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Täglich um 6:20 und 9:20 Uhr gibt es bei MDR THÜRINGEN - Das Radio "Augenblick mal", das Wort zum Tag. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Wort zum TagAugenblick mal

19. September 2024, 08:17 Uhr

Täglich 6:20 und 9:20 Uhr hören Sie bei MDR THÜRINGEN - Das Radio "Augenblick mal", das Wort zum Tag. In dieser Woche spricht es Uwe Heimowski von der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde aus Gera.

Freitag, 20. September: Der Ernst des Lebens

"Jetzt beginnt der Ernst des Lebens“. Sicher kennen Sie diesen Satz. Meine Frau ist damit aufgewachsen. Sie bekam es zu hören, als sie eingeschult wurde, als sie ihre Ausbildung begann, als sie mich heiratete, als sie mit dem ersten Kind schwanger wurde.

Nun ist es für unsere zweitjüngste Tochter so weit: Sie wird ihr Studium beginnen und in eine fremde Stadt ziehen. Was da alles zu bedenken ist: Einschreibetermin einhalten, Krankenkasse ummelden, ein WG-Zimmer suchen, den BAföG-Antrag pünktlich einreichen. Echt stressig, definitiv fängt für sie der Ernst des Lebens an.

Woher sie da die Zeit für einen Kurztrip nach Prag findet, und die Muße zum ausgiebigen "Chillen“ mit ihren Freundinnen. Mama und Papa scheinen da mitunter weniger stressresistent als ihre Tochter. Bei einer Dienstberatung stöhne ich (ein wenig nur, natürlich). Meine junge Kollegin sieht mich verwundert an. "Wo ist dein Problem?“ Mir rutscht die Floskel raus: "Naja, jetzt beginnt der Ernst des Lebens, den darf man auch gerne ernst nehmen.“ Sie lächelt mich an. "Ach so, und einen guten Ausgleich zu finden zwischen Arbeit und Entspannung, hat für dich nichts damit zu tun, dem Ernst des Lebens wirklich gerecht zu werden? Das kann man doch gar nicht früh genug lernen. Steht glaube ich auch in der Bibel.“

Wo sie Recht hat, hat sie Recht, denke ich. Heute Abend, am Freitag beginnt nach jüdischer Tradition der Sabbath, der Ruhetag. Auch er gehört zum Ernst des Lebens.

Donnerstag, 19. September: Eine Zuflucht

Ein schöner Tag liegt hinter uns. Urlaub. Viel Sonne, ein langer Spaziergang am See. Nun herrscht eine herrlich entspannte Abendstimmung. Plötzlich ziehen Gewitterwolken auf. Auf die sanften ersten Tropfen folgt mit einem Donnerknallen ein Wolkenbruch, Hagelkörner krachen auf die Straße. Wo auf die Schnelle einen Unterschlupf finden?

Die Kirchturmspitze lässt hoffen, meine Frau und ich sprinten durch das Unwetter. Und tatsächlich: Eine offene Tür erwartet uns. Die kleine Kirche bietet uns Schutz. Wir schütteln uns - und langsam gewöhnen sich unsere Augen an das Zwielicht.

Wir sind in einem Traum von Kirche gelandet. Klein, eher eine Kapelle als eine Kathedrale. Weiß getüncht, mit schlichten Holzbänken. Und mit einer über 1.000-jährigen Geschichte, wie wir auf einer Tafel lesen. Ehrfürchtig fragen wir uns, wie viele Gewitter diese Mauern schon überstanden haben. Wie viele Menschen hier wohl getauft wurden, getraut oder zu Grabe getragen?

Und auch im übertragenen Sinne ist diese Kirche ein Traum: "So sollte Kirche sein", denke ich. Kirche sollte eine Zuflucht bieten in den Stürmen der Zeit. Wenn die Schicksalsschläge auf uns niederhageln, brauchen wir das: Einen Ort, an dem wir zur Ruhe kommen können. Einen Ort, der uns an die Geschichte Gottes mit den Menschen erinnert. Eine Konstante, die die Zeiten überdauert. Einen Gott, der in jeder Generation wieder neu gnädig auf uns wartet.

Das Gewitter ebbt so schnell ab, wie es aufgezogen ist. Die Erfahrung aus dieser Kirche begleitet uns noch lange.

Mittwoch, 18. September: "Ein Herz für hoffnungslose Fälle"

Allzu oft werde ich nicht zu einem 155. Geburtstag eingeladen. Aber im August ergab sich die Gelegenheit. Ein väterlicher Freund wird in diesem Jahr 80. und seine Frau 75 Jahre alt.  

Um diese beiden und das Leben selbst zu feiern, haben ihre Kinder nach Mecklenburg eingeladen, viele Freunde und Weggefährten sind gekommen. Ein schönes Fleckchen Erde, das die Jubilare sich ausgesucht haben. Ruhig und beschaulich, so lässt sich der Ruhestand verbringen. Besonders, wenn das Leben, das hinter einem liegt, alles andere als ruhig verlaufen ist.

Mein Freund Uve war Pastor und leitete viele Jahre eine Therapieeinrichtung für suchtkranke Menschen und ehemalige Strafgefangene. Sein Motto ist: "Bei Gott gibt es keine hoffnungslosen Fälle."

Wie kam er dazu? Selber in einem gewalttätigen Elternhaus aufgewachsen, wurde der Baum von einem Mann schon als Jugendlicher kriminell. Nach einem ersten Aufenthalt im Gefängnis schien der Weg vollends auf die schiefe Bahn vorgezeichnet.

Doch dann lernt er Christen kennen, die ihm neue Hoffnung geben, er findet zum Glauben - und ändert sein Leben schlagartig. Er lernt seine Frau kennen, macht eine Ausbildung zum Krankenpfleger und besucht eine Bibelschule. Er wird Pastor, Seelsorger und später Leiter des Reha-Zentrums. Sein Leben lang gibt er das Gute weiter, das er selbst empfangen hat.

So möchte ich auch einmal meinen 80. Geburtstag feiern: Umgeben von Menschen, die ich mit Hoffnung anstecken konnte.

Dienstag, 17. September: Die Beatus Höhlen

Im Juli machten wir als Familie Urlaub im Berner Oberland und besuchten die Beatus Höhlen am Thuner See. Ein überwältigendes Erlebnis. Wasserfälle fließen wie aus dem Nichts ins Tal. Hinter den Wasserfällen kann man einen knappen Kilometer weit in die Berge steigen.

Über Jahrtausende hat sich hier das Wasser durch das Gebirge gespült. Wunderschöne Grotten und Tropfsteinformationen sind entstanden. Wir hören das Plätschern der Wasserläufe mitten in den Felsen. Was für eine Kraft sie haben. Wasser ist Leben, das spürt man hier einmal mehr.

Beeindruckend auch: Die Betreiber nutzen den Ort, um auf die Wasserknappheit in vielen Teilen der Welt hinzuweisen. Große Schilder informieren: Alleine 700 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, die meisten davon leben in Afrika. Man kann direkt über einen QR-Code für eine Organisation spenden, die Projekte zur Wasserversorgung entwickelt. Stark!

In der Entwicklungszusammenarbeit sind verschiedene Bereiche definiert, die man auch Sektoren nennt, etwa Ernährung, Bildung, Gesundheit - oder eben WASH: Wasser, Abwasser, Sanitärversorgung und Hygiene. Wer hier investiert, rettet Menschenleben.

Und so erleben wir etwas Wichtiges an diesem Tag am Thuner See: Wir sind überwältigt von der Schönheit der Wasserfälle und der Höhlen im Inneren der Berge. Wir staunen über die Schöpfung Gottes. Und eben dieses Staunen lässt uns gerne teilen mit denen, die nicht so reich sind, wie wir.

Montag, 16. September: Der Wein im Garten

Beruflich bin ich viel unterwegs. Oft predige ich sonntags in verschiedenen Kirchen. Als Dankeschön bekomme ich manchmal ein Geschenk: Ein Buch oder einen Präsentkorb, gelegentlich eine Flasche Wein. Einmal war der Wein mit einer Weinrebe verziert, deren Wurzelwerk in einem Topf steckte. Zuhause pflanzten wir sie an eine sonnige Stelle in unserem Garten.

Bald trieb der Wein aus und schlängelte sich den Holzzaun empor. Das ist mal gerade vier Jahre her. In diesem Sommer fahren wir eine reiche Ernte ein: Pralle Trauben mit süßen weißen Beeren. Unfassbar lecker. Während ich eine Handvoll pflücke und versonnen das herrliche Aroma genieße, kommen mir Worte aus der Bibel in den Sinn:

"Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben" sagt Jesus Christus und fährt fort: "Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reichlich Frucht."

Was für ein schönes Bild: Unser Leben kann Früchte tragen. Das, was wir sind und das, was wir tun, wächst weit über unser eigenes Leben hinaus. Jedes gute Wort kann Resonanz finden in Menschen, die wir ermutigen. Jede gute Tat findet ein Echo bei denen, die sich ein Beispiel daran nehmen.

Und dabei müssen wir eigentlich nur das weitergeben, was wir selbst empfangen, haben: Von Gott, dem Schöpfer des Lebens, in dem wir fest verwurzelt sind. Von Jesus Christus, dessen Menschenfreundlichkeit in uns Gestalt gewinnen möchte. Und je reifer wir werden, desto köstlicher können diese Früchte sein.

Sonntag, 15. September: Zugehörigkeit

Zuerst hört man sie. Ihr glockenhelles, ansteckendes Lachen. Dann sieht man sie. Zimtfarbene Haut, wie sie selber es nennt, haselnussbraune Augen, schwarze Haare mit frechen blauen Strähnchen. Himali McInnes, was sie ausstrahlt, ist Lebensfreude pur. Die Ärztin ist in Sri Lanka geboren, heute lebt sie mit ihrem Mann Ian in Neuseeland.

"Jeden Tag werde ich mindestens einmal gefragt, wo ich herkomme", erzählt sie nüchtern und reflektiert, "manchmal ist das reine Neugierde, so wie man mich fragt, was ich beruflich mache - aber manchmal spüre ich sehr deutlich, dass der Fragende mir zu verstehen geben will: Deine Hautfarbe macht dich anders, du bist nicht wie wir, du gehörst nicht zu uns."

Ich frage nach: Wie schaffen wir es, Mensch, die "fremd" aussehen oder nicht den Normen der Gesellschaft entsprechen, ein Gefühl von Zugehörigkeit zu vermitteln?

Himali antwortet bedacht: "Es wird nicht immer gelingen. Für Christen gilt: Indem wir die Menschen so sehen, wie Gott sie sieht: Sie sind seine Geschöpfe, er liebt sie. Und wenn ich einen Menschen liebe, dann stecke ich ihn nicht in eine Schublade, sondern höre ihm zu, versuche ihn zu verstehen."

"Ich bin zuversichtlich, dass wir als Gesellschaft Vorurteile und Stereotypen überwinden werden, wenn wir die unterschiedlichen Geschichten der anderen anhören. Jeder gehört dazu, als Mensch, nicht als Etikett", sagt sie, und lässt wieder ihr ansteckendes Lachen ertönen. Wer wollte darauf verzichten?

Uwe Heimowski- 1964: geboren in Niedersachsen und aufgewachsen in Nordfriesland
- 1990: Abschluss der Ausbildung zum "Staatlich anerkannten Erzieher"
- 1993: Studium der Theologie an der Uni Hamburg
- 1996: Geburt der Tochter Melissa, 1998: Florian, 2001: Talitha, 2003: Savina, 2009: Livia
- 2001 bis 2016: Pastor der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Gera
- Seit Oktober 2016: Beauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz beim Deutschen Bundestag

MDR

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Johannes und der Morgenhahn | 20. September 2024 | 06:20 Uhr

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