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Marlene ist aktuell in ihrem zweiten Ausbildungsjahr als Maßschneiderin an den Bühnen Halle. Bildrechte: Anneke Selle

Berufe im PorträtTraumberuf Nähen: Maßschneiderin am Theater werden

13. Februar 2024, 15:00 Uhr

Am Theater übernimmt die Maßschneiderin eine der wichtigsten Aufgaben hinter den Kulissen: Sie näht die verschiedensten Kostüme für die Schauspieler*innen. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um einen Ausbildungsplatz als Maßschneiderin zu bekommen, wie läuft die Ausbildung ab, und worauf kommt es im Beruf an? Hier alle Infos zu Gehalt, Bewerbung und Berufschancen als Maßschneiderin auf dem Arbeitsmarkt.

von Anneke Selle, MDR KULTUR

Kostüme selbst herzustellen war schon sehr früh ein Traum von Marlene – der jetzt an den Bühnen Halle mit der Ausbildung zur Maßschneiderin in der Fachrichtung Damen wahr werden kann. Ihr Interesse wurde schon in der Grundschule geweckt: "Die Lehrerin hat eine Nähmaschine mitgebracht, und ich fand es super faszinierend." Zuerst dachte sie an Modedesign – bis sie in der siebten Klasse einen Nähkurs an der Volkshochschule belegte und ihr die Lehrerin sagte, die beste Ausbildung in diesem Bereich bekomme sie am Theater.

Was macht eine Maßschneiderin?

Wer sich einmal mit der Thematik beschäftigt, dem wird klar: Es gibt nicht nur einen Beruf im Bereich Kostüm am Theater. Es gibt die Gewandmeister*innen, die für die praktische Umsetzung der Entwürfe sorgen. Die Entwürfe kommen wiederum nach Absprache mit anderen Bereichen von den Kostümbilder*innen. Fertig genäht wird das Ganze von den Maßschneider*innen. Angezogen werden die fertigen Produkte von den Garderobieren. Nicht zu vergessen sind auch Modist*innen, Schuhmacher*innen oder Rüstmeister*innen.

Maßschneider*innen machen natürlich vor allem eines: nähen. Sie müssen eine Vielzahl an verschiedenen Stücken fertigen können. Von historischen Bekleidungen, Corsagen, Ballettkleidung bis hin zu Fantasie- und Tierkostümen verschiedenster Stilrichtungen ist alles dabei. Natürlich fallen auch kleine Reparaturarbeiten oder Änderungen in das Aufgabengebiet.

An der Nähmaschine verbringt Marlene als angehende Maßschneiderin viel Zeit – auch privat. Bildrechte: Anneke Selle

Welche Fähigkeiten und Qualifikationen brauche ich als Maßschneiderin?

Bei den Maßschneider*innen ist es wie bei vielen anderen Berufen im Theater – die Ausbildungsplätze sind rar und heiß begehrt. Bei einem Probearbeiten an der Oper Leipzig hat Marlene gesagt bekommen, dass knapp 200 Bewerbungen auf zwei Plätze eingegangen sind. Gerade weil sich so viele bewerben, müsse man die Ausbildung zur Maßschneiderin wirklich wollen. "Und das müssen die anderen auch spüren", sagt Marlene. Dafür müsse man unter anderem auch bereit sein, sich deutschlandweit zu bewerben. Selbstverständlich müssen Bewerber*innen auch das Interesse an jeder Art von Kleidung und das handwerkliche Geschick mitbringen.

Marlene hat vor der Bewerbung als Maßschneiderin noch ein Praktikum in einem Modeatelier gemacht – das habe ihr auch nochmal gezeigt, dass der Beruf gut zu ihr passe. Das ist jedoch keine Voraussetzung. Sie hat von anderen Häusern auch schon gehört, dass sie lieber jemanden nehmen, der noch nicht so viel Erfahrung hat.

Wie und wo kann ich den Beruf Maßschneiderin erlernen?

Den Beruf Maßschneiderin kann man sowohl im Theater als auch im Handwerk erlernen. Wer sich auf den Theaterbereich vorbereiten möchte, nach einer Ausbildung im Handwerk, kann eine einjährige Fortbildung machen. Auch wenn man im Bereich Film und Fernsehen arbeiten möchte, kann eine Ausbildung am Theater laut Marlene sinnvoll sein, denn: "Das sind teilweise auch ähnliche Kleidungsstücke, die hergestellt werden."

Eine Bewerbung als Maßschneiderin kann zum Beispiel bei der Kostümabteilung der Sächsischen Staatstheater in Dresden (Semperoper und Schauspielhaus), bei den Bühnen Halle, beim Deutschen Nationaltheater in Weimar und der Oper Leipzig abgegeben werden. Oft lohnt es sich auch direkt bei den Häusern nachzufragen.

Zur Ausbildung einer Maßschneiderin gehört auch, verschiedenste Techniken für die Herstellung von Knöpfen zu lernen. Bildrechte: Anneke Selle

Wie läuft die Ausbildung zur Maßschneiderin ab?

Die Ausbildung zur Maßschneiderin dauert in der Regel drei Jahre und gliedert sich in den praktischen und schulischen Teil. In der Schule werden zum Beispiel das Ausführen von Näh- und Teilarbeiten, Planen und Vorbereiten von Arbeitsabläufen sowie das Durchführen von qualitätssichernden Maßnahmen besprochen. Vor Ende des zweiten Jahres gibt es eine Zwischenprüfung, am Ende der Ausbildung findet eine Gesellenprüfung statt.

Die meiste Zeit ist die angehende Maßschneiderin Marlene aber im Theater: "Das ist immer abwechselnd. Ich bin aber meistens vier bis sechs, manchmal sieben Wochen im Theater und rund zwei Wochen in der Schule." Im Theater macht sie vor allem viele Übungssachen: Knopflöcher, Paspeltaschen und so weiter. Dabei profitiert sie von den verschiedenen Erfahrungen der Schneiderinnen um sie herum. Damit sie sich alles merken kann, schreibt sie alles in ihr Notizbuch und fertigt kleine Skizzen an.

Vor allem die viele Praxis hat Marlene von der Ausbildung zur Maßschneiderin überzeugt. Außerdem hat sie die Chance, auch in andere Bereiche am Theater reinzuschnuppern. Das war ihrer Ausbilderin ganz wichtig. Dass sie sich nochmal für einen anderen Beruf interessiert, ist für sie ausgeschlossen. "Ich habe meine Traumausbildung gefunden", sagt sie.

Ausbildung als Maßschneiderin: Marlene lernt das Nähen von Schachbrettmustern an Knopflöchern. Bildrechte: Anneke Selle

Wie wird die Ausbildung zur Maßschneiderin bezahlt?

Als Maßschneiderin bekommt man im ersten Ausbildungsjahr ca. 700 Euro, im zweiten Jahr ca. 800 Euro und im dritten Jahr ca. 950 Euro.

Welches Gehalt erwartet mich später als Maßschneiderin?

Das Gehaltsniveau ist unter anderem davon abhängig, ob man als Maßschneiderin freiberuflich arbeitet oder eine Festanstellung hat. Als Richtwert kann man jedoch von einem Einstiegsgehalt von ca. 2.500 Euro ausgehen.

Wie sind die Arbeitszeiten als Maßschneiderin? Gibt es Teilzeitmodelle?

Bei einer Anstellung als Maßschneiderin am Theater sind die Arbeitszeiten in der Regel die "typischen", wie z.B. auch bei einem regulären Bürojob mit einer 40-Stunden-Woche. Gerade an größeren Häusern wird das Ankleiden der Schauspieler*innen während der Aufführung nicht von den Maßschneider*innen, sondern von den Garderobieren übernommen. Aus diesem Grund muss nicht abends oder am Wochenende gearbeitet werden. Es gibt auch die Möglichkeit, als Maßschneiderin in Teilzeit zu arbeiten.

Nach ihrer abgeschlossenen Ausbildung möchte Marlene als Maßschneiderin erstmal am Theater bleiben. "Drei Jahre sind viel, aber fürs Lernen viel zu wenig", sagt sie. Von anderen aus der Freiberuflichkeit hat sie gehört, dass sie dort teilweise unregelmäßigere und längere Arbeitszeiten haben. Außerdem ist es manchmal schwerer, Urlaub einzuplanen. Das Theater bietet laut Marlene als Maßschneiderin mehr Sicherheit und Stabilität.

Wie gefragt sind Maßschneider*innen? Welche Chancen auf dem Arbeitsmarkt habe ich?

Am Theater gibt es für Maßschneider*innen natürlich immer nur eine begrenzte Anzahl an Stellen, die besetzt werden können. Aber gerade durch die Möglichkeit, sich selbstständig zu machen oder auch im Film und Fernsehen zu arbeiten, gibt es verschiedene Optionen.

Know-How einer Maßschneiderin: Die genähte Halskrause gehört zu einem historischen Kostüm am Theater. Bildrechte: Anneke Selle

Wie sieht ein typischer Arbeitstag einer Maßschneiderin aus?

Der typische Arbeitsalltag einer Maßschneiderin besteht aus Nähen – ansonsten gibt es laut Marlene keine festen Abläufe. Die Maßschneider*innen bekommen von den Gewandmeister*innen Aufgaben. Kleidungsstücke gehen in die Anprobe und kommen für Änderungen wieder zurück. Einmal im Monat treffen sich alle für eine Besprechung der neuen Stücke. Da wird auch geschaut, ob Dinge aus dem Fundus verwendet werden können. "Wir wollen auch nachhaltiger sein. Deswegen schauen wir, ob es Sachen gibt, die wir abändern können", sagt Maßschneiderin Marlene. Neuanfertigungen braucht es aber für bestimmte Stücke trotzdem. Vor allem, wenn etwas Besonderes gewünscht ist.

Für wen eignet sich der Beruf Maßschneiderin? Für wen eher nicht?

Aktuell gibt es Marlenes Erfahrung nach vor allem Frauen in dem Beruf als Maßschneiderin. Aber: "Ich denke, das Geschlecht hat überhaupt keinen Einfluss", so Marlene. Nicht geeignet ist der Beruf Maßschneiderin laut ihr vor allem für Menschen ohne Fingerfertigkeit und Menschen, die schnell aufgeben und bei Fehlern verzweifeln. Man darf als Maßschneiderin kein Problem damit haben, die Nähte wiederholt auftrennen zu müssen, dazu braucht es Langmut. Ein großes Interesse daran, Kleidung herzustellen, ist selbstverständlich. In ihrer Freizeit näht Marlene auch gerne Klamotten für sich, ihre Familie und Freunde.

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Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | "Fakt ist" - Fachkräftemangel und Nachwuchssorgen im Handwerk | 11. September 2023 | 22:10 Uhr