LexikonFDGB - Freier Deutscher Gewerkschaftsbund
Nach dem bereits am 15. Juni 1945 von Gewerkschaften aller Richtungen aus der Zeit der Weimarer Republik erfolgten Aufruf zur Bildung freier Gewerkschaften und der Gründung eines paritätisch besetzten "Vorbereitenden Gewerkschaftsausschuss" fand vom 9. bis 11.Februar 1946 der Gründungskongress in Berlin statt. Damit war eine später zur Durchsetzung der SED-Politik, vor allem der Wirtschaftspolitik, zu nutzende Einheitsgewerkschaft, der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund, entstanden, die sich dann auch häufig für Zwecke der Partei und Staatsführung instrumentalisieren ließ und für diese eine erhebliche Entlastungsfunktion übernahm.
FDGB war als Interessenvertretung der Belegschaften weitgehend bedeutungslos
Zwischen den Anforderungen zur Durchsetzung des Führungsanspruchs der SED und zur Sicherung staatlicher Macht beizutragen einerseits und der Interessenvertretung aller Werktätigen andererseits verlief die Geschichte des FDGB in wechselvollem, oft widersprüchlichem Schwanken, ein harmonischer Ausgleich der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen war letztlich nicht zu erreichen. Die Tätigkeitsfelder des FDGB lagen unter anderen in der Ideologievermittlung, der Mobilisierung von Arbeitskraft und -moral sowie der Funktionärsausbildung und -schulung und dienten damit vornehmlich dem Partei- und Staatsinteresse.
FDGB war für die Partei...
Daneben fungierte er als Organisator der Aktivistenbewegung; ließ sich 1951 in die Verwaltung der Sozialversicherung einbeziehen, die er dann 1956 völlig in eigene Regie übernahm, entwickelte aus gewerkschaftseigenen Mitteln und aus dem gesetzlich vorgeschriebenen "Kultur- und Sozialfonds" der Betriebe ein System von Unterstützungen und Beihilfen und unterstützte seit 1954 auch die Arbeiterwohnungsbaugenossenschaften, womit er Einfluss auf die Wohnungsvergabe gewann.
Nach der Einführung des "Neuen Ökonomischen Systems der Planung und Leitung" (NÖSPL) erhielt der FDGB auch wirtschaftspolitisch größere Bedeutung und zeigte, dass er sich voll und ganz auf die Seite der Partei- und Staatsführung stellte, indem er sich 1978 für die Umstellung auf Mehrschichtarbeit stark machte und sie gegen Belegschaftsproteste als durchaus mit dem Sozialismus vereinbar rechtfertigte.
...in einer Doppelrolle tätig
Die Verfassung von 1974 und das von der FDGB-Fraktion in der Volkskammer eingebrachte, 1977 verabschiedete Arbeitsgesetzbuch der DDR legte den FDGB erneut auf seine Doppelrolle fest: Er hatte als "Schule des Sozialismus" den Willen der Partei der Arbeiterklasse zu tragen und als Interessenvertretung aller Werktätigen für die Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung zu sorgen.
An der Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens konnte er in verschiedenen Formen teilnehmen: in den Volksvertretungen, durch Mitwirkung der Gewerkschaftsfunktionäre auf allen Ebenen der Wirtschaftsplanung, durch die Erstellung von Rahmenkollektivverträgen, durch das Vorschlagsrecht von mit arbeitsrechtlichen Fragen beschäftigten Schöffen und Richtern bei den Kreis- und Bezirksgerichten.
Außerdem waren Gewerkschaftsmitglieder an der Rechtsprechung von gesellschaftlichen Gerichten unmittelbar beteiligt: die in den Betrieben tätigen Konfliktkommissionen wurden unter Aufsicht der Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) gewählt und durch diese verpflichtet. Im Betrieb konnte der FDGB durch Vorschläge, Beratungen, Stellungnahmen oder Rechenschaftsforderungen Einfluss ausüben (bei Betriebsplänen und Betriebskollektivverträgen Vereinbarungs- oder Zustimmungsrecht).
FDGB organisierte die betriebliche Sozialpolitik
Weiterhin trat er mit der Betriebsleitung als gemeinsamer Entscheidungsträger auf. Hinsichtlich sozial-, kultur- oder sportpolitischen Belangen hatte der FDGB im Betrieb weitgehend die alleinige Entscheidungsbefugnis, er konnte Kommissionen bilden für Agitation und Propaganda; Arbeit und Löhne; Arbeitsschutz; Feriendienst; Finanzen; Frauen; Jugend; Küche/Kantine; Kultur und Bildung; Kuren; Neuererbewegung; Recht; sozialistische Erziehung der Kinder; Sozialversicherung; Wohnungen etc.
Die Kultur- und Bildungsarbeit erfolgte dann unter anderen in Form von Anleitung und Prüfung der kulturellen Aktivitäten von "Brigaden der sozialistischen Arbeit", im Aufbau und der Pflege von Gewerkschaftsbibliotheken, in der Betreuung von Arbeitertheatern und anderen betrieblichen Laienkunstensembles, in Zirkeln schreibender Arbeiter, in der Organisation von Betriebsfestspielen und diversen Kulturveranstaltungen, in der Unterstützung der Betriebssportgemeinschaften (BSG), in der Organisation von Betriebsferienlagern, in der Organisation von überbetrieblichen Arbeiterfestspielen, Kulturkonferenzen (Bitterfelder Konferenz) sowie in der Förderung der Arbeit der Kulturhäuser.
Hierfür war neben den hauptamtlichen Funktionären eine Vielzahl an ehrenamtlichen Funktionsträgern notwendig, die gewonnen werden mussten, womit gleichzeitig das (politische) Ziel verfolgt wurde, möglichst viele DDR-Bürger in das Staatswesen zu integrieren.
Freier Deutscher Gewerkschaftsbundumfassendste Klassenorganisation der in der DDR herrschenden Arbeiterklasse, gegründet 1945, seit 1949 Mitglied des WGB. Im FDGB sind Arbeiter, Angestellte und Angehörige der Intelligenz ohne Unterschied der politischen und religiösen Anschauungen, der Nationalität, der Staatszugehörigkeit und des Geschlechts auf freiwilliger Grundlage zusammengeschlossen (1976 8,1 Mill. Mitglieder)... Als Schule des Sozialismus und Sachverwalter der Interessen der Werktätigen kämpft er unter Führung der marxistisch-leninistischen Partei, der SED, für die Verwirklichung der Ziele der Arbeiterklasse der DDR...MEYERS UNIVERSAL-LEXIKON, Band 2, VEB Bibliographisches Institut Leipzig 1980, S. 55