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Schuldneratlas 2022Zahl überschuldeter Menschen weiter gesunken

15. November 2022, 21:27 Uhr

Nirgendwo in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind so viele Menschen in akuter finanzieller Not wie in Halle. Hier sind rund 15 Prozent aller Erwachsenen von Überschuldung betroffen. Insgesamt sind die Überschuldungsquoten laut dem neusten "Schuldneratlas" in allen drei Ländern gegenüber dem Vorjahr allerdings gesunken. Doch der Trend könnte sich wegen Inflation und Energiepreisen sehr bald wieder umkehren.

  • Im Dreiländervergleich leben in Sachsen-Anhalt gemessen an der Bevölkerungszahl die meisten überschuldeten Menschen. Die Stadt Halle gehört mit ihren Einwohnerinnen und Einwohnern sogar zu den zehn überschuldetsten Regionen Deutschlands.
  • Sachsen landet im aktuellen Schuldneratlas im bundesweiten Mittelfeld, Thüringen ist sogar unter den Top 3 der Bundesländer, in denen die wenigsten überschuldeten Privatpersonen wohnen.
  • Bundesweit ist die Zahl der überschuldeten Menschen gesunken. Laut Finanzexperten liegt das an der Corona-Pandemie. Wegen der Energiekrise könnte sich der positive Trend 2023 aber wieder umkehren.

In Halle sind 15,1 Prozent aller Erwachsenen so hoch verschuldet, dass sie offene Zahlungsverpflichtungen nicht mehr begleichen können. Nirgendwo sonst in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen ist der Anteil überschuldeter Menschen so hoch wie in der Saalestadt. Das geht aus dem am Dienstag veröffentlichten "Schuldneratlas Deutschland 2022" der Wirtschaftsauskunftei Creditreform hervor.

Auch bundesweit landet Halle im Schuldneratlas unter allen Kreisen und kreisfreien Städten auf einem der hinteren Plätze: auf Rang 393 von insgesamt 401. Damit gehört die Stadt zu den zehn überschuldetsten Regionen Deutschlands. Absolutes Schlusslicht ist Bremerhaven mit einer Überschuldungsquote von knapp 19,7 Prozent.

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Sachsen-Anhalt auf vorletztem Platz in Deutschland

Unter den mitteldeutschen Ländern leben in Sachsen-Anhalt gemessen an der Bevölkerungszahl die meisten überschuldeten Privatpersonen, ihr Anteil liegt bei rund 11,2 Prozent der Erwachsenen. Im Ländervergleich schneidet nur Bremen noch schlechter ab. Dennoch zeichnet sich der Wirtschaftsauskunftei zufolge in Sachsen-Anhalt ein positiver Trend ab: Die Zahl hoch verschuldeter Menschen ist demnach gesunken. So seien zum 1. Oktober rund 208.380 Verbraucher im Land überschuldet gewesen und damit etwa 8.200 weniger als noch im Vorjahr. Die geringste Überschuldungsquote hat mit 9,1 Prozent übrigens der Landkreis Börde.

Sachsens Überschuldungsquote im bundesweiten Mittelfeld

Auch in Sachsen ist die Zahl der überschuldeten Verbraucherinnen und Verbraucher binnen Jahresfrist gesunken. Insgesamt waren im Freistaat laut Schuldneratlas 290.000 Menschen betroffen, 14.000 weniger als im Jahr zuvor. Mit einer Überschuldungsquote von 8,5 Prozent liegt der Freistaat im bundesweiten Mittelfeld. Am besten steht der Wirtschaftsauskunftei zufolge in Sachsen der Landkreis Erzgebirge mit einer Quote von 6,8 Prozent da, am schlechtesten die Stadt Chemnitz mit 10,8 Prozent.

Thüringen: die wenigsten überschuldeten Menschen in Mitteldeutschland

Die wenigsten Menschen sind im mitteldeutschen Vergleich in Thüringen stark verschuldet. Die Überschuldungsquote dort bei 8,1 Prozent. Nur Bayern und Baden-Württemberg haben der Erhebung zufolge noch geringere Quoten. Bis 1. Oktober konnten in Thüringen laut Schuldneratlas rund 150.000 Menschen ihre finanziellen Verpflichtungen nicht mehr bedienen, etwa 5.000 weniger als 2021. Mit einer Überschuldungsquote von 4,9 Prozent leben in Jena am wenigsten stark verschuldeten Personen. Die Stadt landet damit bundesweit auf Platz 25 unter den 401 Kreisen und kreisfreien Städten. Schlusslicht in Thüringen ist die Stadt Gera mit elf Prozent.

Die gute Nachricht: In allen Kreisen der mitteldeutschen Länder ging die Quote dieses Jahr zurück. In der Stadt Leipzig sank die Überschuldung am stärksten. Im thüringischen Gera konnten die Haushalte ihre Schulden dagegen kaum senken.

Schuldneratlas: Überschuldung in ganz Deutschland zurückgegangen

In ganz Deutschland sind rund 8,5 Prozent aller Erwachsenen in akuten finanziellen Nöten. Bremen hat die höchste Quote (12,5 Prozent), Bayern die niedrigste (6,1 Prozent). Nicht nur in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, sondern auch bundesweit sank die Zahl überschuldeter Verbraucher dieses Jahr, und zwar um 274.000 auf 5,9 Millionen Menschen. Dies sei der niedrigste Wert seit Beginn der Auswertungen im Jahr 2004.

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Der bundesweite Rückgang der Zahl überschuldeter Verbraucher und Verbraucherinnen ist laut Wirtschaftsauskunftei zu einem Teil auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. Staatliche Hilfsprogramme, eingeschränkte Konsum-Möglichkeiten und eine Zurückhaltung beim Ausgeben von Geld hätten die Überschuldungsquote sinken lassen. Auch würden die Verbraucher wegen der hohen Energiepreise bei den Konsumausgaben sparen.

Überschuldungen könnten wegen Energiekrise wieder ansteigen

Doch werden Inflation und Energiepreise nach Ansicht von Creditreform zugleich auch eine Trendwende einläuten: So drohe vielen Verbrauchern spätestens 2023 ein "Nachzahlungsschock" bei den Energie- und Heizkosten, so die Finanzexperten. Die Folge dürfte ein Anstieg der Zahlungsausfälle sein, die zum Teil direkt in die Überschuldung führen, erklärte ein Sprecher von Creditreform am Dienstag.

"Wir fürchten in den kommenden Monaten eine Trendwende. Die in der Corona-Krise angehäuften Sparguthaben sind vielfach schon wieder aufgebraucht", erklärte auch Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform. Das treffe vor allem Geringverdiener, die auch in normalen Zeiten nicht viel auf die Seite legen könnten.

Mehr zum Thema: Schulden und Geld sparen

dpa, MDR (Leonhard Eckwert, Daniel Salpius)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 15. November 2022 | 15:00 Uhr

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