junge Leute tanzen in der Disko
Mit dem Wort Feiertag verbinden Menschen Unterschiedliches: Die einen wollen ihn aus religiösen Gründen still verbringen. Andere wollen den freien Tag mit Party und Tanz feiern. Bildrechte: Colourbox.de

Gesetzantrag abgelehnt Tanzverbot am Karfreitag in Sachsen: Stiller Feiertag bleibt still

02. Mai 2024, 19:25 Uhr

An kirchlichen Feiertagen wie Karfreitag haben die meisten Menschen in Sachsen frei. Der Tag ist einer der höchsten Feiertage für katholische und evangelische Christen: Sie gedenken dem Sterben Jesu am Kreuz. Um den besonderen Charakter zu unterstreichen, sind am Karfreitag Märkte, Sport-Events und öffentliche Veranstaltungen verboten, es gilt auch das Tanzverbot. Das tritt immer an "Stillen Feiertagen" in Kraft. Ist das noch zeitgemäß? Nein, sagt Die Linke im Landtag.

In Sachsen ist der Karfreitag nach Paragraph 6 des Sächsischen Sonn- und Feiertagsgesetzes besonders geschützt. An dem Tag darf es weder öffentliche Tanzveranstaltungen geben noch Sport-Events, heißt es im Gesetzestext. Das findet die Fraktion Die Linke überholt und will das Tanzverbot aufheben.

Der Fraktionsvorsitzende Rico Gebhardt warb für die Aufhebung, weil damit auch die Veränderungen in modernen Gesellschaften anerkannt werde. Denn die Kirchenzugehörigkeit in Deutschland und Sachsen schrumpft. Weniger als 15 Prozent der Ostdeutschen waren im Jahr 2022 noch Mitglied in der evangelischen Kirche, weniger als fünf Prozent gehören der katholischen Kirche an.

Das Tanzverbot abzuschaffen, wäre auch eine Herstellung und Anerkennung von Realität.

Rico Gebhardt Fraktionsvorsitzender Die Linke im Sächsischen Landtag

Der Feiertag solle ja nicht abgeschafft werden, "nur das Tanzverbot", meinte Gebhardt. Er meint, jeder solle selbst entscheiden, wie er oder sie einen Feiertag verbringen will.

Gegenargumente aus Religion, Tradition und Verfassungsrecht

Alle anderen Fraktionen argumentierten gegen den Linken-Vorschlag und lehnten ihn am Ende mehrheitlich ab. Innenminister Armin Schuster (CDU) betonte: "Feiertage sind keine Tage zum Feiern, sondern feierliche Tage." Sein Parteikollege Martin Modschiedler verwies aufs Verfassungsrecht, das bei religiösen Themen auf dessen Wurzeln und Traditionen schaue. Bei rechtlichen Begründungen komme es nicht auf die Anzahl von Christen an. Und Feiern im privaten Raum seien am Karfreitag ja auch nicht verboten, nur öffentliche.

Ihr Antrag ist nicht klug und er ist auch gar nicht nötig.

Frank Richter SPD-Fraktion

Der AfD-Abgeordnete Jörg Steffen Kühne fragte, ob es denn zu viel verlangt sei, sich dreimal im Jahr am Innehalten der Gesellschaft zu beteiligen? Er riet auch der Linken, den Tag in Stille und Dankbarkeit zu verbringen, weil das Christentum mit Sonn- und Feiertagen Nutzen für alle habe.

Im Gegensatz zum Kommunismus hat das Christentum wirklich etwas für die Arbeiterschaft und die Menschen getan.

Grüne finden Hinterfragen "angemessen"

Zwar lehnten auch die Grünen die Aufhebung des Tanzverbots ab. Aber die Fraktions-Vize Lucie Hammecke nannte das Hinterfragen, ob so ein Verbot noch zeitgemäß sei, zumindest "angemessen", denn: "Religion hat 2024 in Sachsen eine veränderte Bedeutung". Die Grüne wisse auch, dass die Abschaffung des Tanzverbots nicht mehrheitsfähig ist. Über eine Liberalisierung müsse man aber sprechen - "mit gegenseitigem Respekt und Rücksicht aufeinander".

Diese "Stillen Feiertage" gibt es in Sachsen - Karfreitag* vor Ostern
- Volkstrauertag - der Sonntag vor dem Ewigkeitssonntag im November
- Buß- und Bettag* - am Mittwoch vor dem Ewigkeitssonntag
- Ewigkeitssonntag*, auch Totensonntag genannt, Ende November eine Woche vor dem 1. Advent

*christliche Gedenk- oder Trauertage

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Da haben beide Seiten mal Ruhe.

MDR JUMP Di 15.11.2022 05:40Uhr 01:28 min

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Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 02. Mai 2024 | 19:00 Uhr

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