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192 Kupfermünzen: exakt 5,10 Euro und damit der eigentlich von der Bundesregierung prophezeite Tankrabatt für 30 Liter Diesel. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Kommentar zum TankrabattWie ich mit viel Kupfer Aral zu (noch) mehr Kohle verhalf – oder: Kohle raffen ohne Waffen!

07. Juni 2022, 16:27 Uhr

An der Zapfsäule ist von der gesenkten Energiesteuer nichts zu spüren. MDR-Wirtschaftsredakteur Frank Frenzel hat den versprochenen Tankrabatt an der Tankstellen-Kasse deswegen extra serviert: in 2- und 5-Cent-Münzen.

von Frank Frenzel, MDR-Wirtschaftsredaktion

Gestern gegen 9:30 Uhr habe ich zurückgeschossen. Es geschah in meinem Wohnort Dessau, bei Aral, Albrechtstraße. Es ging nicht anders. Der Tank war leer, meine 83-jährige gehbehinderte Mutter musste nach Berlin und so tankte ich 30 Liter Diesel. Den Kassenraum betrat ich aufgerüstet mit 150 2-Cent-Kupferpatronen feinster europäischer Prägung plus 42 5-Cent-Münzen. Macht 5,10 Euro – und entspricht der Höhe des Tankrabattes für 30 Liter, die mir Vater Staat eigentlich erlassen wollte. Nur: Den Rabatt kassierte Aral.

Ich gebe zu, es war eine Ohnmachtstat. Das mit dem Tankrabatt hatte ich irgendwie anders verstanden. Nämlich, dass der Literpreis bei Diesel um 17 Cent und bei Benzin sogar um 35 Cent sinken sollte. Beim letzten Tanken vor Himmelfahrt waren 1,91 Euro pro Liter fällig. Ohne Rabatt! Und jetzt mit Rabatt 2,04 Euro. Wobei Aral eine Stunde zuvor sogar noch 5 Cent mehr verlangte.  

Angekündigten Tankrabatt in Kupfermünzen abgezählt

So legte ich für 30 Liter den eigentlich mir zustehenden Tankrabatt von 5,10 Euro in 192 Kupfermünzen auf den Aral-Abkassiertresen! Die feine Stückelung, so meine Intension, erleichtert vielleicht die Gewinnaufteilung zwischen Managern und Aktionären.

Chapeau, Ihr Gierigen von Aral & Co., Ihr seid echte Gewinner des Krieges. Wann konnte man das von Deutschen in den letzten 150 Jahren schon sagen? Während Putins Truppen um das Kohlerevier im Donbass kämpfen, gelingt Euch, was nur Wenige schaffen: Kohle raffen ohne Waffen.

An der Aral-Kasse freundlich im Frühstücksbeutel serviert: 5,10 Euro in 2- und 5-Cent-Münzen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Mineralölwirtschaft macht Extra-Kasse

Dass sich die deutsche Mineralölwirtschaft den Tankrabatt derart dreist selbst einverleibt und die durch den Krieg ohnehin hohen Gewinne noch weiter maximiert, haben einige Experten geahnt. Begriffe wie Fairness, Moral oder käufmännische Ehrbarkeit scheinen in den Hirnen der Öl-Manager längst nicht mehr zu existieren.

Warum gelingt es unserem Nachbarn Polen problemlos einen Tankrabatt an die Kunden weiterzugeben? Selbst die Mafia-geplagten Italiener kriegen das hin. Im Land hinterm Brenner waren Diesel und Benzin immer teurer. Mit dem Rabatt von 25 Cent ist jetzt Italien viel günstiger als Deutschland.

Und hierzulande? Das Kartellamt will die Sache beobachten. Jeder weiß, was da herauskommt. Stichwort "zahnloser Tiger". Die Manager sollten froh sein, in einer Demokratie leben und wirtschaften zu dürfen. Nicht auszudenken, was ihnen in einer Autokratie blühen würde.  

Her mit der Gewinnabschöpfungssteuer!

So ist die Idee einer Gewinnabschöpfungssteuer nur zu begrüßen. Falls die Branche das nicht versteht, hier eine kleine Übersetzungshilfe in Eure Sprache: Wenn Ihr uns verarscht, verarschen wir zurück!  

Deshalb werde ich beim nächsten Mal den Rabatt erneut als Kupfermünzen zur Kasse tragen. Bei der netten Aral-Kassiererin möchte ich mich allerdings für den Zähl-Aufwand entschuldigen. Vielleicht hat sie ja das kleine Trinkgeld bemerkt. Immerhin: Noch waren es 2- und 5-Cent-Stücke. Die "Streumunition" fürs nächste Mal liegt schon bereit: jede Menge 1-Cent-Münzen.

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MDR Wirtschaftsredaktion

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR um 11 | 07. Juni 2022 | 11:00 Uhr