Junge Frau sitzt verängstigt auf dem Boden, im Vordergrund steht eine Person
Meistens sind Frauen Opfer häuslicher Gewalt. Bildrechte: imago images/photothek

BKA-Lagebericht Deutlich mehr häusliche Gewalt im vergangenen Jahr

11. Juli 2023, 22:20 Uhr

Über 240.000 Menschen sind im vergangenen Jahr Opfer häuslicher Gewalt geworden. Dem Lagebericht des BKA und des Innenministeriums zufolge finden zwei Drittel der Gewalttaten in Partnerschaften statt.

Die Fälle häuslicher Gewalt in Deutschland haben im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Wie aus dem am Dienstag vorgestellten Lagebericht des Bundeskriminalamts (BKA) für 2022 hervorgeht, wurden 240.547 Opfer häuslicher Gewalt registriert, ein Anstieg um 8,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zwei Dritten der Opfer waren demnach von Partnerschaftsgewalt betroffen, ein Drittel von innerfamiliärer Gewalt.

Zuvor hatte bereits die "Bild am Sonntag" ("BamS") über die 157.550 Fälle von Gewalt in Partnerschaften berichtet. Im Jahr 2021 waren es noch 144.044 Fälle gewesen, der Anstieg beträgt 9,4 Prozent. Etwa 80,1 Prozent der Opfer waren demnach Frauen. In 39,5 Prozent der Fälle ging die Gewalt demnach von ehemaligen Partnerinnen und Partnern aus, in 31,1 Prozent der Fälle von Ehepartnerinnen und Ehepartnern, in 29,1 Prozent der Fälle waren es Partnerinnen und Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften.

Hilfeangebote für Betroffene von sexualisierter Gewalt Das Hilfetelefon "Sexueller Missbrauch" unter der Telefonnummer 0800 22 55 530 (kostenfrei) ist eine Anlaufstelle für Betroffene von sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend, für Angehörige sowie Personen aus dem sozialen Umfeld von Kindern, für Fachkräfte und für alle Interessierten.

Das bundesweite Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" bietet unter der Telefonnummer 116 016 (kostenfrei) rund um die Uhr, anonym und in 18 Sprachen Beratung und Vermittlung in das örtliche Hilfesystem an. Weitere Informationen unter hilfetelefon.de.

Schwere Körperverletzung in fast 30.000 Fällen

Bei den Delikten im Rahmen häuslicher Gewalt werden in dem Bericht 702 Opfer von Mord und Totschlag aufgeführt, zudem 23 Opfer von Körperverletzung mit Todesfolge. Dem Lagebericht zufolge gab es 28.589 Opfer von schwerer Körperverletzung sowie 135.502 Opfer von vorsätzlicher einfacher Körperverletzung.

Die Zahl der Opfer von Vergewaltigung, sexueller Nötigung oder sexuellen Übergriffen lag demnach bei 4.529. Registriert wurden zudem 57.376 Opfer von Bedrohung, Stalking und Nötigung im Rahmen häuslicher Gewalt. 

Mehr Täterkontrolle und Ausbau der Schutzräume

Bundesinnenministerin Nancy Faeser forderte ein strikteres Vorgehen bei Gewaltfällen in der Partnerschaft. Gewalttäter dürften nicht schnell wieder vom Radar verschwinden, sagte die SPD-Politikerin. Sie müssten nach dem ersten gewaltsamen Übergriff aus der Wohnung verwiesen werden. Dies müsse zudem konsequent kontrolliert werden, damit Täter nicht schnell wieder zurückkehren. Häusliche Gewalt sei ein Problem, dass in allen gesellschaftlichen Gruppen stattfinde. Faeser betonte dabei, dass es neben physischer auch psychische Gewalt gebe, die ebenso zur Anzeige gebracht werden soll.

Häusliche Gewalt ist keine Privatsache, sondern ein gravierendes Problem in allen gesellschaftlichen Gruppen.

Nancy Faeser Bundesinnenministerin

Familienministerin Lisa Paus will sich mehr dafür einsetzen, die Lücken im Netz der Frauenhäuser und Beratungsstellen zu schließen. Für Baumaßnahmen von Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen würden in diesem und folgendem Jahr zehn Millionen Euro zur Verfügung gestellt, sagte Paus am Dienstag. Das Unterstützungsangebot müsse flächendeckend und niedrigschwellig sein, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land.

Länder melden ebenfalls hohe Zahlen

Bereits Mitte Juni hatten die Landeskriminalämter und Innenministerien ihre offiziellen Zahlen zu häuslicher Gewalt in (Ex-)Partnerschaften oder durch Familienangehörige bekannt gegeben. Auch hier gab es mit einer Zahl von 179.179 Opfern einen Anstieg um fast zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr 2021. Vom BKA abweichende Angaben sind auf Unterschiede bei der statistischen Erfassung zurückzuführen.

AFP,dpa(amu)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 09. Juli 2023 | 07:00 Uhr

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