NahostIsrael: Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza teilweise evakuiert
In Gaza-Stadt wurden mehrere Stadtviertel und das Al-Schifa-Krankenhaus teilweise evakuiert. Die israelischen Streitkräfte werfen der islamistischen Terrororganisation Hamas vor, ihre Angriffe aus zivilen Gebäuden heraus zu starten. Ein Protestmarsch von Angehörigen und Freunden von Hamas-Geiseln erreicht Jerusalem.
- Ein Protestmarsch der Angehörigen von Hamas-Geiseln erreicht Jerusalem.
- Scholz plädiert in Gespräch mit Netanjahu für Feuerpausen.
- Bei einem Luftangriff im Süden des Gazastreifens sind nach palästinensischen Angaben 26 Menschen getötet worden.
- Israelische Streitkräfte haben eigenen Angaben zufolge in einem Kindergarten Waffen und Munition gefunden.
- In den Gazastreifen sind 17.000 Liter Treibstoff geliefert worden.
Die Berichterstattung aus dem Gazastreifen ist schwierig, da wegen der Kämpfe nur wenige Journalistinnen und Journalisten vor Ort sind. Informationen zu den Kampfhandlungen kommen vor allem von der israelischen Regierung und von der im Gazastreifen herrschenden Terrororganisation Hamas, die nur schwer überprüft werden können.
Nach mehrtägigem Marsch haben Angehörige und Freunde der von der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas verschleppten Geiseln am Samstag Jerusalem erreicht. Ihr Ziel ist der Amtssitz des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu.
Sie fordern von der Regierung einen sofortigen Deal zur Freilassung der Geiseln, die seit sechs Wochen im Gazastreifen festgehalten werden. Immer wieder skandierten sie "Jetzt, jetzt, jetzt. Bringt sie nach Hause, jetzt". Die Angehörigen werfen der Regierung Netanjahus vor, sie nicht über ihre Bemühungen zur Befreiung der Verschleppten zu informieren. Zwischenzeitlich erhielten sie die Zusage zu einem Treffen mit den zwei Mitgliedern des israelischen Kriegskabinetts, Benny Gantz und Gadi Eizenkot, am Abend.
Scholz plädiert in Gespräch mit Netanjahu für Feuerpausen
Kanzler Olaf Scholz hat sich der Bundesregierung zufolge in einem Telefonat mit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu für Feuerpausen im Gaza-Krieg eingesetzt. "Der Bundeskanzler betonte die dringende Notwendigkeit, die humanitäre Lage der Menschen im Gazastreifen zu verbessern", teilte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Samstag in Berlin mit.
Humanitäre Feuerpausen können dabei helfen die Versorgung der Bevölkerung zu sichern, hieß es weiter. Das Gespräch fand den Angaben zufolge am Samstag statt.
Hamas meldet 50 Tote bei Angriff auf Schule
Bei einem israelischen Angriff auf eine als Flüchtlingsunterkunft genutzte Schule im Norden des Gazastreifens sind nach Angaben des von der radikalislamischen Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums mindestens 50 Menschen getötet worden.
Die von der UNO betriebene Al-Fachura-Schule im Flüchtlingslager Dschabalia sei am frühen Samstagmorgen beschossen worden, sagte ein Ministeriumsvertreter der Nachrichtenagentur AFP. Ägypten und Jordanien verurteilten den Beschuss der UN-Schule als "schrecklichen Bombenanschlag der israelischen Besatzungstruppen" scharf.
Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Online verbreitete Aufnahmen zeigten mit Staub und Blut befleckte Leichen in dem Gebäude, wo Matratzen unter Schulbänken ausgebreitet waren.
Evakuierung des Al-Schifa-Krankenhauses in Gaza
Hunderte Menschen haben derweil das Al-Schifa-Krankenhaus in der Stadt Gaza verlassen. Die Menschen flohen am Samstagmorgen zu Fuß in Richtung der Salaheddin-Straße, die in den Süden des Gazastreifens führt, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete.
Krankenhausleiter Mohammed Abu Salmija sagte der AFP, er sei von der israelischen Armee angewiesen worden, "die Evakuierung von Patienten, Verletzten, Vertriebenen und medizinischem Personal" sicherzustellen. Die israelische Armee wies die Darstellung zurück, sie habe die Evakuierung angeordnet. Sie habe lediglich dem "Ersuchen des Direktors des Schifa-Krankenhauses" stattgegeben, die Evakuierung weiterer Menschen aus dem Krankenhaus zu ermöglichen, hieß es in einer Erklärung.
Das von der radikalislamischen Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium erklärte, es seien nur noch etwa 120 Verletzte und eine nicht näher genannte Zahl von Frühgeborenen im Krankenhaus. Wegen der Frühchen sei das Ministerium in Kontakt mit dem Roten Kreuz, hieß es in einer Erklärung. Die Angaben der Hamas lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Mehrere Stadtviertel in Gaza zur Evakuierung aufgefordert
Israels Armee hat die Bewohner mehrerer Viertel der umkämpften Stadt Gaza erneut zur Evakuierung aufgefordert. Bis 16 Uhr Ortszeit sollten Anwohner zu ihrer eigenen Sicherheit aus den Stadtteilen im nördlichen Gazastreifen in den Süden fliehen, schrieb ein Sprecher der Armee am Samstag auf Arabisch auf der Plattform X, vormals Twitter.
Zur Evakuierung aufgerufen waren auch Bewohner des Flüchtlingsviertels Dschabalia. Zivilisten, die von der Terrororganisation Hamas an der Flucht gehindert würden, könnten sich per Telefon oder über die Plattform Telegram an die israelische Armee wenden, hieß es.
Die Armee kündigte zudem eine vierstündige "taktische" Kampfpause im Flüchtlingslager Schabura in Rafah im Süden des Gazastreifens aus humanitären Gründen an. In der Gegend liegt auch der Grenzübergang nach Ägypten.
Netanjahu: Unterirdische Hamas-Zentrale entdeckt
Zuvor hatten israelische Soldaten nach Angaben von Regierungschef Benjamin Netanjahu unter der größten Klinik des Gazastreifens eine unterirdische Hamas-Zentrale entdeckt. Die Streitkräfte hätten im zweiten Untergeschoss des Schifa-Krankenhauses eine Kommando- und Kontrollzentrale gefunden, sagte er dem US-Radiosender NPR am Freitag. Terroristen seien vor der Ankunft der Soldaten aus der Klinik geflüchtet. Die Armee habe dort auch Waffen und Bomben entdeckt.
Israels Armee hatte zuvor bereits mitgeteilt, bei ihrem Einsatz in dem Krankenhaus auch Kommando- und Kontrollzentren gefunden zu haben. Unklar war zunächst, ob es sich dabei auch um die unter dem Krankenhaus vermutete Hamas-Kommandozentrale handelte. Die Hamas bestreitet die Existenz eines solchen Stützpunkts unter der Klinik.
Krankenhausdirektor: 26 Tote bei Luftangriff in Chan Junis
Bei einem Luftangriff in Chan Junis im Süden des Gazastreifens sind nach palästinensischen Angaben 26 Menschen getötet worden. Bei dem Angriff auf drei Wohngebäude im Stadtteil Hamad seien zudem 23 Menschen schwer verletzt worden, teilte der Leiter des Nasser-Krankenhauses in Chan Junis der Nachrichtenagentur AFP am Samstag mit. Auch diese Angaben lassen sich nicht unabängig prüfen.
Israels Militär: Waffen und Munition in Kindergarten in Gaza gefunden
Die israelischen Streitkräfte fanden eigenen Angaben zufolge in einem Kindergarten und einer Grundschule im Gazastreifen Waffen und Munition. Bei dem Einsatz im Norden des abgeriegelten Küstenstreifens seien Panzerbüchsen, Mörsergranaten und andere Waffen sichergestellt worden, teilte das Militär am Samstag auf der Nachrichtenplattform X, ehemals Twitter, mit.
"In Kindergärten sollten Spielsachen aufbewahrt werden, keine tödlichen Waffen", hieß es in der Mitteilung. In einem Video war ein Stapel Mörsergranaten zu sehen, auf einem Foto mehrere Panzerbüchsen, Sturmgewehre, Munition und Handgranaten.
Gaza-Grenzbehörde: 17.000 Liter Treibstoff in Gazastreifen geliefert
In den Gazastreifen sind 17.000 Liter Treibstoff geliefert worden. Wie die zuständige palästinensische Grenzbehörde am Abend mitteilte, wurde der Treibstoff aus Ägypten über den Grenzübergang Rafah gebracht. Mit dem Treibstoff sollen demnach Stromgeneratoren versorgt werden, die der Aufrechterhaltung der Telekommunikation in dem dicht besiedelten Gebiet dienen. Als Reaktion auf den brutalen Großangriff der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober hatte Israel die Zufuhr von Treibstoff in den Gazastreifen gestoppt.
dpa, AFP (yvo,lmb)
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 18. November 2023 | 06:00 Uhr