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Die Operninszenierung von "Alice im Wunderland" wurde in Magdeburg recht unterschiedlich aufgenommen. Bildrechte: Andreas Lander

Von Begeisterung bis AblehnungWarum die Oper "Alice im Wunderland" in Magdeburg kontrovers diskutiert wird

16. Mai 2023, 12:15 Uhr

Eine etwas andere Art von Oper gibt es aktuell in Magdeburg zu erleben: Am dortigen Opernhaus wird "Alice im Wunderland" gespielt. Die Inszenierung nach dem Roman von Lewis Carroll ist mit 60-minütiger Spielzeit nicht nur außergewöhnlich kurz, sondern auch hinsichtlich Musik, Kostümen und Bühnenbild keine klassische Oper. Beim Premierenpublikum kam dieses moderne Musiktheater sehr unterschiedlich an. Während besonders ältere Besucherinnen und Besucher das Opernhaus mitunter am liebsten vorzeitig verlassen hätten, waren jüngere Gäste begeistert. Kevin Poweska hat sich nach der Premiere beim Publikum umgehört.

von Kevin Poweska, MDR

Große Arien, wie man sie aus klassischen Operninszenierungen kennt – Fehlanzeige. "Alice im Wunderland" präsentiert sich den Zuschauerinnen und Zuschauern mit viel Tempo: Von flotter Musik der Magdeburgischen Philharmonie über schnellen Gesang der Darstellerinnen und Darsteller mit jeweils neuen Kostümen im Minutentakt bis hin zu einem sich stetig ändernden Bühnenbild.

Auch humorvolle Parts haben das Publikum bei der Premierenfeier das ein oder andere Mal zum Lachen gebracht. Alles zusammen in gerade einmal 60 Minuten. Zum Vergleich: Einzelne Akte bei anderen Opern dauern zum Teil jeweils 1,5 Stunden. Gerade deswegen hatten sich auch einige jüngere Besucherinnen und Besucher der Oper angesprochen gefühlt.

Lob und Kritik nach Premiere von "Alice im Wunderland"

"Wenn es eine Pause gegeben hätte, wären wir gegangen", so beschreibt eine ältere Dame kurz nach der Vorstellung ihr Opernerlebnis bei der Premiere von "Alice im Wunderland" im Opernhaus in Magdeburg. "Anstrengend" – bei Musik und Gesang, so begründete sie ihr kritisches Urteil. Sie selbst beschreibt sich als traditionelle Operngängerin. Sie habe deshalb auch eine andere Erwartung an eine Oper: Acht bis zehn Akteure auf der Bühne aus ihrer Sicht bei einer Inszenierung zu wenig.

Bühnenbild und Musik wurden von einigen Zuschauerinnen und Zuschauern gelobt – von anderen kritisiert. Bildrechte: Andreas Lander

"Schönes Bühnenbild, angenehme Musik – auch wenn sie sehr verrückt war – mir hat's gefallen", erklärte ein Mann Mitte 30 nach der Premierenaufführung. Er sei das erste Mal in einer Oper gewesen, sonst würde er eher in Clubs oder auf Konzerte gehen. "Aber, weil ich ein bisschen älter werde, muss ich mich so ein bisschen umgestalten", erklärt er.

Weitere Stimmen zur Premiere

Eine jüngere Dame, die zum ersten Mal in der Oper war: "Genauso chaotisch wie es beschrieben wurde – aber ein Feuerwerk an Farben und Bühnenshow."

Ein älterer Herr, der sich als erfahrenen Operngänger beschreiben würde: "Es war mal ein moderner Ansatz an Oper, der meine Erwartungshaltung als ,Old-Fashion-Operngänger' nicht so getroffen hat."

Ein älterer Herr, der sich als erfahrenen Operngänger beschreiben würde: "Sehr interessant – war erfrischend."

Es ist insgesamt ein gemischtes Feedback im Nachgang der Premierenaufführung und gleichzeitig der deutschen Erstaufführung von Alice im Wunderland. 

"Dieses Werk funktioniert wie eine Geisterbahn", so beschreibt Julien Chavaz, der Intendant des Theaters in Magdeburg, die Oper. "Man sitzt und schnallt sich an und erlebt eine Stunde lang verrückte, elektrisierende Bilder", erklärt Chavaz weiter. Der Intendant zeigt sich stolz mit Blick auf die Inszenierung. Die Oper funktioniert für ihn auch ohne Einführung, eine aufbauende Entwicklung im Stück oder große Arien.

Intendant Julien Chavaz setzt auf Vielfalt der Oper

"Es ist was Ungewöhnliches, was die Puccini- und Mozart-Liebhaber erst einmal verstehen müssen", meint Julien Chavaz. Für den Intendanten ist Alice im Wunderland ein neuer Weg, Musiktheater zu machen. "Das ersetzt nicht Mozart oder Puccini – das bewegt die Grenzen des Musiktheaters nach vorne", erklärt er.

Alles andere als eine traditionelle Operninszenierung: "Alice im Wunderland". Bildrechte: Andreas Lander

Der Intendant stellt klar, dass er die Sichtweise der traditionellen Operngänger verstehen und nachvollziehen kann. Für ihn steht aber auch fest, dass es eben nicht nur die eine Zukunft in der Oper gibt – sei es klassisch oder modern: "Es gibt viele Zukünfte und auch Alice im Wunderland als Musiktheater ist eine Lösung davon."

Angaben zum Stück

Alice im Wunderland
Oper von Gerald Barry
Libretto vom Komponisten nach Lewis Carroll
Deutsch von Christian Poewe
Deutschsprachige Erstaufführung
Ab 10 Jahren

Musikalische Leitung: Jérôme Kuhn
Regie: Julien Chavaz
Bühne Anneliese Neudecker
Kostüme Severine Besson
Masken Julia Kreuziger
Dramaturgie Ulrike Schröder

Alice: Alison Scherzer
Rote Königin, Herzkönigin, u.a.: Emilie Renard
Weiße Königin, Schlafmaus, u.a.: Sarah Alexandra Hudarew
Weißer König, Hutmacher, u.a.: Adam Temple-Smith
Märzhase, Dideldei, u.a.: Adrian Dwyer
Weißer Ritter, Grinsekatze, u.a.: Doğukan Kuran
Humpty Dumpty, Herzkönig, u.a.: Stefan Sevenich
Magdeburgische Philharmonie

Premiere Sa., 6. Mai 2023, 19.30 Uhr, Opernhaus, Bühne
Weitere Vorstellungen 14./19./27.Mai, 4. Juni 2023

Redaktionelle Bearbeitung: Lilly Günthner

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Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT | 12. Mai 2023 | 09:30 Uhr