MikroelektronikCorona-Krise lässt Dresdens Chip-Industrie boomen
Bänder stehen still, Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, Autos können nicht fertig gebaut werden. Denn weltweit fehlen der Autoindustrie Computerchips. Das Problem betrifft nach Medienberichten Audi ebenso wie Volkswagen, Daimler oder deren Zulieferer Bosch. Doch des einen Leid ist des anderen Freud. In den Chipwerken läuft die Produktion derzeit auf Hochtouren. Das gilt auch für die Werke bei Dresden. Sie wollen angesichts der Nachfrage ausbauen.
Es ist ja nicht nur die Autoindustrie, die händeringend Computerchips benötigt. Wenn sich in der Corona-Krise etwas wirklich gut verkauft hat, dann sind es Elektrogeräte – Laptops fürs Homeoffice, Smartphones, Fitnessarmbänder. Und weil in der Freizeit nur noch wenig geht, brauchte so mancher dringend einen neuen Fernseher. Und so arbeiten fast alle Chipfabriken weltweit am Limit.
Das spüre auch die Region Dresden, sagt Frank Bösenberg, Geschäftsführer des Branchenverbandes Silicon Saxony: "Also man kann sagen, dass wir seit 2010 – seit der letzten größeren Krise – permanent einen Aufwärtstrend verzeichnen." Der habe zwar mit Beginn der Covid-19-Pandemie einen leichten Einbruch erfahren, dieser scheine aber inzwischen überwunden. Die Mikroelektronik-Branche schaue deshalb sehr positiv in die Zukunft.
Infineon und Globalfoundries erhöhen Kapazitäten
Da ist zum Beispiel Infineon. Das Dresdner Werk fertigt zum Beispiel Chips für Fahrassistenzsysteme wie Einparkhilfen. Die stecken mittlerweile in fast jedem Neuwagen. Das Infineon-Werk sei zwar noch nicht ganz ausgelastet, sagt Geschäftsführer Thomas Morgenstern. Das liege aber nur daran, dass man die Kapazitäten stetig ausbaue: "In einem sehr feingliedrigen Prozess wird es immer wieder ausgearbeitet, welche Anlagen wir zu welchen Zeitpunkt brauchen, um die Kapazität weiter hochzuschrauben." Fläche sei noch da und man investiere auch in diesem Jahr über 100 Millionen Euro in den Ausbau des Standortes, um weitere Kapazität zur Verfügung zu stellen.
Noch mehr Geld will Globalfoundries investieren. Die Firma betreibt nach eigenen Angaben in Dresden schon jetzt das größte Halbleiterwerk Europas. Und es solle noch einmal wachsen, sagt Pressesprecher Jens Drews: "Also wir haben einen Plan, dass wir die Kapazitäten des Dresdner Werkes um das Zweieinhalbfache erhöhen wollen. Dazu sind wir in Gesprächen mit der Bundesregierung." Man würde gern ein Programm in Anspruch nehmen, das zwischen Deutschland, Frankreich und der Europäischen Kommission diskutiert werde.
Chipbranche rechnet mit Förderung in Milliardenhöhe
Mit dem Programm will Europa die eigene Chipproduktion ausbauen, unabhängiger von Herstellern in Asien und in den USA werden, die den Markt derzeit dominieren. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat dafür Milliardenzuschüsse in Aussicht gestellt. Und Jens Drews findet, davon könne gern einiges nach Dresden fließen. "Was Europa braucht, ist einen krisenfesten Zugang zu leistungsfähigen, sicheren und energieeffizienten Komponenten für die Industrien, die uns noch auf Jahrzehnte nähren würden." Dazu gehörten der Mobilitätsektor, die Life Sciences und das ganze Thema Energiewende. All das funktioniere nicht ohne Computerchips.
Noch ist nicht sicher, dass die Milliardenförderung für Dresden kommt. In der Branche heißt es aber, die Signale seien positiv. Bleibt am Ende die Frage, ob die Nachfrage nach Chips so groß bleibt. Frank Bösenberg vom Verband Silicon Saxony ist optimistisch. Die Welt rede schließlich von Digitalisierung. "Nach unseren aktuellen Prognosen sehen wir bis mindestens 2030 noch ein positives Bild. Weiter hinaus ist es dann wirklich Glaskugel." Aber bis dahin sei ein Ende nicht absehbar.
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 16. Februar 2021 | 06:09 Uhr
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