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GesundheitArzneimittel-Engpässe: Apotheken beklagen bürokratische Hürden

21. Dezember 2022, 11:40 Uhr

Manche Arzneimittel sind in der Apotheke derzeit fast nicht zu haben. Fieber- und Hustensäfte für Kinder zum Beispiel, einzelne Krebsmedikamente oder Antibiotika. Grund dafür sind Lieferengpässe. Importe sind aber unpraktikabel, der bürokratische Aufwand ist zu hoch.

Stefan Fink vom Thüringer Apothekerverband hat mit Medikamenten-Engpässen zu kämpfen. Bildrechte: Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände ABDA

Er weiß gerade gar nicht, wo ihm der Kopf steht. Stefan Fink geht etwas gehetzt ans Telefon. Er ist Vorsitzender des Thüringer Apothekerverbandes und Inhaber der Classic Apotheke Weimar. Sein Geschäft sei ständig voll, mehr als 300 Arzneistoffe könne er derzeit nicht bestellen, seine letzten Fiebersäfte habe er am Montag verkauft.

"Jetzt sind wir Apotheker gefragt. Jetzt müssen wir entweder die Säfte gegen ärztliche Verschreibung herstellen. Oder wir müssen den Patienten anraten, andere Darreichungsformen so zu verwenden, dass sie auch für Kinder funktionieren."

Einkäufe von Arzneimitteln gestalten sich schwierig


Damit meint er, statt Säften Tabletten oder Zäpfchen auszugeben. Könnte Fink die fehlenden Medikamente nicht im Ausland bestellen? Theoretisch schon: "Es ist ein sehr hoher bürkoratischer Aufwand und nur im Einzelfall möglich. Für so ein Massenproblem, dass hier beispielsweise massenweise Fiebersäfte fehlen, ist das nicht gerechtfertigt, diesen Einzelaufwand zu betreiben, weil der Import auch Portogebühren kostet und so weiter."

Und für ein Arzneimittel mit sehr geringen Preisen ist das für eine Krankenkasse ein Unding. Grundsätzlich können Apotheken ein Mittel im Ausland bestellen, wenn es in Deutschland kein Präparat mit vergleichbarer Wirkweise gibt. Für gewöhnlich muss der Patient ein entsprechendes Rezept vorlegen und bei der Krankenkasse die Bestätigung einholen, dass sie die Kosten übernimmt. Im Gegensatz zu Krankenhäusern dürfen Apotheken nicht auf Vorrat importieren.

Hohe Arzneimittelqualität muss gesichert sein

Das hat seine Gründe, erklärt Hubertus Cranz, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller:
"Jedes Arzneimittel benötigt eine Zulassung oder Registrierung. Und dieses System sorgt eben dafür, dass jedes Arzneimittel, das über normale Vertriebsmöglichkeiten in den Markt kommt, erfasst ist, reguliert ist. Und das dient dazu, dass die Arzneimittelsicherheit, die uns allen wichtig ist, sich auch in den Vertriebswegen niederschlägt."

Bei Versorgungsengpässen kann das Bundesgesundheitsministerium aber die Einfuhr eines Medikaments erleichtern. Dann sind zum Beispiel keine Einzelgenehmigungen der Krankenkassen notwendig.

"Gerade in jüngerer Vergangenheit haben wir die Situation gehabt, dass wir bei folinsäurehaltigen Arzneimitteln eine Bekanntmachung hatten, wo eben eine Mangellage festgestellt wurde und wo damit eben ein leichterer Import möglich ist."

Wunsch nach Importerleichterungen bei Engpässen

Auch das Brustkrebsmedikament Tamoxifen darf gerade in größerem Umfang aus dem Ausland eingekauft werden. In Phasen des Mangels wünscht sich Stefan Fink vom Thüringer Apothekerverband aber generell einfachere Regeln für den Import.

"Das wäre sinnhaft, hier innerhalb der EU eine Möglichkeit zu schaffen, dass man bei Engpässen landesweit die Möglichkeit bekommt, Medikamente zu besorgen. Entweder auf Ebene der Apotheken oder eine Ebene darüber. Das haben wir ja unter Corona-Bedingungen erlebt, dass der Staat sich gekümmert hat, die Corona-Impfstoffe zu besorgen." Fürs Erste müssen Fink und seine Mitarbeiter die Fiebersäfte weiter selbst anmischen.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 21. Dezember 2022 | 06:00 Uhr

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