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Heute im Osten

UkraineVor fünf Jahren: Der Sturm auf die Präsidentenvilla

22. Februar 2019, 17:29 Uhr

Seine Villa, sein Zoo, seine Luxusautos: Seitdem der ukrainische Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch im Februar 2014 die Flucht ergriffen hat, kann man sich in seinem ehemaligen Anwesen ein Bild von Gier und Korruption machen.

von Marius Emsel

23. Februar 2014, Meschyhirja-Residenz vor den Toren Kiews: Der Journalist Sergej Leschtschenko macht es sich auf dem luxuriösen Präsidentenbett gemütlich, durchstöbert dessen private Video-Sammlung und schlendert durch unzählige Luxusräume, die normalerweise nur der Präsidenten-Familie vorbehalten sind.

Noch vor zwei Tagen wäre das unmöglich gewesen. Doch der Präsident Viktor Janukowitsch wurde gestürzt. Das Volk hat seine Villa eingenommen, darunter Anti-Regierungsaktivisten, Neugierige und Journalisten wie Leschtschenko.

"Unverhüllten Korruption"

Etliche Male hatte der Journalist und heutige Politiker selbst über diese "märchenhafte Immobilie" berichtet, über das "Symbol der unverhüllten Korruption", wie er in einem Artikel für die ukrainische Online-Zeitung Ukrajinska Prawda schrieb. Nun erlebt er diesen "exorbitanten Luxus" hautnah - ein Reichtum der von der Wirtschaftskrise und Armut des Landes nichts erahnen lässt: "Ich dachte, nun bin ich also an dem Ort, wo all das gestohlene Geld der ukrainischen Bevölkerung ausgegeben wurde", erinnert sich Leschtschenko.

Einblicke in die Präsidenten-Villa Janukowitschs Disneyland

Die rot-schwarze Flagge der ukrainischen Nationalisten trägt er auch heute noch bei seinen Führungen für Touristen durch "das Museum der Korruption", wie Petro die Residenz nennt. Denn das Geld für seinen exzessiven Wohlstand nahm sich Janukowitsch aus der Staatskasse. Bildrechte: Marius Emsel
Petro hat seine schwarzen Stiefel gegen Lederpantoffeln eingetauscht, die er in der Präsidenten-Garderobe gefunden hat. Zusammen mit seinem Schutzschild sind sie im Eingang des ehemaligen Wellness-Bereichs ausgestellt. Hier beginnt seine Tour durch den Luxus,... Bildrechte: Marius Emsel
Das sei aber noch alles der Spa-Bereich, Janukowitschs luxuriöses Privathaus komme erst noch, so Petro, und zeigt in Richtung eines dunklen Ganges. Bildrechte: Marius Emsel
Der Weg zur Villa führt durch einen unterirdischen Tunnel - 114 Meter lang.
Einst hingen hier teure Gemälde, die mittlerweile an das Kiewer Kunstmuseum übergeben wurden.
Bildrechte: Marius Emsel
Einer der letzten Stationen im Haus ist das Billardzimmer. Immer wieder hält Petro betrübt und verärgert über diesen Luxus inne, bei dem auch viele der Besucher nur den Kopf schütteln können. (Über dieses Thema berichtete MDR AKTUELL am 22. Februar 2014, 22.24 Uhr) Bildrechte: Marius Emsel

Architekten aus der ganzen Welt waren mit dem Umbau der 2.600 Quadratmeter Luxus-Residenz beauftragt. An Marmor, Gold, Kristall-Kronleuchtern, teuren Teppichen und Edelhölzern fehlt es nicht. Es gibt einen Mittelaltersaal mit Ritterrüstungen, ein TV-Zimmer mit Massagesitzen, ein Gästezimmer mit Bar, mehrere Billard- und Esszimmer, ein Wohnzimmer mit einem von Elton John handsignierten Steinway-Flügel und eine pompöse Privatkapelle. Hier ließ Janukowitsch Geistliche für private Gottesdienst kommen.

Janukowitsch hat sich hier sein persönliches Paradies aufgebaut, in einem armen Land, mit Geld, das er sich vom Staat genommen hat.

Sergej Leschtschenko | Journalist und Politiker

Undurchsichtige Besitzverhältnisse

Die Kapelle erinnert an ein Kloster, das bis 1935 auf dem Gelände stand. Danach wurde es als Residenz für Gäste genutzt. In seiner Zeit als Ministerpräsident wohnte Janukowitsch erstmals 2002 hier. 2007 sei das Anwesen privatisiert und über dubiose Briefkastenfirmen an Hintermänner des Präsidenten verkauft worden, so erklärt es Leschtschenko.

Über die Jahre baute Janukowitsch das Anwesen und den hölzernen Palast aus. Sein Reichtum versteckte er hinter fünf Meter hohen Zäunen und sicherte sich sogar ein Überflugverbot für das Areal. Hinweise, aus welchen dunklen Kanälen das Geld für seinen Luxus stammte, fanden Journalisten der Kiew Post in den Akten, die Janukowitsch im Wasser versenken ließ. Das belastende Material fischten Aktivisten nach seiner Flucht aus dem angrenzenden Stausee und trockneten die hochbrisanten Beweise in der Sauna. Die Dokumente sind heute als "Janukowitsch Leaks" bekannt und umfassen mehr als 22.000 Seiten.

Privatzoo und Piratenschiff

Das Anwesen rund um die Luxus-Villa ist umgeben von einem riesigen Parkgelände. Fast 140 Hektar umfasst das ganze Areal: samt Jachthafen und Piratenschiff, Zoo, Treibhaus, Wellness-Bereich, Bowlinghalle, Tennisplätzen, Golfplatz, Molkerei, Tankstelle, Hubschrauberlandeplatz und gewaltiger Autoflotte. Es gab sogar ein Labor, in dem das Essen getestet wurde, bevor es der Präsident bekam.

Touristenziel Meschyhirja

Etwa eintausend Angestellte waren zu Janukowitsch-Zeiten auf dem Gelände beschäftigt: Sicherheitskräfte, Gärtner, Techniker, Putzkräfte und Köche.

Einige von ihnen arbeiten auch heute noch auf dem Anwesen, das nun jedoch zum begehrten Ausflugsziel für Ukrainer und Touristen geworden ist. Denn nach dem Machtwechsel wurde der Park wieder in den Staatsbesitz überführt und die Villa zu einem Museum umgewandelt.

Über dieses Thema berichtete MDR AKTUELL auch im TV:MDR | 22.02.2014 | 22:24 Uhr