Gesundheitswesen der DDR:Vom Elend der Krankenhäuser
Abgesehen von einigen Vorzeigekliniken waren die Kreis- und Bezirkskrankenhäuser der DDR in einem erbärmlichen Zustand, denn Investitionen waren weitgehend ausgeblieben.
"Wie krank ist unser Gesundheitswesen?" fragte im März 1990 das Fernsehen der DDR. Eine Reporterin war nach Schwerin gereist, ins dortige Bezirkskrankenhaus. Sie sah hoffnungslos veraltetete Medizintechnik, heruntergekommene Krankenzimmer, betrat Operationssäle, in denen nicht operiert werden konnte, weil nirgendwo in der Republik passende Fenster aufzutreiben waren, und ganze Stationen, die geschlossen waren, weil Ärzte und Pflegepersonal fehlten. So wie in diesem Schweriner Krankenhaus, versicherte die Reporterin, sehe es, von einigen Ausnahmen abgesehen, überall in der Republik aus.
Die Reportage zeigte schonungslos, wo das von der SED-Propaganda stets so vielgerühmte Gesundheitswesen der DDR in Wirklichkeit stand: vor dem Bankrott.
Chronisch unterfinanziert
Es war allerdings ein Bankrott mit Ansage gewesen. Denn schon seit Anfang der 1980er-Jahre waren nennenswerte Investitionen im Gesundheitswesen ausgeblieben. So betrug der Anteil der im Gesundheits- und Sozialwesen der DDR investierten Mittel 1980 lediglich 0,8 Prozent der Gesamtinvestitionen in der Volkswirtschaft. Dieser an sich schon geringe Anteil war bis zum Ende der DDR sogar noch auf 0,6 Prozent zurückgegangen. Darunter litten ganz besonders die 540 Kreis- und Bezirkskrankenhäuser der Republik, die am untersten Ende der Prioritätenliste standen, wie sich Martin Held, damals Oberpfleger im Kreiskrankenhaus Naumburg, erinnert: "Als erstes kamen das Regierungskrankenhaus, dann die Polizeikrankenhäuser und Universitätskliniken, dann die Bezirkskrankenhäuser und ganz zum Schluss die Kreiskrankenhäuser."
Mit der Aura eines Kriegslazaretts
1989, im 40. Jahr der DDR, waren die Krankenhäuser der Republik im Durchschnitt sechzig Jahre alt. Weil Bauschäden vielerorts in den 1980-Jahren eine Belegung unmöglich machten, war die Zahl der Bettenauslastung zwischen 1966 und 1988 von 81,3 auf rund 75 Prozent gesunken. Auch die Anzahl der zur Verfügung stehenden Krankenhausbetten hatte sich stark verringert: Von 206.000 im Jahr 1965 auf 169.000 Mitte der 1980er-Jahre.
Nicht wenige Krankenhäuser besaßen die Aura eines Kriegslazaretts: Manchmal waren in einem Krankenzimmer bis zu 18 Patienten untergebracht, für die es lediglich zwei Toiletten und zwei Waschräume gab. Und auch das medizinische Gerät war großenteils veraltet: "Die Nadeln unserer Spritzen wurden zum Scherenschleifer gebracht, und der hat die neu angeschliffen, manuell!", erinnert sich Peter Olaf Schröder, damals ökonomischer Direktor des Kreiskrankenhauses Mühlhausen. "Und das tat natürlich furchtbar weh, damit Blut gezogen zu bekommen."
Kaum Investitionen in neue Krankenhäuser
Es fehlte nicht nur an Geld für moderne Medizintechnik, sondern auch für Klinikneubauten. Ab 1970 wurden lediglich zwanzig Krankenhäuser neu errichtet, beziehungsweise von Grund auf saniert - in Cottbus, Frankfurt, Suhl, Neubrandenburg, Schwerin und Karl-Marx-Stadt. Viel Geld wurde hingegen investiert in die Vorzeigekrankenhäuser des Landes - in die Berliner Charité und das Krankenhaus in Berlin-Buch, das mit 3.000 Betten nicht nur der größte Krankenhaus-Komplex der DDR, sondern Europas war.
Bessere Ausstattung in kirchlichen Krankenhäusern
Etwas besser gestellt waren die 72 konfessionellen Krankenhäuser in der DDR, die insgesamt über 11.000 Betten verfügten und nicht zum staatlichen Gesundheitswesen gehörten. Diese Einrichtungen waren eng mit der katholischen, respektive evangelischen Kirche verbunden und erhielten aus der Bundesrepublik Zuschüsse, Spenden und Medizintechnik. Oft waren sie weitaus besser ausgestattet als die staatlichen Krankenhäuser und waren deshalb auch unter den DDR-Bürgern sehr beliebt, wie sich Dr. Klaus Penndorf, in den 1980er-Jahren Chirurg im katholischen Krankenhaus "Marienstift" in Magdeburg, erinnert: "Wir hatten eine Vielzahl von Patienten, die nicht christlichen Glaubens waren. Wir haben alle, die uns aufgesucht haben, ohne Ansehen der Person aufgenommen und behandelt." Den staatlichen Stellen waren die konfessionellen Einrichtungen zwar ein Dorn im Auge, aber abschaffen konnte man sie aus einem ganz simplen Grund nicht. Klaus Penndorf: "Diese Einrichtungen hätten eine erhebliche Lücke hinterlassen, wenn man sie eliminiert hätte …"
Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR Zeitreise | 31. Juli 2018 | 21:15 Uhr