Putsch gegen Gorbatschow
Der Putsch am 19. August 1991 in Moskau beendete die politische Karriere Michail Gorbatschows. Der Schöpfer von Glasnost und Perestroika musste zurücktreten. Gleichzeitig besiegelte der Putsch das Ende der Sowjetunion.
Als Gorbatschow 1985 an die Macht kommt, ist die Sowjetunion wirtschaftlich in einer schwierigen Situation. Schnell erkennt er, dass die Planwirtschaft an ihre Grenzen gestoßen ist und dem Land ohne tiefgreifende Reformen ein unkontrollierter Zusammenbruch droht. Mit Glasnost (Transparenz) und Perestroika (Umbau) will er das Ruder herumreißen, die Wirtschaft für Privatinitiativen öffnen und die Bevölkerung an politischen Entscheidungsprozessen beteiligen. Es stand aus seiner Sicht nie zur Debatte, die Sowjetunion abzuschaffen, wohl aber wollte er einen demokratischen Staat aus ihr machen.
"Gorbi" - Symbolfigur des Wandels
Auf besonders fruchtbaren Boden fallen seine Ideen im geteilten Deutschland. Gorbatschow wird zur Hoffnungsfigur in Ost und West. Für die Opposition in der DDR werden seine Reformen zum Vorbild für einen möglichen Umbau des Staates. Die SED mit Honecker an der Spitze will dagegen nichts davon wissen. Alles, was mit Perestroika zu tun hat, wird schlicht verboten. Selbst das Tragen von Gorbatschow-Plakaten auf offiziellen Demonstrationen kann zu strafrechtlichen Konsequenzen führen.
Der Leitspruch der Partei "Von der Sowjetuinion lernen, heißt siegen lernen" gilt in dieser Zeit nicht mehr. Und doch haben sich seine Ideen durchgesetzt. Gorbatschow war es, der dafür sorgte, dass die sowjetischen Panzer im Herbst 1989 nicht gegen die Demonstranten eingesetzt wurden. Ohne ihn wäre die deutsche Wiedervereinigung und der Abzug sowjetischer Truppen nicht möglich gewesen. Seine Idee von einem "Gemeinsamen Haus Europa" machte ihn zu einer Symbolfigur des demokratischen Wandels in Ost- und Mitteleuropa. Besonders in Deutschland wird er bis heute geschätzt und bewundert.
Putsch und Ausnahmezustand
In Russland dagegen sah die Situation von Anfang an etwas anders aus. Die wirtschaftlichen Reformen, die Gorbatschow angestoßen hatte, trugen dort nicht die gewünschten Früchte. Ende der 1980er, Anfang der 1990er-Jahre ist die Versorgungslage in der Sowjetunion immer noch katastrophal. Gleichzeitig streben immer mehr Teilrepubliken nach mehr Autonomie und Unabhängigkeit. Ein Grund für reaktionäre Kreise in der Regierung, im August 1991 einen Putschversuch zu unternehmen, um die Macht der kommunistischen Partei zu sichern und das Auseinanderdriften des Riesenreiches zu stoppen. Am 18. August wird Gorbatschow auf der Krim festgesetzt, wo er sich gerade aufhält. In Moskau werden Truppen zusammengezogen und der Ausnahmezustand wird verkündet. Doch der Putsch scheitert. Massenhaft gehen in Moskau und Leningrad Menschen auf die Straßen. Sie stellen sich auf die Seite der demokratischen Reformen. Boris Jelzin, damals schon Präsident der Russischen Föderativen Teilrepublik, stellt sich an die Spitze der Demonstranten und wird zu ihrem Sprachrohr.
Rücktritt und Auflösung der UdSSR
Als Gorbatschow am 22. August nach Moskau zurückkehrt, ist der Putsch abgewendet. Aber auch seine Macht hat der erste und einzige Präsident der Sowjetunion in diesem Moment bereits verloren. Während dessen Rede vor der Versammlung des Obersten Sowjets am 23. August 1991 unterbricht Jelzin Gorbatschow vor laufender Kamera und unterzeichnet ein Dekret, das in Russland die Kommunistische Partei verbietet. Für Gorbatschow bedeutet das einen enormen Verlust an Legitimation: Die Partei, die ihn zum Präsidenten bestimmt hat, gibt es nicht mehr. Fünf Monate später, am 25. Dezember 1991, dankt Gorbatschow endgültig ab und übergibt auch den Koffer mit dem Code der Atomwaffen an seinen Nachfolger Boris Jelzin. Am folgenden Tag wird die Sowjetunion aufgelöst. Gorbatschow verschwindet von der großen politischen Bühne.
Es folgen die schweren 1990er-Jahre mit entfesseltem organisiertem Verbrechen, undurchsichtigen Privatisierungen und grassierender Korruption. In den Augen der meisten Russen ist es gerade Gorbatschow, der am Anfang dieses Prozesses steht. Diese Meinung hat sich bis heute kaum geändert. Noch immer wird er in der Bevölkerung angefeindet und als Verräter bezeichnet.
Über dieses Thema berichtete das MDR ZEITREISE-Magazin:TV | 23.10.2018 | 21:15 Uhr