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Das Siegel sollte Verbraucher ursprünglich vor Plagiaten warnen. Bildrechte: Colourbox

Seit August 1887: Kennzeichnung ausländischer ProdukteMade in Germany: Wie aus einer Warnung ein Gütesiegel wurde

23. August 2024, 12:09 Uhr

"Made in Germany". Diese Produktbezeichnung wird als Gütesiegel wahrgenommen, denn deutsche Ingenieure gelten als präsize und detailverliebt. Ursprünglich wurde die Kennzeichnung jedoch eingeführt, um vor billigen Plagiaten aus Deutschland zu warnen. Maschinen aus Chemnitz spielten dabei eine entscheidende Rolle.

Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts ist Chemnitz eine Stadt im Wandel, die zur pulsierenden Industriemetropole heranwächst. Tausende Arbeiter aus der Umgebung zieht es in die Fabriken. In den Werkshallen von Unternehmer Richard Hartmann werden beispielsweise Dampfloks gebaut. Ihm und seinen Kollegen ist der städtische Absatzmarkt bald nicht mehr genug – sie wollen ihre Erzeugnisse weltweit vermarkten. Im Ausland stößt das nicht auf Gegenliebe.

Geburtsstunde des Qualitätssiegels "Made in Germany"

Am 23. August 1887 legt Großbritannien im sogenannten Merchandise Marks Act eine Kennzeichnung ausländischer Produkte fest. Das Handelsmarkengesetz ordnet an, dass Produkte aus Deutschland fortan den Schriftzug "Made in Germany" tragen müssen. Auslöser dafür sind Konkurrenzsorgen von britischen Schneidewerkzeugherstellern. Sie müssen gegen nachgemachte Messer, Scheren, Feilen und Rasierklingen aus Deutschland antreten. Die Plagiate überschwemmen den Markt. Statt Schutzzölle auf deutsche Waren zu erheben, was auch der Exportnation Großbritannien geschadet hätte, entscheidet man sich für den Schriftzug "Made in Germany". Er soll die Verbraucher warnen, dass sie ein billiges Imitat aus Deutschland kaufen.

Die deutschen Produkte hatten bis Mitte/Ende der 1880er-Jahre noch nicht den allerbesten Ruf. Die Engländer wollten also ihren Konsumenten verdeutlichen, das ist ein ausländisches Produkt aus Frankreich, Italien, Russland oder eben Deutschland und das ist von minderer Qualität. Lasst es liegen. Kauft englische Waren.

Ulf Morgenstern, Historiker

Die Gegenoffensive

Das Image der deutschen Industrie scheint geschädigt, der Chemnitzer Unternehmer Richard Hartmann sieht sich zusätzlich noch mit Vorwürfen von Industriespionage konfrontiert. Die Chemnitzer wollen einen Strategiewandel: Das Stigma soll zu einem Qualitätssiegel werden. Statt minderwertiger Waren sollen Produkte mit einem hohen Standard produziert werden. Doch wie können die Chemnitzer Errungenschaften davor geschützt werden, international nachgemacht zu werden? Die Idee von Bürgermeister Wilhelm André: Ein Patentgesetz zum Schutz neuer Erfindungen. Gemeinsam mit dem Industriellen Werner von Siemens erarbeitet André einen Entwurf, 1877 wird das Gesetz zum Schutz von geistigen Innovationen vom Reichstag angenommen.

Dieses Reichspatentgesetz war ein unwahrscheinlich modernes Gesetz und dann Vorbild auch für die anderen Gesetzgebungen in Europa. Und die Grundzüge dieses Gesetztes sind noch heute in unserem Patentgesetz drin.

Angela Malz, Direktorin der Universitätsbibliothek Chemnitz

Das Patentgesetz

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Der Plan geht auf. Die deutschen Produkte werden nicht vom Markt gedrängt, viele Käufer erkennen, dass viele Dinge, die sie aus Deutschland kauften, gut waren. Die deutsche Wirtschaft floriert dementsprechend, Chemnitz wird zur "Boomtown". Dort werden sechsmal mehr Patente als im reichsweiten Durchschnitt angemeldet. Ein Happy End also für das "Made in Germany"-Zeichen, dass sich dank der Impulse aus Chemnitz zu einem Qualitätssiegel entwickelt hat – und bis heute für gute Produkte aus Deutschland wirbt.  

Der Artikel wurde erstmals 2015 veröffentlicht und 2024 ergänzt.

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