Radverkehr auf dem Blauen Wunder
Ein Spur für Radfahrer über Dresdens Wahrzeichen Blaues Wunder erregt die Gemüter - vor allem von Autofahrern und deren Lobbyisten. (Archivbild) Bildrechte: MDR/Katalin Vales

Fahrradstreifen über Elbbrücke Reißleine oder weiterführen? Debatte um Verkehrsversuch am Blauen Wunder

15. April 2024, 16:35 Uhr

Acht Wochen lang will die Stadt Dresden sehen, ob ein Fahrradweg über die Brücke Blaues Wunder funktioniert und sich Radler und Autofahrer an neue Regeln gewöhnen. Die Kritik daran ist laut. Fürsprecher wollen den Verkehrsversuch notfalls mit einer Petition bis zum geplanten Ende durchführen lassen. Der Oberbürgermeister will sich erste Ergebnisse bei einer Dienstberatung ansehen und dann überlegen, ob der Versuch vorzeitig beendet wird oder weiterläuft.

Der Verkehrsversuch am Blauen Wunder in Dresden läuft seit einer Woche - auch die Diskussionen darum gehen weiter mit Fürsprechern und Kritikern. Seit einer Woche gibt es auf der berühmten Elbbrücke einen Radstreifen und damit weniger Platz für Autos. Anfangs gab es lange Staus, Busse der Linien 61 und 63 hatten teils 25 Minuten Verspätung.

Nach Angaben des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) hat sich der Busverkehr am Schillerplatz normalisiert. Verkehrsdaten des Verkehrsverbundes Oberelbe (VVO) zeigten seit Beginn des Versuches, dass die Busse schrittweise pünktlicher führen. Inzwischen seien es knapp fünf Minuten Verspätung, was für den Schillerplatz normal sei, so der ADFC.

Radfahrer auf der neuen Radlerspur am Blauen Wunder in Dresden
Von Radpendlerinnen und -pendlern wird der neue Fahrradstreifen über die Brücke angenommen. Viele sehen aber Nachbesserungsbedarf bei der Verkehrsführung. (Archivbild) Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

ADFC: Verkehrsversuch soll wie geplant bis Juni gehen

Der Club verlangt, den Versuch nicht vorzeitig abzubrechen. "Die Reaktionen sind unterschiedlich. Neben emotionalen Reaktionen erhalten die Radfahrstreifen auch viel Lob von Pendlern auf dem Rad, die auf das Blaue Wunder angewiesen sind und nun viel entspannter und sicher zur Arbeit kommen." Der Club will mit einer Petition erreichen, dass der Versuch wie geplant bis Juni geht.

Der Verkehrsversuch muss unbedingt weitergeführt werden, um herauszufinden, ob sich diese Normalisierung verstetigt.

Nils Larsen Vorstandsmitglied ADFC Dresden

Handwerkskammer sieht Handwerk über Gebühr belastet

Das sieht die Handwerkskammer Dresden anders und den Verkehrsversuch nach nur einer Woche als gescheitert an. "Zu lang sind die Wartezeiten für die motorisierten Verkehrsteilnehmer", meinte Kammerchef Jörg Dittrich. Der Versuch beeinträchtige auch das Handwerk über Gebühr, denn die Betriebe stünden mit ihren Autos im Stau. Die Kammer hätten Beschwerden erreicht.

Sie verlangt Schlussfolgerungen aus der Verkehrslage am Blauen Wunder. Das Handwerk sehe die Notwendigkeit, Verkehrsraum auch für Fahrradfahrer sicher und ausreichend zur Verfügung zu stellen. Aber: "Fahrradverkehr, Wirtschaftsverkehr und öffentlicher Nahverkehr sollten gleichberechtigt aufgestellt werden."

So wünschenswert ein besseres Radverkehr-Konzept ist, darf es doch nicht dazu führen, dass andere Verkehrsteilnehmer über Gebühr belastet werden.

Handwerkskammer Dresden

OB will Erstauswertung ansehen - vor Dienstag passiert nichts

Der Dresdner Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) sagte im Gespräch mit MDR SACHSEN, dass der Verkehrsversuch gezielt zeitlich befristet angelegt worden sei, "um auszuloten, wie sind die Wirkungen?" Sollte es zu nachhaltigen Verkehrsverlängerungen und Störungen kommen, werde man vorzeitig abbrechen. Auch das sei im Versuchsaufbau so vorgesehen gewesen, betonte Hilbert. Er wolle sich in der Dienstberatung am morgigen Dienst die ersten Ergebnisse ansehen und dann entscheiden: Reißleine oder Fortführung wie geplant bis Mitte Juni.

Kontroverse führt zu Drohungen

Der frühere FDP-Politiker und Chef des neuen Vereins namens "Team Zastrow", Holger Zastrow, wiederholte seine Kritik an der Politik von Verkehrsbürgermeister Stephan Kühn (Grüne). Er nannte ihn einen "ADFC-Lobbyisten". Zastrow warf dem Verkehrsbürgermeister vor, eine gegen das Auto gerichtete Politik zu betreiben "und damit gegen die Mehrheit der Verkehrsteilnehmer".

Unterdessen ermittelt der Staatsschutz gegen einen 77 Jahre alten Mann, der gegen den Verkehrsbürgermeister vorige Woche am Telefon eine Morddrohung ausgesprochen haben soll. Der Mann wird sich wegen Bedrohung verantworten müssen, hieß es dazu von der Polizei Dresden.

MDR (kk/bdi)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 15. April 2024 | 07:30 Uhr

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