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Das Fraunhofer IDMT hat seinen Sitz auf dem Campus der Technischen Universität Ilmenau. Hier werden in Laboren und Spezialräumen wie dem reflexionsarmen Raum, akustische Messungen durchgeführt. Anwohner und Interessierte können das Institut jährlich zur Ilmenauer Wissenschaftsnacht besichtigen. Bildrechte: MDR/Lisa Wudy

ForschungRollende Konzertsäle, hocheffiziente Hörgeräte und das Erkennen von Deepfakes - Fraunhofer IDMT wird 20 Jahre alt

23. Mai 2024, 19:35 Uhr

In Ilmenau gibt es gleich mehrere Fraunhofer-Institute. Eines davon ist das IDMT - das Institut für Digitale Medientechnologie. Dort wird rund um die Themen Akustik, Audiotechnik und Künstliche Intelligenz geforscht. Vor 20 Jahren wurde es gegründet. Am Mittwoch ist mit einem Fest und einer Technikschau das Jubiläumsjahr gefeiert worden. Mit dabei auch der langjährige Institutsleiter und Miterfinder des mp3-Formates Karlheinz Brandenburg. Doch was wird da am Institut eigentlich genau gemacht?

von Lisa Wudy, MDR THÜRINGEN

Wie kann städtischer Lärm verringert, durch akustische Messtechnik die industrielle Produktion erleichtert oder einfach der Sound aus den Lautsprecherboxen verbessert werden? Unter anderem mit diesen Fragen beschäftigen sich die Forschenden des IDMT in Ilmenau.

Industriegeräusche analysieren

Im aufgestellten Schaukasten reihen sich drei kleine Elektromotoren aneinander. Einer läuft rund, die anderen zwei Motoren sind defekt oder unter zu starker Last. Alle drei baugleichen Motoren erzeugen ein unterschiedliches Geräusch. Ein Fachmann würde die Störung des Maschinenmotors natürlich am Klang erkennen und entsprechend handeln. Mit Hilfe von Mikrofonen und Künstlicher Intelligenz (KI) kann die vom IDMT entwickelte Technologie aber auch ohne menschliches Gehör Störungen oder defekte Bauteile erkennen.

Mit Akustiksensoren und Künstlicher Intelligenz können defekte Bauteile erkannt werden. Bildrechte: MDR/Lisa Wudy

Die sogenannte akustische Qualitätskontrolle kann überall dort eingesetzt werden, wo Geräusche während der Produktion oder auch beim Testen eines Endproduktes entstehen. Etwa beim Abfüllen von Flaschen oder auch beim Schweißen und Fräsen. Zusammen mit Unternehmen aus der Industrie und der Technischen Universität Ilmenau werden die Verfahren dafür entwickelt.

Sensoren erkennen Stadtlärm

Autos, Baustellen, Polizeisirenen oder Konzerte – gerade in Großstädten ist der Lärmpegel enorm. In einem aktuellen Projekt in Kooperation mit der Stadt Gelsenkirchen wird derzeit der Lärm rund um die Veltins-Arena erfasst. Fünf aufgestellte Sensorkästen nehmen die Geräusche war und messen die Lautstärke. Das Besondere: das KI-Modell analysiert gleichzeitig auch die Geräusche und erkennt die Ursache für den Lärm.

Ähnlich wie beim menschliche Ohr ist der Sensorkasten an beiden Seiten mit Mikrofonen ausgestattet. Damit wird der Stadtlärm erfasst. Bildrechte: MDR/Lisa Wudy

Die Analyse von Umgebungsgeräuschen wird wie beim genannten Projekt zum Beispiel für Lärm- oder Verkehrsmonitorings eingesetzt. Gerade für die Stadtplanung oder bei großen Events könne das Verfahren laut den Forschenden nützlich sein, etwa um Verkehrs- oder Besucherströme effektiver umzuleiten. Aber auch in der Tierwelt wird die Technologie erprobt, um bestimmte Arten anhand ihrer Geräusche zu erkennen oder das Verhalten zu studieren.

Unter dem Dach der Fraunhofer-Gesellschaft gibt es deutschlandweit derzeit 76 Institute und Forschungseinrichtungen. Mit knapp 32.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterin wird den eigenen Angaben nach ein jährliches Forschungsvolumen von etwa drei Milliarden Euro erzielt. Am IDMT in Ilmenau gibt es aktuell etwa 100 Beschäftigte.

Töne, Klänge und Geräusche – in Verbindung mit Künstlerischer Intelligenz ergibt sich für die Forschenden des IDMT ein schier unendliches Anwendungsfeld. Im Bereich der sogenannten Medienforensik werden beispielsweise manipulierte oder gefälschte Audio- und Videodateien wie Deepfakes überprüft. Auch an Hörgeräten die Hintergrundgeräusche besser filtern sollen wird derzeit in Ilmenau geforscht.

Miterfinder des mp3-Formats

Ein wesentlicher Bestand der Forschung des IDMTs ist zudem der Bereich 3D-Sound – und das schon seit fast 20 Jahren. Aktuell werde versucht, solche speziellen Soundsysteme in Autos zu verbauen. Den Weg dorthin hat auch der langjährige Institutsleiter und Miterfinder des mp3-Formats Karlheinz Brandenburg geprägt. Der 69-Jährige hat das Forschungsinstitut in Ilmenau mit aufgebaut. Auch nachdem er die Leitung 2019 an Joachim Bös übergeben hat, sei er weiterhin mit dem Institut verbunden, so Brandenburg. Nicht zuletzt durch seine Firma Brandenburg Labs, die als Ausgründung der TU und des IDMTs hervorgegangen war und ebenfalls ihren Sitz auf dem Campus hat.

Der perfekte Klang auf den Ohren - Brandenburg will erneut durchstarten

Zusammen mit seinem Team entwickelt er nun neue innovative Audioprodukte. Darunter Kopfhörer, die eine realitätsnahe Hörumgebung schaffen sollen. "Ein uralter Traum seit über 50 Jahren, dass man über Kopfhörer einen Klang bekommt, wo man nicht das Gefühlt hat, der Klang ist im Kopf, sondern irgendwo da draußen", beschreibt der Tonmeister der digitalen Revolution.

Die Technik sei zwar bereits vorführbar, doch noch nicht marktreif. Im kommenden Jahr soll die Entwicklung soweit sein, dass der Verkauf an Profikunden starten kann. Dann soll es in Kooperation mit Kopfhörer-Herstellern in die Massenproduktion gehen. Brandenburg hofft auf einen Verkaufsstart Ende 2026.

MDR (wdy,lou)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 22. Mai 2024 | 19:00 Uhr

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