die Inszenierung am Theater Rudolstadt versucht mit einer Collage aus Kurztexten, Briefen und Aufzeichnungen das hartnäckige Klischee des einsamen Dichters zu widerlegen. Bildrechte: Friedericke Lüdde

Eine lyrische Reise durch Kafkas Universum

Das dreiköpfige Ensemble, durch das Kafka in der Rudolstädter Inszenierung spricht, schlüpft in seltsam anmutende Figuren – unergründlich, woher sie kommen und wohin sie gehen. Der Abend verspricht eine lyrische, fast Fata-Morgana-haft anmutende Reise. Gerade, weil Kafkas Worte nicht allein mit dem Verstand zu durchdringen sind, sind sie für Regisseur Michael Kliefert eine so unerschöpfliche Quelle, die anregt, über uns und die Welt nachzudenken: "Diese Lust an der Provokation, an der Sinnverschiebung, und seine Worte gehen nie nur in einer theologischen, psychologischen oder philosophischen Interpretation auf, sondern sind immer noch mehr als das."

Redaktionelle Bearbeitung: tmk

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 22. März 2024 | 06:15 Uhr