Ukraine-Konflikt Klage ohne Folgen?

06. März 2017, 15:07 Uhr

Die Ukraine will Russland vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag verklagen. Ob es zu einem Prozess kommt, ist noch offen. Bis zum Donnerstag laufen zunächst die Anhörungen beider Seiten. In dem Streitfall geht es um die Ostukraine und die Krim.

Die Ukraine strebt beim Internationalen Gerichtshof (IGH) der Vereinten Nationen einen Prozess gegen Russland an. Die stellvertretende Außenministerin der Ukraine, Olena Zerkal, forderte am Montag bei der Anhörung in Den Haag Sofortmaßnahmen gegen Russland. Moskau müsse jegliche Unterstützung der Rebellen unverzüglich einstellen.

Wie lauten die Vorwürfe

Die Kiewer Regierung wirft in ihrer Klage der Regierung in Moskau unter anderem zwei Vergehen vor: Zum einen habe Russland gegen das internationale Verbot der Terrorfinanzierung verstoßen, zum anderen gegen das Diskriminierungsverbot. So hätte Moskau Separatistengruppen in der Ostukraine mit Waffen versorgt oder solche Lieferungen aus Russland zumindest nicht unterbunden. Damit trage Russland indirekt auch die Verantwortung für Rechtsverletzungen der Separatisten, argumentieren die Kläger. Etwa für den Abschuss des Malaysia-Airlines-Flugs MH 17 am 17. Juli 2014, bei dem 298 Zivilisten ums Leben kamen.

Kiew spricht von Diskriminierungen auf Krim

Der zweite Vorwurf betrifft die Krim, die Russland im Februar 2014 annektiert hat. Nach Ansicht Kiews werden auf der Halbinsel die Krimtataren und ethnische Ukrainer systematisch diskriminiert und von der politischen Teilhabe ausgeschlossen. Damit verstoße Russland gegen das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (ICERD).

Das Gericht solle Russland dazu auffordern, die Diskriminierung als auch Unterstützung der Separatisten sofort einzustellen.

Moskau bezweifelt Argumentation

Beweise für seine Vorwürfe habe Kiew bislang nicht vorgelegt, kritisiert die russische Seite im Vorfeld der Anhörung. Sie wird am Dienstag offiziell in Den Haag zu Wort kommen. Moskau äußert darüber hinaus Zweifel an der Einstufung der Separatistenregierungen in Donezk und Luhansk als "Terrororganisationen". Denn bei den Friedensgesprächen von Minsk seien diese direkte Verhandlungspartner der Regierung in Kiew.

Der Gerichtshof in Den Haag hat bis Donnerstag vier Anhörungstage anberaumt, um die Argumentationen beider Seiten anzuhören. Erst danach entscheidet er, ob er die Klage annimmt. Wann dies genau geschehen wird, ist bislang aber unklar. Sollte es zu einem Prozess kommen, dürfte dieser mehrere Jahre dauern. Doch selbst im Fall eines Urteils gegen Russland drohen Moskau wohl kaum Konsequenzen. Die Urteile des Internationalen Gerichtshof  sind laut UN-Charta zwar bindend, die Vereinten Nationen haben aber keine rechtliche Möglichkeit, diese durchzusetzen.

Kiew unter Zugzwang

Dass Kiew trotz der unklaren Erfolgsaussichten überhaupt den Rechtsweg sucht, liege vor allem am innenpolitischen Druck, glauben Beobachter. In den vergangen Monaten waren die Stimmen innerhalb der Ukraine lauter geworden, die ein Vorgehen gegen Russland gefordert haben.

Mit dem Wiederaufflammen der Kämpfe in der Ostukraine und der teilweisen Legitiminierung der Separatistenrepubliken durch Russland sei Kiew unter Zugzwang geraten. Präsident Petro Proschenko gibt sich daher gezwungenermaßen optimistisch, obwohl ähnliche Klagen von anderen Gerichten bereits mehrfach abgewiesen worden.

Symbolkraft beunruhigt Russland

Dass Russland angesichts der Symbolkraft eines internationalen Urteils dennoch beunruhigt ist, zeigt sich an anderer Stelle. Erst im November zog Moskau seine Zustimmung zum Internationalen Strafgerichtshof (IStGH)  zurück, der ebenfalls in Den Haag sitzt. Auch dort gibt es derzeit Voruntersuchungen zur russischen Annexion der Halbinsel Krim sowie dem Konflikt in der Ostukraine.

Mehr zum Thema