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Ob Öl, Papierfaser oder Pellets: Nutzhanf ist vielseitig verwertbar Bildrechte: imago images/Cord

Cannabis-LegalisierungNutzhanf-Bauern fordern Lockerung von strengen Auflagen

18. November 2023, 10:56 Uhr

Der Bundestag hat die Legalisierung von Cannabis verschoben. Es gibt noch Gesprächsbedarf. Unter anderem muss der Umgang mit Nutzhanf geklärt werden. Also jenem Hanf aus dem man Hanföl, Tee oder Naturfaser herstellt. Doch der Anbau von Nutzhanf unterliegt sehr strengen Auflagen. Der bisherige Gesetzesentwurf soll daran auch nichts ändern. Zum Ärger von Hanfbauern. Sie fordern die sogenannte Rauschklausel zu streichen.

Man sieht nur noch die Stoppeln auf dem Acker. Stefanie Löbner läuft über ihr abgeerntetes Hanffeld bei Sömmerda. Die Chefin der Agrargenossenschaft Großrudestedt baut seit drei Jahren Hanf an. Die Pflanze ist anspruchslos, kommt mit Trockenheit klar. Es gibt im Grunde nur ein Problem erzählt sie.

"Ja, am Kompliziertesten ist eigentlich diese Bürokratie. Das erfordert viel Aufwand, viel Zeit. Der Anbau selber muss gemeldet werden, die Blüte muss gemeldet werden. Dann kommt die Kontrolle zwecks THC-Gehalt vor der Ernte. Und dann bekommt man die Erntefreigabe und dann darf man endlich ernten."

Maximal 0,3 Prozent THC im Ackerbau erlaubt

Jedes Frühjahr muss Löbner die Etiketten ihrer 160 Saatgutsäcke ausschneiden und den Behörden schicken. Denn der Staat will wissen, wie viel THC in ihren Pflanzen steckt. THC ist der berauschende Stoff im Hanf. Im Ackerbau sind Züchtungen mit maximal 0,3 Prozent THC erlaubt.

Bei wem auch nur etwas mehr nachgewiesen wird, bekomme Ärger, sagt Bernd Wortmann vom Nutzhanf-Netzwerk. "Da ist es durchaus schon so gewesen, dass morgens das SEK auf dem Hof steht und alles beschlagnahmt. Nicht nur Computer, sondern die komplette Ware und das wird dann in einen Container eingeschlossen. Und der Hersteller wartet dann ein halbes Jahr auf seinen Prozess. Diese Unternehmen werden dadurch zerstört."

Kritik an strenger Regulierung von Nutzhanfanbau

Wohl auch wegen solcher Geschichten ist die Anbaufläche von Nutzhanf in Deutschland gesunken. Dieses Jahr um 16 Prozent. Während die Bundesregierung den Handel mit berauschenden Hanfprodukten lockern will, soll der Nutzhanfanbau so streng reguliert bleiben wie bisher.

Absurd findet das der Jurist und Vorstand im Branchenverband Cannabiswirtschaft Ferdinand Weis. "Die kritischste und schwierigste Regelung, die wir momentan haben, ist die sogenannte Rauschklausel. Die sagt im Grunde genommen: Wenn man Nutzhanf auf den Markt bringt, muss ein Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen sein."

Die Gerichte gehen davon aus, wenn man Nutzhanf in extrem großen Mengen anreichere, dass theoretisch Missbrauch mit Nutzhanf möglich wäre. Man könne sich damit berauschen, erklärt Weis.

Forderung: Rauschklausel soll gestrichen werden

Praktisch müsse man dann für einen kleinen Rausch aber für 150 Euro Nutzhanf kaufen und aufwändig verarbeiten, sagt Weis. Das mache niemand. Bernd Wortmann argumentiert, es sei so ähnlich wie mit alkoholfreiem Bier.

"Versuchen Sie bitte mal, sich mit Clausthaler einen Rausch zu holen. Ich denke, das geht nicht. Das einzige, was rauscht, ist die Klospülung und sonst nix. Und so ist es auch beim Hanf." Die Anbauer wünschen sich, dass die Rauschklausel fällt. Und der Staat soll ihnen bis zu ein Prozent THC im Nutzhanf erlauben – so wie die Schweiz.

Öl, Papierfasern und Einstreu: Nutzhanf vielseitig ist verwertbar

Denn aus der Pflanze könne man viel Nützliches machen. "Claudia, wo ist denn unser Hanföl hin?"

Landwirtin Löbner steht in ihrem Büro und sucht im Kühlschrank die letzte Flasche des diesjährigen Jahrgangs. "Also wir verwerten die Körner als Öl. Die Körner selber können auch im Ganzen bleiben als Müsli und was weiß ich alles."

Die Pflanzenreste verkauft Löbner an Thüringer Pferdehöfe als Einstreu. Doch man kann mit Nutzhanf auch dämmen, Papierfasern daraus machen. Und selbst die Wurzel lässt sich verarbeiten – zu Schnaps. Der hat dann aber tatsächlich eine berauschende Wirkung.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 17. November 2023 | 23:00 Uhr