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"Eigene Auswahl"Großmeister der DDR-Karikatur: Ausstellung zu Henry Büttner im Satiricum Greiz

19. Juni 2023, 13:12 Uhr

Henry Büttners Karikaturen mit dem unverkennbaren Strich haben die DDR enorm geprägt. Wo im Westen die Knollennasen von Loriot begeisterten, waren es im Osten die kantigen Figuren von Büttner. Im vergangenen Jahr hat der 1928 in Wittgensdorf bei Chemnitz geborene Zeichner 1.600 seiner Werke der Staatlichen Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz geschenkt. Eine vom Meister selbst getroffene Auswahl davon ist nun in der Ausstellung "Eigene Auswahl" im Satiricum zu sehen – auch mit unerwarteten Werken.

von Wolfgang Schilling, MDR KULTUR

Ein einsamer Leierkastenmann steht vor einem prächtigen Gebäude. Städtische Oper ist auf dem Portal zu lesen. Aus den Fenstern der Beletage hören ihm dutzende Besucher zu. Einige haben dem kantigen Gesellen von oben herab schon ein paar Münzen in Richtung seines Hutes zugeworfen. Ein typischer Büttner.

Henry Büttner ist der Großmeister der DDR-Karikatur, der in den frühen 50er-Jahren gewissermaßen sein Markenzeichen – diesen Mann mit dem Hut – in den Ring schickte. Nun, gut 70 Jahre und zehntausende solcher gezeichneten Witze später, grüßt dieses Männchen auch vom kleinen Katalog seiner aktuellen Ausstellung. Die nennt sich "Eigene Auswahl – Henry Büttner" und ist im Satiricum Greiz zu sehen.

Greizer Ausstellung wurde vom Meister höchstpersönlich kuratiert

"Die hier gezeigten rund 100 Arbeiten sind eine Essenz von der Essenz", sagt Ulf Haeder, der Direktor des Satiricums und rühmt Büttner als einen der Altmeister der DDR-Karikatur. Keine Zeitung des untergegangenen Landes, die sich nicht darum riss, eines der Blätter des gelernten Plakatmalers aus dem sächsischen Wittgensdorf zu drucken. Der Ort, der dem Künstler nicht nur Zeitlebens Heimat geblieben, sondern auch so etwas wie ein eigner kleiner Kosmos geworden ist und von dem aus er seine karikaturistischen Fühler in die Welt und ihre Probleme auszustrecken wusste. Auf die Frage ob er menschenscheu sei, antwortet er im Katalog der Ausstellung mit einem "klaren Jein".

Eine Federzeichnung von Henry Büttner. Bildrechte: Henry Büttner / Staatliche Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz

Die kantige Antwort des Ostens auf die westliche Knollennase von Loriot

Kein Wunder, dass manche Büttner mit Loriot vergleichen. Zieht man die Film- und Fernsehaktivitäten des Kollegen aus dem Westen einmal ab, kommt das auch hin.

Wo man bei Loriot Rundungen und Knollennasen sah, zeichnete Büttner seine Figuren mit einem geradlinigen, kantigen Strich. Unverwechselbar sind beide. Bildrechte: Salzgeber

Büttner und Loriot waren Meister darin, die wirklich großen Themen dieser Welt – die Ehe an sich, das Verhältnis des Menschen zu ihren Partnern und Haustieren oder auch dem Auto – mit klarem, schnellen Strich auf den Punkt, sprich, die Pointe zu bringen.

Für das Leben auf dieser Welt sind wahrscheinlich Frauen besser geeignet als Männer. Ob man das als Kompliment auffassen kann, ist jedoch fraglich.

Henry Büttner, Karikaturist

Büttner war Meister darin, das Verhältnis des Menschen zu ihren Partnern zu karikieren. Bildrechte: Henry Büttner / Staatliche Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz

Büttner illustrierte auch für christliche Verlage

Apropos Auto, im wirklichen Leben hat Henry Büttner auch mal eins gehabt. Einen Skoda, den er zehn Jahre und 13.000 Kilometer nach seiner Anschaffung weiterverkauft hat. Man soll halt nicht so an den irdischen Dingen hängen.

Dazu passend präsentiert die Ausstellung im Gartensaal des Greizer Sommerpalais auch eine Vitrine mit einem Inhalt, den wohl selbst viele der eingefleischtesten Fans ihrem Idol nicht zugetraut hätten. Religiöse Bücher, die er, der nicht Gläubige, zu seiner Verwunderung auf Anfrage christlicher Verlage illustrieren sollte – und das auch tat. Mit seiner typischen kantigen Stilistik, die sich hier zu fast expressionistischer Ausdruckskraft und Schärfe steigert.

Nur wenn auf dem Blatt von der Vertreibung aus dem Paradies sich Adam und Eva gegenseitig einen Vogel zeigen, lugt da wieder der alte Schalk aus dem sächsischen Wittgensdorf hinter dem Baum der Erkenntnis hervor.

Eine Ausstellung wie ein Lebenslauf

Unterm Strich bleibt eine liebevoll gestalte Ausstellung, die das Publikum als eine Art künstlerischer Lebenslauf besichtigen kann. Beginnend mit den ganz frühen Blättern für Wochenpost und Eulenspiegel aus den 50er-Jahren und endend mit dem allerletzten Blatt. Nach dessen Datierung hat Büttner am 1. September 2020 aufgehört zu zeichnen. "Ja, so wahr mir Gott helfe" – sagt ein schon etwas wacklig gezeichneter Bräutigam auf diesem Blatt zum Standesbeamten. Eine typisch Büttner'sche Schlusspointe.

Büttners Arbeiten sind mit ihrem typischen kantigen Stil unverkennbar. Bildrechte: Henry Büttner / Staatliche Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz

Redaktionelle Bearbeitung: op

Die Ausstellung"Henry Büttner. Eigene Auswahl"

10. Juni bis 31. Oktober 2023

Staatliche Bücher- und Kupferstichsammlung mit Satiricum
Sommerpalais im Fürstlich Greizer Park, 07973 Greiz

Öffnungszeiten:
April bis September: Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr
Oktober bis März: Dienstag bis Sonntag, 10 bis 16 Uhr
Montags geschlossen

Eintrittspreise:
Erwachsene 5 Euro, ermäßigt 3 Euro, Familienkarte 12 Euro, Kinder bis 6 Jahre frei

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 17. Juni 2023 | 07:10 Uhr