ThermometerwerkThermometermuseum Geraberg will auch DDR-Geschichte vermitteln
Die Region um Geraberg hat eine lange Tradition der Thermometerherstellung. Sogar ein Thermometermuseum gibt es hier. Darin gibt es viel Wissenswertes über die Temperaturmessung im Lauf der Jahrhunderte zu erfahren. Jedoch ist die Geschichte des Thermometerwerkes Geraberg, das nach der Wende geschlossen wurde, bislang unterrepräsentiert. Doch das soll sich jetzt ändern.
- In der Region um Geraberg werden traditionell Thermometer hergestellt, das Thermometerwerk war zu DDR-Zeiten eines der größten in Europa.
- Im Thermometermuseum Geraberg soll nun auch die Geschichte des zur Wende geschlossenen Thermometerwerkes vermittelt werden.
- Die Gegend ist bis heute ein Standort der Thermometerherstellung.
Über 1.000 Exponate erzählen im Deutsche Thermometermuseum die Geschichte der Temperaturmessung. In dem kleinen Museum in Geraberg gibt es allerhand zu entdecken: vom Nachbau eines Luftthermoskops von Galileo Galilei, über vergoldete Messinstrumente zur Wettervorhersage für Seefahrer, bis hin zu einer Experimentierstation für Schüler.
Eindrucksvolle Standortgeschichte
Untergebracht ist es in einem kleinen Fachwerkhaus in Geraberg, am Rande des Thüringer Waldes. Was im Museum natürlich nicht fehlen darf, ist die Thermometerherstellung im Thüringer Wald. Denn die hat hier eine lange Tradition. In der Region rund um Ilmenau lag um 1900 das Weltmonopol der Thermometerfertigung.
Geraberg spielt dabei eine besondere Rolle. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden viele kleine Familienbetriebe in der Region zusammengelegt und es entstand das Geraberger Thermometerwerk.
Eines der größten Werke in Europa
Museumsleiterin Carmen Rux erklärt MDR KULTUR die damaligen Standortvorteile: "Der Thüringer Wald war hier am geeignetsten, man hatte das Glas, den Sand, um das Glas zu erzeugen. Es wurden Fachschulen gebaut, es wurde ein Eichamt gebaut, denn viele Thermometer mussten geeicht werden. Daraus hat sich das hier alles entwickelt."
Zu DDR-Zeiten war das Thermometerwerk mit bis zu 2.000 Beschäftigten eines der größten Werke in Europa – bis zur Wende, als die Herstellung geschlossen wurde. Das Werk selbst existiert heute nicht mehr, das Gebäude wurde Ende 90er-Jahre abgerissen.
Gründung des Thermometermuseums
Nach der Schließung des Werkes folgte mit viel Engagement die Gründung des Thermometermuseums. Schritt für Schritt hat Rux mit ihrem Team in den letzten Jahrzehnten das Museum aufgebaut. "Um die Geschichte der Thermometrie nicht zu vergessen", wie sie sagt.
Die Geschichte des DDR-Thermometerwerkes wird jedoch bisher nur am Rande erwähnt. Mit neuen Ausstellungselementen soll künftig auch diese dargestellt werden. Dabei setzt man besonders auf die Erinnerung der Menschen vor Ort.
Zeitzeugen vermitteln Geschichte
In Zusammenarbeit mit Schulen sollen in den kommenden drei Jahren Zeitzeugengespräche geführt werden. Neben den Audioaufzeichnungen ist auch eine neue Bildergalerie in Planung, um den Besucherinnen und Besuchern Alltag, Arbeit sowie die Umbruchszeit nach der Wende besser zu vermitteln.
Über die Dringlichkeit der Aktualisierung sagt Museumschefin Rux: "Es ist ja schon über 30 Jahre her, dass das Werk in dieser Form nicht mehr existiert. Und es ist höchste Zeit, Zeitzeugenbefragungen vorzunehmen. Denn bevor die letzten dann nicht mehr da sind oder das zeigen können oder man nicht mehr weiß, wie Thermometer gefertigt wurden, ist es jetzt höchste Eisenbahn."
Bis heute Thermometer-Standort
Die Thermometer-Tradition lebt in der Region noch fort. Einige Arbeiter haben nach der Werkschließung zur Wende den Sprung ins kalte Wasser gewagt und sich selbstständig gemacht. So auch Frank Rieck mit seiner Geraberger Firma für Messtechnik. Er hatte von 1984 bis zur Schließung als Entwicklungsingenieur im Thermometerwerk gearbeitet.
Warum er die Chance für einen Neubeginn ergriffen hat, beschreibt er so: "Die Nachfrage war ja nach der Wende genauso. Und daraus haben sich die Firmen entwickelt. Und Stück für Stück wurden die Firmen immer größer. So hat sich der Thermometer-Standort hier in Geraberg erhalten."
Aus dem VEB-Betrieb ging nach der Wende das heutige Unternehmen Geratherm hervor. Im benachbarten Ort Geschwenda werden dort von ca. 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch immer Thermometer gefertigt, die in die ganze Welt geliefert werden. Seit 2000 ist die Firma börsennotiert und wurde während der Corona-Pandemie 2020 offiziell als systemrelevant eingestuft.
Quelle: MDR KULTUR (Lisa Wudy), MDR THÜRINGEN, Deutsches Thermometermuseum; Redaktionelle Bearbeitung: op
Das MuseumDeutsches Thermometermuseum
Dorfplan 9, 99331 Geratal OT Geraberg
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Samstag: 10 bis 16 Uhr
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 04. März 2024 | 07:40 Uhr