FAQ KlimaschutzgesetzWas die Ampel beim Klimaschutz ändern will – und warum es daran Kritik gibt
Der Bundestag berät am Freitag über den neuen Entwurf des Klimaschutzgesetzes. Darin geht es vor allem um mehr Zusammenarbeit zwischen Verkehr, Industrie und Wirtschaft – Umweltverbände kritisieren jedoch, dass die Bundesregierung sich damit selbst mehr hilft als dem Klimaschutz. Doch was steht eigentlich drin, im Klimaschutzgesetz? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Inhalt des Artikels:
Was ändert sich, was bleibt?
Bisher hatte sich die Bundesregierung immer mit den einzelnen Bereichen Verkehr, Industrie und Landwirtschaft beschäftigt und geschaut, wie viel Treibhausgasemissionen dort jeweils bisher eingespart worden sind. Künftig will man dem Entwurf zufolge bereichsübergreifend schauen, wo welche Maßnahmen wie viel CO2-Einsparpotential haben. Verfehlt die Regierung zwei Jahre in Folge ihre Ziele, muss sie nachbessern – vorher jedoch nicht.
Dabei bleibt das Hauptklimaziel bestehen: Deutschland soll bis 2030 den Ausstoß seiner Treibhausgase um 65 Prozent reduzieren im Vergleich zum Jahr 1990. Zurzeit beträgt die Minderung laut Umweltbundesamt rund 41 Prozent. Bis 2045 will Deutschland laut selbst gestecktem Ziel klimaneutral sein, also nicht mehr Treibhausgase ausstoßen als auch wieder gebunden werden können.
Gibt es zusätzliche Maßnahmen im Gesetz?
Neben der Überarbeitung des Klimaschutzgesetzes hat das Kabinett auch ein Maßnahmenpaket für mehr Klimaschutz beschlossen. Das Programm sieht zahlreiche Maßnahmen vor, darunter viele bereits bekannte oder geplante wie einen Umbau der Lkw-Maut mit einem Aufschlag für den CO2-Ausstoß, den Ausbau erneuerbarer Energien oder eine Förderung des Baus von Radwegen.
Das Programm soll dazu beitragen, dass die Lücke zwischen Klimaziel und Wirklichkeit kleiner wird. Laut der neuen Projektion des Klimaschutzministeriums bleiben bis 2030 nun noch etwa 200 Millionen Tonnen klimaschädlicher Treibhausgase, die noch eingespart werden müssen. Klimaminister Robert Habeck sieht das als großen Fortschritt im Vergleich zur Vorgängerregierung.
Was passiert nach dem Beschluss des neuen Gesetzes?
Nach dem Beschluss im Kabinett ist der Bundestag am Zug. Dieser müsse dafür sorgen, dass das Gesetz wirksam bleibe, mahnte Heike Vesper vom WWF. Falls das nicht funktioniere, bleibe eventuell nur der Weg vors Gericht, sagte Vesper. SPD-Vertreter Miersch versicherte, ein Aufweichen der Klimaziele werde es mit der SPD-Fraktion nicht geben.
Gibt es Kritik für die Änderungen am Gesetzentwurf?
Umweltverbände sehen die Änderungen durchaus kritisch. Für sie sei es eine Abschwächung der ursprünglichen Vorhaben zugunsten der Verantwortlichen aus der Bundesregierung. Das liege vor allem an der Regelung, dass die Regierung bei ihren Maßnahmen erst nachbessern muss, wenn die Ziele zwei Jahre in Folge verfehlt werden. Der Sprecher der Unionsfraktion für Klimaschutz und Energie, Andreas Jung, sagte, die Sofortpflicht zur Nachbesserung sei ursprünglich das Herzstück des Gesetzes gewesen. Nun stehe verlässlicher Klimaschutz auf dem Spiel.
Die Politische Geschäftsleiterin der Klima-Allianz Deutschland, Stefanie Langkamp, sagte mit dem Streichen der verbindlichen Sektorziele kaufe die FDP ihren Verkehrsminister davon frei, seinen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Auch in den eigenen Reihen der Ampelregierung zeigt man sich unzufrieden, so auch die Vorsitzende der Grünen im Ausschuss für Klimaschutz und Energie, Lisa Badum. Sie räumte jedoch ein, dass das Klimaschutzgesetz nach wie vor sichtbar mache, wo noch Einsparpotential bestehe. "Kein Ministerium darf sich darauf verlassen, dass andere die eigene Lücke ausgleichen werden."
Greenpeace dagegen kritisiert das Programm zum Schließen der Klimalücke. Das Maßnahmenpaket sei zu schwach, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Die Geschäftsführerin des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Antje von Broock, verlangte: "Wir brauchen vor Ende dieser Legislatur Sicherheit darüber, wie wir unsere Klimaziele erreichen können."
Warum wird das Gesetz überhaupt noch einmal abgeändert?
Habeck argumentiert, das bisherige Gesetz habe nur auf dem Papier gut ausgesehen. "Keine Sau hat sich daran gehalten", sagte er in der Diskussion. Als Pluspunkt sieht er ebenso wie Badum, dass die Regierung nun stärker im Blick behalten muss, ob es für seine Klimaziele 2030 auf Kurs ist und nicht nur Verfehlungen des jeweiligen Vorjahres nachhält.
FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer lobte die Reform, weil man sich mit ihr von den Sofortprogrammen verabschiede. Er hob die Bedeutung des europäischen Emissionshandels hervor, bei dem Unternehmen mit Rechten zum Ausstoß von Treibhausgasen nach Bedarf handeln können.
Warum ist mehr Klimaschutz so wichtig?
Nach dem Pariser Klimaabkommen von 2015 will die Weltgemeinschaft den Anstieg der globalen Temperaturen möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzen – gemeint ist der Zeitraum von 1850 bis 1900. Dieses Ziel halten Wissenschaftler für kaum noch erreichbar. Zwischen 2011 und 2020 waren die Temperaturen auf der Erde bereits rund 1,1 Grad höher.
Sollte der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase nicht umgehend und tiefgreifend vermindert werden, könnten dem Weltklimarat zufolge die eigentlich für das Ende des Jahrhunderts anvisierten 1,5 Grad bereits in den 2030er Jahren überschritten werden. Modelle ließen sogar erwarten, dass am Ende des 21. Jahrhunderts die Erwärmung bei 2,8 Grad liegen könnte. Zu den Folgen gehören Überschwemmungen, Dürren, Ernährungskrisen und Wasserknappheit.
dpa, MDR (amu)
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Nachrichten | 22. September 2023 | 06:00 Uhr