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Klassikerlesung | 04.03. bis 28.03. 2024Heinrich von Kleist: Michael Kohlhaas

04. März 2024, 04:00 Uhr

"Michael Kohlhaas" – Das Gerechtigkeitsgefühl macht ihn zum Räuber und Mörder

Michael Kohlhaas ist mit einer Koppel Pferde auf dem Weg nach Sachsen. Da pfändet ihm ein Junker ein Paar Rappen. Kohlhaas’ Frau versucht, die Dinge friedlich zu regeln, wird verletzt und stirbt. Ihr Tod ist Auslöser für Kohlhaas’ Rachefeldzug, in dessen Verlauf er die Burg des Junkers einäschert und die Vorstädte Wittenbergs niederbrennt.

Aus einem Widerstand, der dem Gerechtigkeitsgefühl entspringt, wird am Ende ein Blutbad: Unschuldige sterben, Landstriche werden verwüstet. Mit dem ursprünglichen Auslöser haben die brutalen Geschehnisse schon bald nichts mehr zu tun. Die Novelle steht exemplarisch für eine Entfesselung von Gewalt, wie sie in der Geschichte immer wieder passiert – auch heute noch.

Online bis zum 1. Juni 2024

Heinrich von Kleist beginnt seine weltberühmte Novelle mit einer Vorstellung des Pferdehändlers Kohlhaas:"An den Ufern der Havel lebte, um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts, ein Rosshändler, namens Michael Kohlhaas, Sohn eines Schulmeisters, einer der rechtschaffensten zugleich und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit. Dieser außerordentliche Mann würde, bis in sein dreißigstes Jahr für das Muster eines guten Staatsbürgers haben gelten können ... Die Kinder, die ihm sein Weib schenkte, erzog er, in der Furcht Gottes, zur Arbeitsamkeit und Treue; nicht einer war unter seinen Nachbarn, der sich nicht seiner Wohltätigkeit, oder seiner Gerechtigkeit erfreut hätte. Das Rechtgefühl aber machte ihn zum Räuber und Mörder."

Heinrich von Kleist – ein Außenseiter seiner Zeit

Heinrich von Kleist war Dramatiker, Erzähler, Lyriker und ein Außenseiter. Geboren wurde er 1777 in Frankfurt Oder, er entstammt einem alten Adelsgeschlecht. Die Tradition schrieb es vor, dass auch Kleist eine militärische Laufbahn einschlug, doch er gab diese trotz Widerstand der Familie auf. Auch sein anschließendes Studium brach er nach drei Semestern ab und ging auf Reisen. Er traf viele berühmte Zeitgenossen wie Ernst Platner, Johann Ludwig Gleim, Christoph Martin Wieland, Johann Heinrich Tischbein, Wilhelm von Humboldt, Christian Gottfried Körner, Caspar David Friedrich, Ludwig Tieck und hielt viele Kontakte zum Romantikerkreis. Während seiner Zeit in Dresden gab Kleist zusammen mit Adam Heinrich Müller die Monatsschrift "Phöbus" heraus, später in Berlin die erste Tageszeitung überhaupt: "Berliner Abendblätter".

Oft litt Kleist unter psychisch-seelischen Problemen und Geldsorgen. Gemeinsam mit der an einem Tumor leidenden Henriette Vogel erschoss er sich 1811 am Kleinen Wannsee in Berlin. In seinem Abschiedsbrief stand "Die Wahrheit ist, daß mir auf Erden nicht zu helfen war." Kleist schrieb bedeutende Werke wie das Ritterschauspiel "Das Käthchen von Heilbronn", die Lustspiele "Der zerbrochne Krug "und "Amphitryon", das Trauerspiel "Penthesilea" sowie die Novellen "Michael Kohlhaas" und "Die Marquise von O".

Heinrich von Kleist schrieb "Michael Kohlhaas" 1810, sie beruht auf einer wahren Begebenheit. Bildrechte: picture alliance / dpa | Patrick Pleul

Der Sprecher Rolf Boysen

Rolf Boysen wurde 1920 in Flensburg geboren. Nach kaufmännischer Ausbildung und Kriegsdienst begann er seine schauspielerische Ausbildung in Hamburg. Sein Debüt gab er 1948 am Stadttheater Dortmund. Es folgten weitere Engagements und Gastspiele an den Schauspielhäusern in Kiel, Hannover, Bochum, Berlin, Wien und Düsseldorf. Boysen gehörte viele Jahre zum Ensemble der Münchner Kammerspiele sowie des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg. Er spielte unter großen Namen wie Fritz Kortner und Erwin Piscator. Noch mit über 80 Jahren gab er am Bayerischen Staatsschauspiel einen bewegenden Shylock in "Der Kaufmann von Venedig". Rolf Boysen war außerdem als Sprecher und Synchronsprecher tätig. Für sein Lebenswerk wurde er u. a. mit dem Bayerischen Theaterpreis, dem Kulturellen Ehrenpreis der Stadt München und 2009 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Er starb am 16. Mai 2014 in München.

Der Schauspieler Rolf Boysen liest "Michael Kohlhaas" von Heinrich von Kleist Bildrechte: imago/teutopress

Angaben zur Sendung

MDR KULTUR Klassikerlesung
04.03. - 28.03. 2024
Heinrich von Kleist: Michael Kohlhaas (19 Folgen)
Produktion: NDR 1984

Sendung im Radio: 04.03. - 28.03. 2024 | Montag bis Freitag 15:10 Uhr

Die Lesung steht hier bis zum 1. Juni 2024 zum Hören bereit.
Die 19 im Radio ausgestrahlten Folgen sind online in 9 längere Teile zusammengefasst.

Mehr Hör-Erlebnisse

Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR Lesezeit | 04. März 2024 | 15:05 Uhr