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In unserer Reihe "Gesagt, getan?" fragen wir nach dem Erfolg der Politik von Union und SPD in den vergangenen knapp vier Jahren. Bildrechte: MDR/dpa

Koalitionsvertrag im Check | Teil 6Keine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt

17. September 2021, 10:07 Uhr

Wer in einer Stadt eine bezahlbare Wohnung sucht, hat ein Problem. Und das geht nicht nur Gering-, sondern auch immer häufiger Normalverdienern so. Die nach der Bundestagswahl im Herbst 2017 gebildete Koalition aus CDU/CSU und SPD hatte sich vorgenommen, in ihrer Amtszeit bis September dieses Jahres vor allem mit 1,5 Millionen neuen Wohnungen den Markt zu entlasten und so den Anstieg der Mieten zu dämpfen. Das Ziel wird jedoch nicht erreicht.

von Henry Rieck, MDR-Wirtschaftsredaktion

Bezahlbares Wohnen ist zu einer zentralen sozialen Frage unserer Zeit geworden. Das hat die Bundesregierung 2017 erkannt und den Wählerinnen und Wählern im Koalitionsvertrag Lösungen versprochen.

Wir wollen erreichen, dass 1,5 Millionen Wohnungen und Eigenheime frei finanziert und öffentlich gefördert gebaut werden.

Koalitionsvertrag der 19. Legislaturperiode zwischen CDU, CSU und SPD

300.000 Wohnungen weniger als versprochen

Das Wohnungsbauziel wird die Bundesregierung bis zum Ende ihrer Amtszeit nicht erreichen. Trotzdem zog sie eine - aus ihrer Sicht - positive Bilanz. "Wir haben 1,2 Millionen neue Wohnungen geschaffen, hinzu kommen 770.000 erteilte Baugenehmigungen", rechnet sich Bundesinnen- und -bauminister Horst Seehofer (CSU) seine Bilanz schön und meint, das Versprechen gegenüber dem Wahlvolk sei eingelöst worden.

Das löste viel Kritik aus. Als "unfairen Griff in die Trickkiste der Statistik" bezeichnete Robert Feiger, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft IG Bau, die Berechnungen. "Auf einer Baugenehmigung kann man nicht wohnen", kritisierte der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten. Aus Sicht der Mieterinnen und Mieter sei die Wohnraumoffensive der Bundesregierung trotz guter Ansätze verpufft. Insgesamt fehlten aktuell bundesweit 630.000 Wohnungen, erklärte ein Bündnis aus Mieterbund, Verbänden der Bau- und Wohnungsbranche sowie der IG Bau.

Mehr Wohnungsbau in Mitteldeutschland

Das Ziel, 1,5 Millionen neue Wohnungen zu bauen, wurde nicht auf die Bundesländer heruntergebrochen. Deshalb kann die Einlösung des Koalitionsversprechens auf Länderebene nicht überprüft werden. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass in den vergangenen Jahren mehr Wohnungen in Ein- und Mehrfamilienhäusern gebaut wurden als im gleichen Zeitraum davor.

Fertiggestellte Wohnungen in Wohngebäuden
 SachsenSachsen-AnhaltThüringen
2018 - 202026.88210.10410.410
2015 - 201721.4069.0049.706
Vergleich26%12%7%
Quelle: Statistisches Bundesamt   

Mieterverbände: Bezahlbare Wohnungen fehlen

Die mitteldeutschen Landesverbände des Deutschen Mieterbundes sehen die Neubau-Statistik für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen kritisch.

"Die Statistik zeigt, dass mehr Wohnungen gebaut wurden, aber nicht, zu welchem Preis sie angeboten werden", meint beispielsweise Petra Becker, Landesverbands-Geschäftsführerin in Sachsen: "Für Ottonormalverbraucher fehlen weiterhin bezahlbare Wohnungen in den Städten ." Dieser Sichtweise schließt sich der Stellvertretende Vorsitzende des Landesverbandes Thüringen, Georg Seidler, an: "Es wurden nur sehr wenige Sozialwohnungen neu gebaut."

Der soziale Wohnungsbau muss mindestens auf heutigem Niveau und langfristig verstetigt werden.

Koalitionsvertrag der 19. Legislaturperiode zwischen CDU, CSU und SPD

Positiv: Fünf Milliarden Euro für sozialen Wohnungsbau

Für den Bau von Sozialwohnungen sind die Länder zuständig. So kann die Bundesregierung nur indirekt als Geldgeber tätig werden. Diese gesetzliche Möglichkeit wäre in dieser Amtszeit weggefallen. Eine versprochene und umgesetzte Grundgesetzänderung lässt aber auch weiterhin Geld des Bundes an die Länder fließen. In dieser Legislaturperiode waren es fünf Milliarden Euro. Das kann die Bundesregierung für sich als Pluspunkt verbuchen.

Allgemein

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CDU/CSU

Die Union will bis 2025 über 1,5 Millionen neue Wohnungen bauen. Dabei setzen CDU und CSU auf die Wirtschaft und lehnen einen Mietendeckel ab. Ebenso setzt sich die Union für die Förderung von Wohneigentum und Einfamilienhäuser für Familien ein. Dafür soll es steuerliche Vergünstigungen und Förderungen geben. Kommunen sollen Bauland flexibler ausweisen können, den Flächenverbrauch aber gering halten. Generell gelte es, barrierefrei zu bauen, sozialen Wohnungsbau zu fördern und Investitionen in altersgerechten und barrierefreien Umbau – insbesondere über KfW-Programme. Klimaziele seien nur mit energetischer Sanierung zu erreichen. Das soll steuerlich gefördert werden. Mieter seien vor finanzieller Überlastung aber zu schützen und hier Wohnungsbaugesellschaften in die Pflicht zu nehmen.

SPD

Bei Wohnungsknappheit sollen die Mieten nur noch mit der Inflation steigen dürfen. Es sollen jährlich 100.000 Sozialwohnungen entstehen. Bei der Förderung von Wohneigentum soll auch der Kauf von leeren Häusern in Ortskernen unterstützt werden. Die nach zehn Jahren greifende Steuerfreiheit für Verkaufsgewinne nicht selbst genutzter Grundstücke will die SPD abschaffen. Insbesondere jungen Familien soll der Weg von Wohneigentum und in angespannten Wohnlagen den Erwerb von Genossenschaftsanteilen erleichtert werden. Kommunen sollen über Bodenfonds unter Einbeziehung bundeseigener Grundstücke ein Instrument für die nachhaltige Stadtentwicklung und bezahlbaren Wohnungsbau bekommen.

AfD

Die AfD will Wohnraum durch die Herabsetzung geltender Standards schneller entstehen lassen. Die Ausweisung von Bauland soll schneller gehen und die Baukosten durch die Streichung von Energiesparvorgaben und die Reduktion von Brand-, Wärme- und Schallschutz auf ein "notwendiges Mindestmaß" gesenkt werden. Die Partei will die Grunderwerbssteuer auf selbstgenutzte Wohnimmobilien streichen und das Schaffen von Wohneigentum fördern. Ausländischen Investoren, deren Hauptwohnsitz außerhalb von Deutschland liegt, soll der Erwerb von Immobilien in Deutschland durch die Erhöhung der Grunderwerbssteuer auf 20 Prozent deutlich erschwert werden. Die AfD hält den sozialen Wohnungsbau für gescheitert und fordert stattdessen, einkommensschwache Mieter mit mehr Wohngeld zu unterstützen, was eine soziale Durchmischung gewährleisten soll. Eine Mietpreisbremse oder den Mietendeckel lehnt die Partei ab.

FDP

Um Investitionen in den Wohnungsbau zu fördern, soll die lineare Abschreibung von zwei auf drei Prozent erhöht werden. Die FDP will die Mietpreisbremse abschaffen und einen bundesweiten Mietendeckel verhindern. Digitale Bauanträge, teilautomatisierte Baugenehmigungsverfahren sowie modulares Bauen sollen den Wohnungsbau ankurbeln. Bürgerinnen und Bürger soll der Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum erleichtert werden, mit einem Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer von bis zu 500.000 Euro. Die missbräuchliche Umgehung der Grunderwerbsteuer durch Investoren mittels sogenannter Share Deals will die FDP gesetzlich unterbinden. Zahlungsschwache Wohnungssuchende sollen mithilfe des Wohngelds leichter Zugang zum freien Markt erhalten. Bleibt dort die Suche erfolglos, soll die Berechtigung für eine Sozialwohnung erteilt werden.

DIE LINKE

Den teils deutlichen Anstieg der Mieten will die Linkspartei mit einem bundesweiten Mietendeckel bekämpfen. Auch Bodenpreise sollen gedeckelt werden. Außerdem soll die Spekulation mit Wohnungen abgeschafft und besonders hohe Mieten gesenkt werden. Immobilienkonzerne gehören nach Ansicht der Linken zu den Krisengewinnern. Sie sollen daher "überdurchschnittlich an den Kosten beteiligt werden". Die Partei will eine einmalige Sonderabgabe auf Immobilienerträge erheben, die Konzerne mit mehr als 3.000 Wohnungen treffen soll. Immobilienkonzerne will die Partei auch von der Börse nehmen und in die öffentliche Hand überführen. Immobilien- und Hedgefonds soll die Zulassung entzogen werden. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen soll weitgehend verboten werden. Zudem soll ein neues Mitbestimmungsrecht für Mieter geschaffen werden. Die Kündigung von Gewerbemietverträgen soll eingeschränkt werden. Das Wohngeld soll erhöht und umgebaut werden. Die Linkspartei will sich für ein Recht auf energetisch sanierten Wohnraum einsetzen. Die Linke will in bezahlbares Wohnen investieren und jedes Jahr mindestens 250.000 zusätzliche Sozialwohnungen schaffen. Dafür will die Partei den Kommunen Investitionsmittel von 15 Milliarden jährlich zur Verfügung stellen. Diese sollen damit den kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbau ankurbeln, und auch in den vorhandenen Wohnungsbestand energetisch und energieeffizient investieren. Ehemalige Kasernen sollen auf Wunsch der Linken in Sozialwohnungen umgewandelt werden. Den Energiebedarf sollen Gebäude perspektivisch durch regenerative Energie decken. Die zentrale Rolle spielt für die Linke dabei die Wärmepumpe. Der Einbau fossiler Heizungen soll gestoppt werden. Die Partei will zudem die Nutzung von Erdwärmeanlagen möglich machen.

GRÜNE

Auch beim Thema Bauen und Wohnen dominiert bei den Grünen der Klimaschutz: Alle Neubauten und umfassenden Sanierungen sollen klimaneutral erfolgen, die Sanierungsquote soll deutlich erhöht werden. Die Partei plant ein Investitionsprogramm für zwei Millionen Wärmepumpen bis 2025. Dabei sollen sich Vermieter, Staat und Mieter die Kosten für klimafreundliche Modernisierungen teilen. Empfänger von Wohngeld sollen ein "Klimawohngeld" als Zuschuss bekommen, damit sie in klimafreundliche Wohnungen ziehen können. Eigenheimbesitzer sollen Steuervergünstigungen erhalten. Städte sollen besser gegen Hitzewellen gewappnet werden – mit mehr Stadtgrün, Fassadenbegrünung und Trinkbrunnen. Ein "Recht auf Wohnen" wollen die Grünen ins Grundgesetz aufnehmen. Dazu soll ein "Nationales Aktionsprogramm" gegen Obdach- und Wohnungslosigkeit aufgelegt und eine Million zusätzliche, günstige Mietwohnungen in Ballungsräumen gebaut werden. Außerdem wollen die Grünen den Bestand an Sozialwohnungen erhöhen. Wer wegen krisenbedingter Einkommensausfälle mit der Miete in Rückstand gerät, soll über die KfW-Bank mit einem "Sicher-Wohnen-Fond" unterstützt werden, um Zwangsräumungen zu vermeiden. Mietpreisbremsen sollen entfristet und verschärft und reguläre Mieterhöhungen begrenzt werden. Die Grünen fordern ein Verbot von Spekulation mit Bauland und die Umwandlung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in einen gemeinnützigen Bodenfonds. Die Partei will außerdem den Erwerb von Wohneigentum erleichtern.

Sozialer Wohnungsbau: Erfolgsbilanz nur halbe Wahrheit

In ihrer Bilanz weist die Bundesregierung 115.000 neue Sozialwohnungen aus, an deren Bau sie einen Anteil hat. Da in der Wohnraumoffensive nur 100.000 geplant waren, feiert das die Bundesregierung als Erfolg. Unterm Strich sinkt aber der Bestand der Sozialwohnungen.

Die Ursache: Der Status als Sozialwohnung mit niedrigen Mieten ist immer befristet. Läuft er ab, fallen sie aus dem Bestand. Ist der Wegfall höher als der Neubau, sinkt der Bestand. Genau das passiert seit Jahren. Zum Beispiel 2019: In Deutschland wurden rund 26.000 neue Sozialwohnungen gebaut, während rund 64.000 aus der Bindung fielen. Unterm Strich sind es pro Jahr rund 40.000 Wohnungen weniger. Ein Bündnis aus Mieterbund, Verbänden der Bau- und Wohnungsbranche sowie der IG Bau bezifferte den jährlichen Bedarf an Sozialwohnungen mit 80.000.

Bestand von Sozialwohnungen in Mitteldeutschland sinkt

Den beschriebenen Schwund bei Sozialwohnungen gibt es auch in Mitteldeutschland. Das zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine Frage der Linksfraktion im Bundestag:

In Osten gelten viele DDR-Plattenbauten als Sozialwohnungen. Bildrechte: imago/Rust

In Sachsen-Anhalt sank demnach die Zahl der Sozialwohnungen von 2015 bis Ende 2019 um über 70 Prozent auf 3.510. Die Ursache benennt Ellen Schultz, Vorsitzende des Deutschen Mieterbundes in Sachsen-Anhalt: "Neubau von Sozialwohnungen wird in Sachsen-Anhalt nicht gefördert." In Thüringen lag der Rückgang bei 22 Prozent. In Sachsen blieb der Bestand seit 2015 relativ stabil, allerdings auf niedrigem Niveau: Ende 2019 gab es im Freistaat noch 11.469 Sozialwohnungen.

Mieten und Kaufpreise in Mitteldeutschland steigen weiter

Die neu gebauten Wohnungen sollten den Immobilienmarkt entlasten und den Anstieg der Mieten und Wohnungskaufpreise bremsen. Ein Blick auf die Entwicklung des Wohn-Index vom Immobilieninstitut F+B GmbH zeigt: In den vergangenen Jahren sind in den Städten die Kaltmieten bei Neuvermietungen und die Preise für Eigentumswohnungen weiter gestiegen. Teuer sind aber nicht nur die Großstädte geworden, sondern auch kleinere Orte vor allem in der Nachbarschaft der Großen - wie Weimar bei Erfurt und Radebeul bei Dresden.

Wohn-Index des Immobilieninstitut F+B GmbHBasis der Auswertung sind Immobiliendaten, die die F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH nach eigenen Angaben seit 2002 quartalsweise erhebt. Der F+B-Wohn-Index bildet Durchschnittspreise für realisierte Mietangebote bzw. Kaufpreise für eine Vergleichswohnung mit folgenden Eckwerten ab: zehn Jahre alt, 75 Quadratmeter und eine normale Ausstattung.

Nach Mietern suchen ausschließlich Vermieter von hochpreisigen Neubauwohnungen. Bildrechte: imago/CHROMORANGE

Bei der Auswertung der Zahlen von F+B war auffällig, dass der Mieten- und Kaufpreisanstieg in Großstädten wie Leipzig, Dresden und Erfurt nach 2017 geringer ausgefallen ist als davor. Dieser Anstiegsdämpfer ist auch bei einigen mittelgroßen Städten zu sehen. Dennoch gilt: Ein weniger steigender Anstieg ist immer noch ein Anstieg und bringt keine Entlastung auf dem Immobilienmarkt.

Preisanstieg bei Neuvermietung treibt Bestandsmieten

Zur Entwicklung der Bestandsmieten in den vergangenen Jahren haben die Statistischen Ämter keine aktuellen Daten. Die Landesmieterverbände können beispielhaft die Situation aus ihrer Arbeit beschreiben. Georg Seidler ist in Suhl tätig. Nach seiner Auskunft sind Mieten in typischen Plattenbaugebieten in Suhl, die bis 2018 zwischen 4 und 5,30 Euro/m² kosteten, in den vergangenen Jahren auf 4,80 bis 6,35 Euro/m² gestiegen. Das sind rund 20 Prozent mehr.

Nach Einschätzung von Petra Becker vom DMB-Sachsen steigen die Bestandsmieten in Dresden jährlich um rund drei Prozent. "Wenn die Preise bei Neuvermietung steigen, können in der Folge dann auch die Bestandsmieten erhöht werden", erklärt sie eine Ursache.

Wir wollen erreichen, dass (im Mietspiegel) die tatsächlichen Marktverhältnisse auf zuverlässiger Datengrundlage differenziert dargestellt werden. [...] Die Verlängerung des Betrachtungszeitraums wird geprüft.

Koalitionsvertrag der 19. Legislaturperiode zwischen CDU, CSU und SPD

DMB-Landesverbände: Mietspiegel-Reform unzureichend

Seit Anfang 2020 gibt es für die Erstellung eines Mietspiegels einige neue Regeln. Unter anderem wurde der Betrachtungszeitraum von vier auf sechs Jahre erweitert.

Die hohen Neumieten aus der Vergangenheit lassen in der Zukunft die Bestandsmieten steigen. Bildrechte: colourbox

Er ist Grundlage für die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete. "Das hilft nur marginal. Da muss die nächste Bundesregierung noch mal ran", kritisiert Petra Becker. Der DMB fordert einen Betrachtungszeitraum von mindestens zehn Jahre bzw. Einbeziehung aller Mieten ohne zeitliche Begrenzung. Das bedeutet, dass nicht nur die Mieterhöhungen abgebildet werden, sondern auch die Mietverhältnisse, bei denen es keine Erhöhungen gab.

Wir wollen eine Anpassung des Wohngeldes an die jeweiligen allgemeinen und individuellen Lebensbedingungen vornehmen. Die Veränderung der maßgeblichen Kriterien wollen wir regelmäßig prüfen.

Koalitionsvertrag der 19. Legislaturperiode zwischen CDU, CSU und SPD

Wohngeldreform gut umgesetzt

Die versprochene Wohngeldreform trat am 1. Januar 2020 in Kraft. Danach soll es mehr Geld geben und der Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert werden.

Das Wohngeld ist ein Mietzuschuss vom Staat für Menschen mit wenig Einkommen. Bildrechte: imago/Christian Ohde

Nach Angaben der Bundesregierung profitierten 660.000 Haushalte von den Verbesserungen. Davon erhalten 180.000 Haushalte durch die Reform erstmals oder wieder einen Anspruch. Das ist möglich, weil sich die Erhöhung nun an der allgemeinen Entwicklung der Mieten und der Einkommen orientiert. Das bedeutet, dass das Wohngeld aller zwei Jahre angepasst wird, erstmals im Jahr 2022. Die Wohngeldreform wurde vom DMB als positiv bewertet.

Wir werden die Eigentumsbildung für Familien finanziell unterstützen. Dafür führen wir [...] ein Baukindergeld [...] in Höhe von 1.200 Euro je Kind und pro Jahr ein.

Koalitionsvertrag der 19. Legislaturperiode

Mieterbund: Schnelles Baukindergeld mit wenig Wirkung für den Markt

Das angekündigte Baukindergeld kam bereits 2018 und konnte bis Frühjahr 2021 beantragt werden.

Den Zuschuss gibt es für den Ersterwerb von selbstgenutztem Wohneigentum für Familien mit Kindern: jährlich 1.200 Euro pro Kind über einen Zeitraum von zehn Jahren. Der Deutsche Mieterbund sieht diese Hilfe kritisch. Seine Argumentation: Durch den Kauf bestehender Eigentumswohnungen beziehungsweise umgewandelter Mietwohnungen werde der Wohnungsmarkt nicht entlastet.

Eingelöste Wohnbau-Versprechen geben Mietern keine Verschnaufpause

Formal hat die Bundesregierung einen Teil ihrer Versprechen aus dem Koalitionsvertrag wie die Wohngeldreform oder das Baukindergeld eingelöst. Das immer wieder hervorgehobene Versprechen, in dieser Legislaturperiode 1,5 Millionen neue Wohnungen zu bauen, blieb uneingelöst. Auch die 300.000 fehlenden Wohnungen hätten wohl keine spürbare Entlastung gebracht, wenn Experten den aktuellen Wohnungsbedarf mit über 600.000 beziffern. Die Bilanz macht deutlich, dass viele Baustellen in der nächsten Legislaturperiode bleiben werden. Mit all den Maßnahmen, die ergriffen wurden, konnte der starke Anstieg der Mieten in den Städten nicht gedämpft werden. Zu hoffen ist, dass die ersten Anzeichen von geringer steigenden Mieten in einigen Großstädten sich nicht als Eintagsfliegen entpuppen. Auf alle Fälle wird die anhaltende Preisanstiegswelle bei Neuvermietungen über den Mietspiegel auf die Bestandsmieten überschwappen. Deshalb wünscht sich u.a. der Thüringer Mieterverband für die Großstädte einen Mietendeckel, d.h. einen Mieterhöhungsstopp in den nächsten fünf Jahren.

Quelle: MDR