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Medaillen für den SozialismusLeistungssport in der DDR

24. November 2021, 17:16 Uhr

Immer wenn Sportler im blau-weißen Dress auf dem Siegertreppchen standen, die DDR-Nationalhymne erklang und die Fahne mit dem Ährenkranz im Winde flatterte, hatte der Sozialismus gesiegt. So jedenfalls propagierte es die SED-Führung. Zwischen Elbe und Oder dachte man oft anders darüber. Dennoch fieberten die Anhänger mit ihren Sportlern und drückten ihnen die Daumen.

Die kleine DDR war ein sportlicher Riese. Bei Olympischen Spielen brachten ihre Sportler sogar die USA und die Sowjetunion in der Medaillenwertung in Bedrängnis. Siege der Leichtathleten, Rodler, Handballer, Schwimmer oder Turner waren auch Tagesgespräch in den VEB und PGH, in LPG und an Schulen. Die Flut von Goldmedaillen brachte häufig auch Abwechslung in den alltäglichen Frust und machte viele Menschen stolz auf die sportlichen Erfolge. Die Sportler selbst hatten außer Ehre und Anerkennung verhältnismäßig wenig von ihren Triumphen: ein paar Tausend Mark, eine Neubauwohnung, eine Kuba-Reise oder ein vorfristig gelieferter "Wartburg" nehmen sich recht bescheiden aus. Zumindest im Vergleich zu ihren Rivalen aus dem Westen, die ihre Erfolge oft vermarkten konnten.

Eiskunstläuferin Kati Witt

"Das schönste Gesicht des Sozialismus" nannte eine amerikanische Zeitung verzückt die Eiskunstläuferin Kati Witt, als sie 1984 Olympiasiegerin wurde. Vielleicht veranlasste die harmlose Schlagzeile die DDR-Führung dazu, die Karl-Marx-Städterin zu einem sozialistischen Star aufzubauen. Das gipfelte schließlich darin, dass Witt für Devisen als Profi in den USA auftreten durfte. Wie hatten sich die Zeiten geändert. Als Eiskunstlauf-Weltmeisterin Gaby Seyfert ein Jahrzehnt zuvor vorschlug, nach dem Karriereende bei "Holyday on Ice" aufzutreten und die Hälfte ihrer Gage dem Staat abzutreten, antwortete DTSB-Präsident Manfred Ewald: "Es ist nicht Sache einer DDR-Sportlerin, vor Kapitalisten mit dem halbnackten Hintern zu wackeln, auch nicht für Millionenbeträge."

Auch andere Sportlerinnen der DDR, die woanders als Stars gefeiert worden wären, mussten sich bescheiden. Marita Koch, 400-Meter-Lauf-Weltrekordlerin, die Sprinterin Gisela Birkemeyer, die Turmspringerin Ingrid Krämer aus Dresden, die Eissprinterin Helga Haase, Hürden-As Karin Balzer, die mehrfache Schwimm-Olympiasiegerin Kornelia Ender, die Turnerin Karin Janz, die Speerwerferin Ruth Fuchs oder Jutta Müller, die erfolgreichste Eiskunstlauftrainerin der Welt, stehen dafür.

Täve Schur, Waldemar Cierpinski, Roland Matthes

Ihren Namen haben noch heute Wohlklang für viele Ohren: Täve Schur, Waldemar Cierpinski, Roland Matthes. Es ist ein Phänomen. In unserer schnelllebigen Zeit werden diese Namen von Generation zu Generation weiter getragen. Wer heute einen Dreikäsehoch in Leipzig oder Magdeburg nach einem DDR-Sportstar fragt: Der Name Täve Schur fällt gewiss. Und dabei liegt seine große sportliche Zeit, in der er unter anderem zweimal Straßenradsport-Weltmeister und mehrfach Friedensfahrtsieger wurde, fast vier Jahrzehnte zurück. Unvergessen ist die taktische Meisterleistung das Radfahrers Täve Schur, der auf dem Sachsenring bei Hohenstein-Ernstthal auf seinen sicheren dritten WM-Titel verzichtete. Weil sich der belgische Mitfavorit auf ihn konzentrierte, überließ Schur seinem Mannschaftskameraden Bernhard Eckstein den Titel.

Jetzt der Triumph an der Moskwa! Waldemar rannte nach einem verwegenen Plan, den ich teilweise vorher kannte. Er hatte mir verraten: 'Den Schicksalsteil aller Marathons zwischen den Kilometern 35 und 40 muss ich in 15 Minuten schaffen. Nur dann kann es wieder klappen.' Wie es klappte! Fast hätte jedoch der vorwitzige und tapfere Mexikaner Gomez den Waldi-Plan durchkreuzt. Bis zum Kilometer 35 tummelte sich der Mann aus Leon vor dem Feld der 74 Läufer aus 40 Ländern. Dann fegte unser 'Hurrikan' aus Halle den Asphalt-Gaucho hinweg. Cierpinski lief die alles entscheidenden Kilometer in unglaublichen 14,45 Minuten, was noch nie zuvor ein Marathoni vollbracht hatte. So kam's zu den Ovationen und meinem 'Väter, haben Sie Mut! Nennen Sie Ihre Neugeborenen Waldemar.' So lange ich lebe, gilt mein Dank Waldemar.

Erinnerungen von Heinz Florian Oertel - die Stimme des DDR-Sports - an Cierpinskis Marathonsieg 1980 in Moskau | SUPER ILLU 1996

Die Liste erfolgreicher DDR-Sportler ist lang

Sie haben Einmaliges vollbracht. Cierpinski wurde zweimal Marathon-Olympiasieger, Roland Matthes schließlich ist in Erinnerung geblieben als der schier unbesiegbare Rückenschwimmer aus Erfurt. Aber die Liste der Stars im DDR-Trikot ist länger. Sie beginnt mit Wolfgang Behrendt, der als Boxer in Melbourne 1956 die erste olympische Goldmedaille für die DDR gewann. Zu den Stars zählen die hervorragenden Skispringer aus Thüringen und dem Erzgebirge, angefangen mit Harry Glaß und Helmut Recknagel und der 800-Meter-Läufer Manfred Matuschewski aus Erfurt, der seine Gegner dutzendfach auf der Ziellinie abfing.

1974: Ein historischer Fußball-Sieg

22. Juni: Fußball-Weltmeisterschaft in der Bundesrepublik. 65.000 Zuschauer, darunter 1500 handverlesene aus der DDR, halten im Hamburger Volksparkstadion den Atem an. Der Magdeburger Jürgen Sparwasser erzielt das entscheidende Tor für die DDR-Fußballauswahl zum Sieg über die favorisierte Bundesrepublik Deutschland, die später noch den Titel gewinnt. Die am meisten zitierte Legende aus der DDR-Sportgeschichte. Nur Monate vor dem Hamburger Sieg war der Name Sparwasser schon einmal mit solch einmaligem Ereignis verbunden. Da besiegte sein 1. FC Magdeburg im Europapokal-Endspiel der Cupsieger den berühmten AC Mailand. Es blieb der einzige Europapokaltriumph einer DDR-Fußballmannschaft.

Es war die 78. Minute. Ich umspielte Berti Vogts, täuschte Sepp Maier. Lupfte den Ball ins Netz.

Jürgen Sparwasser erinnert sich an die entscheidende Minute | SUPER ILLU 1997

Die angeheizten Schlittenkufen von Grenoble

Nicht immer waren es positive Schlagzeilen, die sich für Jahrzehnte einprägten. Die Disqualifikation der Rodlerinnen Knoesel, Enderlein und Müller bei den Olympischen Winterspielen 1968 in Grenoble war so ein Ereignis. Ihnen wurde auf Initiative der Bundesrepublik vorgeworfen, die Kufen ihrer Schlitten vorgeheizt zu haben. Die Sportlerinnen bestritten dies. In der Heimat setzte in den Medien ein Sturm der Entrüstung ein.

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