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Marie Freifrau Von Ebner-Eschenbach Bildrechte: imago images/Artepics

Klassikerlesung | 04.03. bis 28.03. 2024Marie von Ebner-Eschenbach: Božena

02. April 2024, 04:00 Uhr

"Božena" – Das Schicksal einer böhmischen Magd

Die böhmische Magd Božena ist bei dem reichen Weinhändler Leopold Heißenstein angestellt. Nach dem frühen Tod seiner ersten Frau soll sie sich um dessen vernachlässigte Tochter Rosa kümmern: Heißenstein hätte lieber einen Sohn gehabt. Rosa verliebt sich in einen jungen Offizier. Da sie keine Heiratserlaubnis bekommt, flüchtet sie nachts aus dem Haus. Božena, die bei einem Liebhaber weilt, bekommt davon nichts mit. Von Schuldgefühlen geplagt, folgt sie dem Paar. Rosa und ihr Mann sterben früh, und Božena kehrt mit deren kleiner Tochter Röschen zurück ins Haus von Heißenstein und ist nun den Quälereien der neuen Hausherrin und deren Vorzeigekind Regula ausgeliefert.

Online bis 18. Mai 2024

"Božena" erzählt viel von menschlicher Niedertracht und von den sozialen Zuständen der vierziger und fünfziger Jahre des 19. Jahrhunderts. Im damaligen Österreich gehörten das wohlhabende Bürgertum (Leopold Heißenstein) sowie der verarmte Adel (Ronald von Rondsperg) der höheren Gesellschaft an. Die Bauern (Božena) zählten zur untersten Schicht.

Viele der männlichen Protagonisten kommen nicht gut weg im Roman: Da ist der verantwortungslose Trunkenbold "Bernhard, der Pfau", der eitle untalentierte Hauslehrer Professor Bauer oder der alte Graf Rondsperg mit Realitätsverlust. Marie von Ebner-Eschenbach hält den Menschen ihrer Zeit den Spiegel vor. Und sie lässt auch eigene Erfahrungen in den Roman einfließen: ihre adlige Herkunft zum Beispiel. Wie die Romanfigur Rosa verlor auch sie früh ihre Mutter und wurde von Gouvernanten und Stiefmüttern erzogen und gefördert.

Marie von Ebner-Eschenbach – eine Ikone der österreichischen Literatur

Marie von Ebner-Eschenbach wurde 1830 in das Adelsgeschlecht Dubsky hineingeboren. Mit 18 Jahren heiratete sie ihren 15 Jahre älteren Cousin. 1856 zog das Paar nach Wien, 1879 absolvierte Marie von Ebner-Eschenbach eine Uhrmacher-Ausbildung, sehr ungewöhnlich für damalige Verhältnisse. Ungefähr 20 Jahre lang schrieb sie erfolglos Dramen für das Theater, ihr Ehemann unterstützte sie jedoch in ihrem Schreiben. Aufmerksamkeit bekam sie mit ihrem ersten Roman "Božena". Mit "Lotti, die Uhrmacherin" gelang ihr der Durchbruch. Sehr bekannt ist auch ihre Novelle "Krambambuli". Sie starb 1916 in Wien.

Marie von Ebner-Eschenbach gilt als die weibliche Ikone der österreichischen Literatur des 19. Jahrhunderts, als "harmlose Menschenfreundin, als Dichterin der Güte und des Mitleids. Das stimmt zwar, aber sie hatte auch eine kämpferische, witzige und durchaus boshafte Seite", schreibt Daniela Strigl in ihrer Biographie Ebner-Eschenbachs, die auch weniger bekannte Seiten der Schriftstellerin aufzeigt: Nur wenige wissen, dass die adlige Schriftstellerin Standesdünkel kritisierte und sich für Frauenrechte, die Bekämpfung des Antisemitismus und die Rechte Armer stark machte.
Die Biografie von Daniela Strigl: "Berühmt sein ist nichts: Marie von Ebner-Eschenbach – Eine Biographie" erschien im Residenzverlag: 440 Seiten, ISBN: 9783701733408.

Die Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach lebte von 1830 bis 1916 Bildrechte: picture-alliance / dpa | dpa

Die Schauspielerin Eva Zilcher

Die witzige Komponente in Ebner-Eschenbachs Roman arbeitet Schauspielerin Eva Zilcher gut heraus: Sie liest den Text so, dass er auch heute noch lebendig wirkt.

Zilcher (geb. 1920 in Würzburg, gest. 1994 in Wien) hatte ihr Bühnendebüt 1939 in Köln, es folgte ein Engagement in Graz. Der große Theaterregisseur Heinz Hilpert wollte sie 1944 nach Wien an das Theater in der Josefstadt holen, doch weil Joseph Goebbels den "Totalen Kriegseinsatz der Kulturschaffenden" verfügte, musste die Schauspielerin stattdessen Arbeitseinsatz in einer Fabrik leisten. Dort lernte sie die Schauspielerin Dorothea Neff kennen und half ihr, deren jüdische Freundin, die sich in Neffs Wohnung versteckt hielt, mit durchzubringen.

Nach dem Krieg spielte Zilcher dann erst am Wiener Volkstheater und kam schließlich an das Burgtheater, zu dessen Ensemble sie bis 1986 angehörte, und wo sie zur Kammerschauspielerin ernannt wurde. Sie unterrichtete außerdem am Max-Reinhardt-Seminar. Nach ihr wurde die Eva-Zilcher-Gasse in Wien benannt.

Eva Zilcher in dem Fernsehfilm "Schloßpension Fürstenhorst", Deutschland 1965, Regie: Sam Besekow Bildrechte: IMAGO / United Archives

Marie von Ebner-Eschenbach: Der gute Mond

Die Erzählung "Der gute Mond" erschien zuerst 1886 in den "Neuen Dorf- und Schlossgeschichten". Der "gute Mond", so wird Franz genannt, er trägt genau den gleichen Namen wie sein Vetter. Während dieser aber von seinen Eltern schon von früh auf verwöhnt und verhätschelt wird, verliert der "gute Mond" seine Eltern und muss lernen, auf eigenen Beinen zu stehen. Er hat deshalb eine nüchterne, aufs Praktische gerichtete Art, während der Vetter Verse macht und darüber hinaus launenhaft und unstet ist.

Diese Lesung steht bis zum 21. Mai online

Marie von Ebner-Eschenbach: Krambambuli

Für zwölf Flaschen Branntwein verkauft ein Wilderer seinen treuen Jagdhund Krambambuli an einen Revierjäger. Mühsam macht der neue Herr sich den Hund gefügig. Als der Wilderer und der Jäger wieder aufeinandertreffen, stellt sich Krambambuli zerrissenen Herzens zwischen die beiden ...

Diese Lesung steht bis zum 22. Oktober online

Angaben zur Sendung

MDR KULTUR Klassikerlesung
02.04. - 19.04. 2024
Marie von Ebner-Eschenbach: Božena (14 Folgen)
Produktion: ORF 1986
Gelesen von Eva Zilcher

Sendung im Radio: 02.04. - 19.04. 2024 | Montag bis Freitag 15:10 Uhr

Die Lesung Božena steht hier bis zum 18. Mai 2024 zum Hören bereit.
Die 14 im Radio ausgestrahlten Folgen sind online in 7 längere Teile zusammengefasst.
Bei der Lesung handelt es sich um eine gekürzte Fassung des Romans.

Außerdem in der Klassikerlesung mit Werken von Marie von Ebner-Eschenbach:

"Der gute Mond"
Sendung im Radio in 5 Folgen: 22.04. - 26.04. 2024
Produktion: NDR 1966
Gelesen von Hugo R. Bartels
Die Lesung steht hier bis zum 25. Mai 2024 zum Hören bereit.

"Krambambuli"
Sendung im Radio in 2 Folgen: 29.04. - 30.04. 2024
Produktion: Rundfunk der DDR 1957
Gelesen von Rudolf Wessely
Die Lesung steht hier bis zum 30. Oktober 2024 zum Hören bereit.

Mehr Hör-Erlebnisse

Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR Lesezeit | 02. April 2024 | 15:05 Uhr