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In Meiningen machte Steinmeier Fotos und unterhielt sich mit Passanten. Bildrechte: Marlene Drexler

Staatsoberhaupt in ThüringenSteinmeier in Meiningen: Wie die Menschen den Besuch des Bundespräsidenten erlebt haben

19. Oktober 2023, 20:01 Uhr

Drei Tage führte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier von Meiningen aus seine Amtsgeschäfte. Zunächst kam er mit dem Regionalzug und 20 Minuten Verspätung. Vor dem Stadtgespräch war das Bundespräsidialamt etwas nervös. Doch blieben die Sorgen unbegründet. Was vom Besuch in Thüringen bleibt, hat Reporterin Marlene Drexler beobachtet.

von Marlene Drexler, MDR THÜRINGEN

Raus aus dem Berliner Selbstgespräch, rein in die Region. So fasst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) das Format "Ortszeit" selbst zusammen. Das Konzept dahinter: Das Staatsoberhaupt verlegt für drei Tage seinen Amtssitz von Schloss Bellevue in die Provinz.

Ziel des Ganzen sei, ländlichere Regionen besser kennenzulernen und aktiv den Austausch mit den dort lebenden Menschen zu suchen. Die Idee zu dem Format ist während der Coronapandemie entstanden. Auch als Reaktion auf den verschärften Ton in den gesellschaftlichen Debatten, erzählt Steinmeier in Meiningen.

Öffentlichkeitswirksame Ankunft mit dem Regionalzug

Für seine Anreise am Dienstagmittag wählte der Bundespräsident den öffentlichkeitswirksamen Regionalzug. Nicht inszeniert waren die zwanzig Minuten Verspätung. Der Grund: Bauarbeiten auf der Strecke, da half auch kein Bundespräsident an Bord.

Neben Meiningens Bürgermeister Fabian Giesder (SPD) und Vertretern der Presse erwarteten Steinmeier am Gleis auch einige interessierte Menschen aus Meiningen und Umgebung. Ein älterer Herr kommentierte: "Ich hatte gedacht, hier ist mehr los".

Wegen Bauarbeiten auf der Strecke kam Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 20 Minuten später an als geplant. Bildrechte: MDR/Marlene Drexler

Steinmeier im direkten Kontakt mit den Menschen vor Ort

Für Steinmeier ging die Meiningen-Reise nach seiner Ankunft mit einem Bummel auf dem Wochenmarkt und der obligatorischen Bratwurst los. Beim Schlendern unterstrich der Bundespräsident sein Anliegen, mit den normalen Menschen vor Ort ins Gespräch kommen zu wollen.

Immer wieder stoppte er, schüttelte Hände, unterhielt sich, machte Fotos mit verblüfften und weniger verblüfften Passanten. Mal ergab sich ein Smalltalk über die Einkäufe, dann ein Gespräch über Kriege und Krisen als Ursache für Sorgen und Ängste. Auf den Marktbummel folgte ein vertrauliches Gespräch mit den sieben Fraktionsvorsitzenden des Stadtrats, danach ließ Steinmeier den ersten Abend im Staatstheater ausklingen.

Bundespräsident Steinmeier war insgesamt drei Tage in Meiningen. Bildrechte: Marlene Drexler

Steinmeiers Besuch überwiegend positiv aufgenommen

In den darauffolgenden zwei Tagen besuchte der Bundespräsident unter anderem die Polizeischule, das Dampflokwerk und die Kirchenburg in Walldorf. Steinmeier erwarteten bei seinen öffentlichen Terminen keine euphorischen Massen, aber eine konstante, kleine Traube von - je nach Uhrzeit - zwischen 20 und 30 Schaulustigen. Sie einte ihr Interesse an einem konstruktiven Gespräch. Fast alle gaben an, sich über den Besuch des Bundespräsidenten und vor allem die ungewöhnliche Form zu freuen.

"Viele dachten, es wird eine Bühne aufgebaut und da hält er dann eine Rede. Dass er jetzt einfach so über den Marktplatz läuft und jeder ihn ansprechen kann, das finde ich super", schilderte der Meininger Christopher Then seinen Eindruck. Ähnlich äußerte es sich auch ein Ehepaar, das aus Suhl angereist war und außerdem Steinmeiers "ruhige, gelassene und umsichtige Art" als positiv hervorhob.

Christopher Then behält Steinmeier Besuch in Meiningen positiv in Erinnerung. Bildrechte: Marlene Drexler

Ein Mann, der seinen Namen nicht nennen wollte, sagte am Rande einer Veranstaltung, er bezweifle, dass man Steinmeier auch mit negativen Entwicklungen in der Stadt konfrontiere. Konkret nannte er die seiner Ansicht nach wachsende Drogenszene. Für ihn wiederum eine Folge der zunehmenden Zahl von Migranten. Städte bekämen zu wenig Hilfe, die Menschen zu integrieren.

Stadtgespräch verläuft erstaunlich harmonisch

Einen Programmhöhepunkt von Steinmeiers Reise bildete das Stadtgespräch am Mittwochabend im Meininger Volkshaus. 100 Menschen konnten sich vorab anmelden. Die laut Stadt sehr begehrten Plätze wurden nach dem Prinzip Schnelligkeit verteilt, eine Auswahl wurde nicht getroffen. Wie man hörte, war das Bundespräsidialamt im Vorfeld der Veranstaltung ein wenig nervös, weil völlig unklar war, wie kontrovers die Runde werden würde.

Für Meiningen war es das dritte Stadtgespräch dieser Art. Entwickelt wurde das Format nach der Corona-Pandemie, um entstandene Gräben innerhalb der Stadtgesellschaft zu überwinden. Das Organisationsteam setzt sich ganz absichtlich aus Impfbefürwortern und Impfgegnern zusammen.

Das Stadtgespräch-Format mit Steinmeier wurde während der Corona-Pandemie entwickelt. Bildrechte: Marlene Drexler

Zentrale Frage: Wie geht man mit anderen Meinungen um?

Das Stadtgespräch sieht vor, dass die Teilnehmer an Tischen mit jeweils sechs bis acht Menschen in wechselnden kleinen Runden miteinander diskutieren. Der Bundespräsident nahm als regulärer Gast an dem Format teil. Die Beobachtung der Tischgespräche zeigte, dass sich die Menschen vom Bundespräsidenten kaum ablenken ließen, sondern ungehemmt mit ihm und in der Sache diskutierten.

Thematisch ging es zum einen um den Umgang mit anderen Meinungen während der Coronapandemie. Zum anderen darum, Wünsche für die Zukunft zu formulieren. Die Gespräche verliefen durchweg respektvoll, sodass der Abend am Ende Beweis dafür war, dass trotz scheinbar verhärteter Meinungsfronten Annäherung möglich ist. Eine Quintessenz, die auch mit Steinmeiers Kernbotschaft seiner Reise korrespondierte.

Das Stadtgespräch sieht vor, dass die Teilnehmer an Tischen in wechselnden kleinen Runden miteinander diskutieren. Bildrechte: Marlene Drexler

Immer wieder betonte der Bundespräsident bei seinen Terminen, dass Demokratie vom Streit lebe. Das Problem sei also nicht, dass, sondern wie in letzter Zeit gestritten wird. Von der Debatte beim Stadtgespräch zeigte sich der Bundespräsident beeindruckt, Meiningen sei damit ein Vorbild für andere Stadtgesellschaften.

Was bleibt nach drei Tagen Bundespräsidenten-Besuch in Meiningen? Auf jeden Fall der Eindruck von ganz überwiegend konstruktiv geführten Gesprächen. Von den skeptischen bis hämischen Tönen, mit denen die Reise in den Sozialen Medien zum Teil auch kommentiert wurde, war vor Ort doch recht wenig zu spüren.

Idee für die Zukunft sammelten die Meininger in Zetteln. Bildrechte: Marlene Drexler

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MDR (jn)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 19. Oktober 2023 | 19:00 Uhr

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