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Edeka, Lidl und Co.Lidl kauft Erfurter Nudelfabrik – die Folgen fürs Angebot

16. Dezember 2022, 14:41 Uhr

So gut wie jede Supermarktkette verkauft ihre eigene Hausmarke. Für die Produktion der Lebensmittel sind eigenständige Hersteller zuständig. Inzwischen werden diese aber vermehrt aufgekauft. So ist zum Beispiel Edeka schon länger Eigentümer der Sonnländer Getränke im sächsischen Rötha und Lidl übernimmt nun den größten deutschen Nudelhersteller, die Erfurter Teigwaren. Die Händler haben so Einfluss auf den Preis, doch was bedeutet das für die Konkurrenz?

In Thüringen hat nicht nur die Bratwurst eine lange Geschichte, sondern auch die Nudel. 1793 gründeten sich hier die Erfurter Teigwaren – nach eigenem Bekunden die älteste Nudelfabrik Deutschlands. In den vergangenen Jahren wechselte die Firma mehrfach den Besitzer. Nun gehört sie zur Firmengruppe um Lidl.

Der Discounter lässt in Erfurt schon länger Eigenmarken herstellen. Die vollständige Übernahme findet Professor Erik Maier von der Handelshochschule Leipzig deshalb nicht überraschend: "Wir wissen ja, im Lebensmitteleinzelhandel macht man relativ wenig Profit. Dünne Margen sozusagen. Und dadurch, dass man die Zulieferer kauft, kann es sein, dass man die Marge erhöhen kann. Ein zweiter Grund ist die Verlässlichkeitserhöhung. Das heißt, wir haben ja alle Lieferkettenausfälle, Lieferrisse und so weiter erlebt. Dadurch, dass man die Zulieferer besser kontrolliert, kann man sich absichern gegen die Nicht-Verfügbarkeit von Produkten."

Händler investieren zunehmend in eigene Produktionsstätten

Tatsächlich investieren Händler immer wieder in eigene Produktionsstätten. Aber niemand geht dabei so offensiv vor wie Lidl und Kaufland. Beide Händler gehören zur Schwarz-Gruppe. Ihre Produktionsbetriebe haben sie in einer eigenen Gesellschaft zusammengefasst – mit Sitz in Weißenfels.

Dort füllt Lidl auch Getränke ab. Außerdem gehören Fabriken für Schokolade, Kaffee oder Backwaren dazu. Zur Übernahme in Erfurt schreibt das Unternehmen: "In den vergangenen Jahren konnten wir viel Erfahrung darin sammeln, neue und auch bestehende Lebensmittelwerke erfolgreich aufzubauen bzw. weiterzuentwickeln. Auch in Erfurt wollen wir uns langfristig engagieren und freuen uns, einen so traditionsreichen und dennoch modernen Standort in unserer Unternehmensfamilie zu begrüßen."

Eigene Herstellung nichts Neues

Mit der Übernahme werden Lidl und Kaufland zum größten Nudelhersteller Deutschlands. Stärker als bisher können sie nun festlegen, was Nicht-Markenware kosten darf. Macht das anderen Herstellern nicht Sorgen? Oliver Numrich ist Sprecher der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie und sagt dazu: "Nein, Lebensmittelhersteller haben keine Angst davor, dass Händler eigene Produkte herstellen. Wir kennen das schon seit vielen Jahren aus verschiedenen Produktbereichen, ob das Getränke sind, Eiscreme, Fleisch oder Süßwaren. Wenn man so will, ist das unser tägliches Geschäft. Auch um die Kostenbestandteile kennenzulernen, müssen Händler nicht extra produzieren. Die kennen sie ohnehin."

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Tarifverträge könnten zustande kommen

Trotzdem hat sich das Bundeskartellamt die jüngsten Übernahmen genau angesehen – am Ende aber abgesegnet. Auch die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten beobachtet die Entwicklung interessiert.

Uwe Ledwig ist ostdeutscher Bezirksvorsitzender und sagt, bislang habe es bei den Erfurter Teigwaren keinen Tarifvertrag gegeben. Mit der Übernahme durch Lidl könne man das vielleicht ändern, sagt Ledwig: "Nach meiner Wahrnehmung sind diese großen Lebensmitteleinzelhändler in der Fragestellung, wenn die Belegschaften bereit sind, etwas für ihre eigenen Interessen zu tun, viel verletzlicher. Denn das ist nicht mehr Anonymus. Für die Leute bietet sich daraus eine Chance, weil die Finanzstärke ist ja deutlich höher bei Lidl. Die tun ja nur so, als ob sie am Hungertuch nagen."

Ledwig hofft auf einen Tarifvertrag, wie ihn die Belegschaft der Riesaer Teigwaren erkämpft hat. Der Gewerkschafter findet, in jedem Fall sollten die Beschäftigten mehr als Mindestlohn erhalten. Das wäre auch gegenüber anderen tarifgebundenen Lebensmittelherstellern nur fair.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 16. Dezember 2022 | 06:00 Uhr