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Sprengung in KlinkDDR-Vorzeigebau "Müritz"-Hotel ist endgültig Geschichte

02. April 2020, 14:40 Uhr

Der ehemalige DDR-Vorzeigebau, das Hotel "Müritz" in Klink, ist am 28. September 2017 endgültig in die Geschichte eingegangen. Der dreiflüglige Plattenbau am Müritz-Ufer wurde gesprengt. Zuletzt hatte das Haus den verstaubten, nicht mehr zeitgemäßen Charme der DDR versprüht, doch einst war es eine Edelherberge des FDGB-Feriendienstes.

Für 50 Millionen Ost-Mark errichtet und 1974 in Betrieb gegangen, wurde das Ferienheim "Müritz" am gleichnamigen See der Mecklenburger Seenplatte ein Vorzeigebau der DDR. Tausende DDR-Bürger rissen sich in den folgenden 15 Jahren um die raren Ferienplätze auch in dieser Luxusherberge.

Nicht alle kamen an die Reihe

Über die Platzvergabe entschieden Gewerkschaft und Betriebe. Und selbstredend behielten die Verantwortlichen immer ein paar Plätze für sich und Bekannte zurück. So mussten viele DDR-Bürger lange oder gar vergeblich auf einen der hochsubventionierten FDGB-Ferienplätze warten. Und das "Müritz" war in der Saison stets ausgebucht.

In der Öffentlichkeit wurde das natürlich nicht thematisiert. In einer 1975 ausgestrahlten Reportage aus dem FDGB-Ferienheim Müritz zeigte das DDR-Fernsehen glückliche, entspannte Erwachsene und lachende, im See plantschende Kinder.

Üppige Verpflegung und viel Freizeitangebot

Stolz verkündet der "Objektleiter", die Gäste würden in Klink "ein bis eineinhalb Kilo zunehmen". Und in der Tat biegen sich im Speisesaal die Tische – zumindest für DDR-Verhältnisse. Das "Mittagsgedeck" besteht am 28. August 1975 aus legierter Reissuppe und wahlweise Bohneneintopf mit Rindfleischsalat, Nudeleintopf, Znaimer Gulasch, Grönlandschnitten und Pökelkamm mit Sauerkohl. Als Nachspeise gibt es eine nicht näher definierbare rote Grütze mit einem Klecks Vanillesoße. Für die kleinen Gäste – in jedem "Durchgang" zählt man etwa 450 Kinder – gibt es ein eigenes Büffet und außerhalb des Speisesaals Bespaßung durch "entsprechendes Fachpersonal", zum Beispiel auf einem Pferdehof und in einer Töpferwerkstatt.

Den Fernsehbildern nach bleibt kein Wunsch unerfüllt: Tischtennis, Sauna, Bootsverleih, sogar ein eigener Friseursalon – all das macht Klink zu einem Ferienparadies "made in GDR". Und alles zu einem Spottpreis. Ein Urlaub mit mehreren Kindern sei doch sicherlich sehr teuer, fragt die Reporterin einen Familienvater. Und möchte wissen, ob die Familie dafür lange habe sparen müssen. Ganz und gar nicht, entgegnet das angesprochene Familienoberhaupt, "denn sonst hätte ich dasselbe Geld gebraucht wahrscheinlich". Der Urlaub sei also im Prinzip billiger als zu Hause, ergänzt die Journalistin pflichtbewusst im Sinne der Staatspropaganda. Und natürlich haben sich alle wunderbar erholt, so das Fazit des gelenkten Interviews.

Bis 2015 als Hotel in Betrieb

Nach der Wende fand man für das Traditionshaus einen privaten Investor. Bis zum Jahr 2015 kamen vor allem Busreisegruppen, Verbände, Vereine und Parteien zur Erholung und zu Tagungen an die Müritz. Bei den Gästen punktete man vor allem mit der Top-Lage am Westufer der Müritz, auch wenn die Ausstattung des Hauses sehr an die DDR-Vergangenheit erinnerte. Doch das Hotel hatte mit di egrößten Säle in Mecklenburg-Vorpommern. So wurde der Aufenthalt oft zu einer kleinen Zeitreise. Am 28. September 2017, um 15 Uhr, wurde die Bettenburg aus den 1970er-Jahren gesprengt, um für einen Hotelneubau Platz zu machen.

Über dieses Thema berichtete der MDR auch im:Radio | MDR Aktuell | 28.09.2017 | 11:12 Uhr
TV | Mach mal Urlaub! | 09.08.2013 | 20:15 Uhr

(wei/baz)