FachkräftemangelPflegeberufe in der Krise: Gutachten empfiehlt akademische Ausbildung
Der Sachverständigenrat Gesundheit & Pflege hat am Donnerstag ein neues Gutachten zu Fachkräften im Gesundheitswesen vorgestellt. Darin heißt es sinngemäß: Die raren Fachkräfte sollen besser eingesetzt und im Krankenhaus weniger Menschen behandelt werden. Was genau muss sich laut Experten im Krankenhausbetrieb ändern?
- Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe fordert, dass Menschen – dort, wo es möglich ist – ambulant statt im Krankenhaus behandelt werden, um nicht unnötig das Pflegepersonal zu binden.
- Außerdem brauche es eine Akademisierung der Pflegeberufe.
- Ein weitere Forderung, um den Pflegemangel in Krankenhäusern zu bekämpfen, lautet: Mehr Vollzeitarbeit statt Teilzeitarbeit.
Dass zu viele Menschen im Krankenhaus statt ambulant behandelt werden und das Pflegepersonal unnötig binden, sehen alle. Christel Bienstein ist die Präsidentin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe. Sie nennt ein Beispiel, wie es besser gehen könnte: "Ich habe selbst Studien durchgeführt, wo wir festgestellt haben: Wenn wir in Altenpflegeeinrichtungen qualifizierte Kollegen haben, die über erweiterte Kompetenzen verfügen, dann müssen wesentlich weniger Menschen aus Alteneinrichtungen in Krankenhäuser wegen irgendwelcher Probleme, die sie vielleicht vor Ort entwickelt haben. Und sie werden in dem Altenheim dann besser versorgt."
Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe fordert Akademisierung der Pflegeberufe
Dafür müssen Pflegekräfte aber auch mehr dürfen und mehr können. Bienstein ist überzeugt, dass es eine Akademisierung der Pflegeberufe braucht – auch für ein selbstsicheres Auftreten gegenüber der Ärzteschaft: "Wir merken: Überall da, wo Kollegen sind, die einen akademischen Hintergrund haben, sprechen wir auf gleicher Augenhöhe mit allen anderen Gesundheitsfachberufen, die in Kliniken, etc. tätig sind. Die Kollegen, die eine berufsfachliche Ausbildung haben, haben zumeist Ängste, sich gegenüber den anderen Berufsgruppen zu artikulieren."
Denn man müsse in den Krankenhäusern auch an die Hierarchien ran, um den Pflegeberuf attraktiv zu machen, sagen die Gutachter vom Sachverständigenrat Gesundheit & Pflege. Gerald Gaß ist Vorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Er sagt, es gebe noch immer Krankenhäuser, in denen die Ärzteschaft sehr dominant sei und die Pflege hinten anstehe. Doch im Gros der Kliniken habe längst ein Wandel eingesetzt – hin zu mehr Teamgeist: "Wir brauchen da viel mehr Respekt und Wertschätzung für die wechselseitigen Kompetenzen. Die Krankenhäuser, die sich da noch nicht so richtig auf den Weg gemacht haben, die haben auch Nachteile am Arbeitsmarkt und das spüren die auch und deswegen entsteht auch da – ich sage mal – ein positiver Druck zur Veränderung."
Forderung nach mehr Vollzeitarbeit in Pflegeberufen
Ein weiterer wichtiger Punkt, um den Pflegemangel in Krankenhäusern zu bekämpfen: Mehr Vollzeitarbeit. Über 50 Prozent des Pflegepersonals war 2023 in Teilzeit beschäftigt – je geringer die Qualifikation, desto höher die Quote. Viele verlieren ihren Spaß an der Arbeit auch wegen der überbordenden Bürokratie, sagt Gaß. Er sieht aber auch die Krankenhäuser selbst in der Pflicht, die Arbeitsbedingungen zu verbessern: "Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Da können so Themen wie betriebseigene Kindertagesstätten, aber auch verlässliche Dienstpläne ganz bedeutungsvoll sein. Vielfach sagen die Menschen auch, wir sind deshalb in Teilzeit, weil wir uns in Vollzeit gar nicht auf den Dienstplan verlassen können, weil wir dann immer einspringen müssen."
Es gebe gute Konzepte wie Springer-Pools. Dann werden bei Engpässen nur Kolleginnen und Kollegen angerufen, die sich vorher dazu bereit erklärt haben. Die Idee findet auch Christel Bienstein vom Berufsverband für Pflegeberufe gut. Wirklich umsetzen würden das aber nur wenige Krankenhäuser.
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 28. April 2024 | 06:00 Uhr