Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
SachsenSachsen-AnhaltThüringenDeutschlandWeltLeben

Spendenbereitschaft in Mitteldeutschland"Es kommen mehr Menschen, die in finanzieller Notlage sind"

03. Dezember 2022, 05:00 Uhr

In der kalten Jahreszeit sind die Bahnhofsmissionen ein wichtiger Anlaufpunkt für wohnungslose Menschen und benötigen mehr Spenden. Mehr Zulauf verzeichnen auch die Tafeln und Kleiderkammern in Mitteldeutschland. Das liegt einerseits an den Geflüchteten aus der Ukraine, andererseits sind viele Menschen wegen der Inflation und der gestiegenen Energiepreise knapp bei Kasse. Ein Überblick.

Lange waren die Temperaturen relativ mild für die kühle Jahreszeit, doch pünktlich zum meteorologischen Winterbeginn am 1. Dezember ist es ordentlich kalt geworden, und es hat vielerorts in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen geschneit. Wie gut sind Hilfsorganisationen und soziale Träger in Mitteldeutschland aufgestellt, um den Menschen zu helfen, die Unterstützung benötigen, und wie sieht es um die Spendenbereitschaft aus? MDR AKTUELL hat bei einigen von ihnen nachgefragt.

Leipziger Bahnhofsmission: Schlafsäcke und warme Kleidung

"Spenden werden dringend benötigt. Die Zahl der Bedürftigen steigt und die brauchen jetzt vor allem warme Sachen, Isomatten und Schlafsäcke", erklärt Max Germeshausen, der bei der Bahnhofsmission in Leipzig sein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert. Da in der Mission Kaffee ausgeschenkt werde, brauche man auch den. Wer spenden möchte, könne zu den Öffnungszeiten zu den Räumlichkeiten an der Westseite des Hauptbahnhofs vorbeikommen.

Die Zahl der Bedürftigen steigt und die brauchen jetzt vor allem warme Sachen, Isomatten und Schlafsäcke.

Max Germeshausen | Bahnhofsmission Leipzig

"Es kommen nicht nur Wohnungs- und Obdachlose, sondern auch mehr Menschen, die in Altersarmut oder in prekären Arbeitsverhältnissen leben", erklärt die Leiterin Sophie Wischnewski. Viele könnten ihre Lebenshaltungskosten nicht mehr tragen. "Sie sagen selbst, sie wollen einen nicht ausnutzen, aber fragen nach einem halben Brötchen." Auf eine Versorgung mit Lebensmitteln sei die Bahnhofsmission eigentlich nicht ausgelegt, aber sie wollen auch keinen wegschicken. Die Caritas Leipzig unterstützt dabei, schmiert Brötchen und bringt Suppen vorbei. Auch in der Bahnhofsmission sind Wischnewski zufolge die gestiegenen Preise spürbar und die Organisation daher auf mehr Spenden in diesem Winter angewiesen.

Spendenbereitschaft nimmt in Richtung der Feiertage zu

Florian Sosnowski, Leiter der Ökumenischen Bahnhofsmission in Magdeburg ist aktuell zufrieden. "Auch wenn wir in den Wintermonaten eine höhere Nachfrage haben, können wir aktuell alle, die zu uns kommen, ganz gut versorgen", erklärt Sosnowski. Gerade in Richtung der Feiertage nehme die Spendenbereitschaft zu. Für eine Adventskalenderüberraschung würden trotzdem weitere Spenden benötigt, wie etwa Taschenlampen, Strümpfe und auch in Magdeburg wichtig: Kaffee.

Geschenkepaten bei Tafel Leipzig schnell gefunden

Auf der Warteliste für einen Platz bei der Tafel in Leipzig stehen etwa 300 Bedürftige, alle Plätze sind derzeit voll. "Es gibt jeden Tag Anfragen von Menschen, die sich auf die Warteliste setzen wollen. Die Bedürftigkeit ist sehr groß", erzählt die Mitarbeiterin Natalia Quadt. Die Tafel in Leipzig nimmt in der Zentrale in der Jordanstraße in Lindenau auch Spenden von Privatpersonen entgegen. Neben haltbaren Lebensmitteln wie Zucker oder Nudeln werden vor allem auch Konserven benötigt. "Wer spenden möchte, kann aber auch Geschirr, Bettwäsche oder Kleidung vorbeibringen oder Geld spenden", sagt Quadt.

Zu Weihnachten gibt es wieder die Aktion der Weihnachtsgeschenkepaten. Die Weihnachtsgeschenke sind für die Kinder der Tafelkunden gedacht. "Die Bereitschaft der Paten war in diesem Jahr sehr groß", freut sich Quadt. "Wir brauchten mehr als 400 Paten, aber es konnten gar nicht alle Interessenten für eine Patenschaft aufgenommen werden." Etwa 25 Leuten habe sie absagen und auf das nächste Jahr verweisen müssen.

Lage bei Erfurter Tafel angespannt

Bei der Tafel Erfurt suchte man noch bis zuletzt Interessierte, die einen Zettel des Wunschbaumes übernehmen. "Am Dienstag hatte sich der letzte der 200 Spender gefunden", sagte Leiterin Andrea Kranhold. Es freue sie, wenn sie Kindern aus finanziell schwächeren Familien eine Freude machen und zusammen einen schöne Weihnachtsfeier ermöglichen könnten.

Generell sei die Situation bei der Tafel angespannt. Auch hier seien die gestiegenen Energie- und Spritpreise zu spüren. Die Stadt habe zumindest die Nachzahlung von 6.000 Euro Strom übernommen, berichtet Kranold.

Es wird klar, auch die Hilfseinrichtungen sind auf Hilfe angewiesen. Auch wenn die Lebensmittel im Spendenlager manchmal knapp werden, betont Kranhold: Wer sich an die Tafel Erfurt wende und berechtigt sei, werde nicht abgewiesen.

Geben statt nehmen: Verkehrter Adventskalender in Magdeburg

Einen etwas anderen Adventskalender gibt es in Magdeburg bei der Kathedralpfarrei St. Sebastian. "Beim verkehrten Adventskalender geht es nicht darum etwas zu nehmen, sondern etwas zu geben", sagt eine der Initiatorinnen des Projekts, Ulrike Hachenberg. 2015 startete das Projekt noch als kleine Adventsaktion, seit drei Jahren gibt es den verkehrten Adventskalender. "An jedem Tag gibt es ein Thema, zu dem man eine Sachspende, einen Gutschein oder auch Bargeld abgeben kann", erklärt Hachenberg.

Das Team habe verschiedenste Hilfsorganisationen gefragt, was gebraucht werde, damit wirklich sinnvoll geholfen werden könne. An einem Tag können Hygieneprodukte, Küchenkram oder Tierfutter abgegeben werden, an einem anderen Tag etwa ein Gutschein fürs Schwimmbad. Am 4. Dezember wird für die Blutspende in der Uniklinik geworben. Die Abgabe der Sachspenden ist im Offenen Jugendbüro der Jugendpastoral in der Max-Josef-Metzger-Straße 13 möglich.

Partnerschaft nach Rumänien

Jörg Maier von der Diakonie Bad Langensalza hält auch in diesem Jahr an der Partnerschaft mit Rumänien fest. Er habe sich gefragt, ob es nicht sinnvoller wäre, dieses Jahr die Ukraine zu unterstützen. "Mir ist es aber ein besonderes Anliegen, unsere Freunde und Partner in Rumänien an dieser Stelle nicht zu vergessen", erklärt Maier. "Lassen sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass viele benachteiligte und ausgegrenzte Menschen in Rumänien zu Weihnachten spüren, das sie nicht allein sind."

Acht Jahre gibt es die Partnerschaft der Diakonie Thüringen schon. Im Schnitt schickt sie jedes Jahr 150 bis 200 Pakete nach Rumänien. Über eine befreundete Firma kommen die Pakete per Direkttransport dort an. Wer sich beteiligen möchte, kann ein Päckchen bis zum 9. Dezember im Harald-Kirchner-Haus der Diakonie in Bad Langensalza im Gärtnerweg 5 abgeben.

Hohe Nachfrage bei den Kleiderkammern

Die Angebote der Kleiderkammern in Sachsen nutzen vor allem Geflüchtete aus der Ukraine. Es kommen aber auch Menschen, die wegen steigender Kosten sparen müssen. Die Nachfrage in den Kleiderkammern des Deutschen Roten Kreuzes sei sehr unterschiedlich, erklärt Kai Kranich, DRK-Sprecher in Sachsen. In manche kämen weniger Menschen, in anderen habe sich die Nachfrage verdoppelt. In Dresden nimmt das Sozialkaufhaus des Sächsischen Umschulungs- und Fortbildungswerks an drei Standorten in der Stadt auch Kleiderspenden entgegen. Seit März sei die Zahl der Kunden deutlich gestiegen, sagte Vorstand Martin Seidel. Gleichzeitig hätten aber auch die Spenden zugenommen. So stünden die Kunden jetzt nicht vor leeren Regalen. Die gestiegenen Energiekosten könnten aktuell durch Fördermittel und Mehreinnahmen gestemmt werden.

Auch die Kleiderkammern in Sachsen-Anhalt verzeichnen einen deutlichen Zulauf. "Es sind vielerorts etwa 20 bis 30 Prozent mehr Kundinnen und Kunden, die günstige Kleidung und Haushaltsgegenstände nachfragen", erklärt der Sprecher der Diakonie Mitteldeutschland, Frieder Weigmann. Darunter seien Geflüchtete, aber auch vermehrt Rentner und Familien mit mehr als drei Kindern. Bislang erhalte die Diakonie auch ausreichend Spenden.

Über eine mangelnde Spendenbereitschaft können sich auch die Kleiderkammern in Thüringen nicht beklagen. Dennoch bereiten sich alle auf eine höhere Nachfrage vor. Die Betreiber haben aber je nach Standort mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen. Teilweise fehle es an ehrenamtlichen Helfern wie in den Caritas-Kaufhäusern in Mühlhausen, Leinefelde, Schlotheim und Bleicherode. Im "KleiderLaden" in Schmalkalden fehle es etwa an Kinderkleidung.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 01. Dezember 2022 | 11:30 Uhr