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BundesprojektZukunftszentrum Deutsche Einheit: Standort soll bis Anfang 2023 feststehen

08. Oktober 2022, 09:27 Uhr

Ende September haben sieben ostdeutsche Städte ihre Bewerbung als Standort für das geplante Zukunftszentrum zur Deutschen Einheit eingereicht, darunter mehrere aus Mitteldeutschland. Kunst und Wissenschaft sollen sich in dem Zentrum ab 2028 mit Transformationsprozessen beschäftigen. Der Gewinner des Standortwettbewerbs erhält bis zu 200 Millionen Euro. Wer in Mitteldeutschland womit punkten will.

Die Nachwendejahre waren eine Zeit gesellschaftlichen Umbruchs. Probleme wie Arbeitslosigkeit und Rechtsextremismus prägten die 90er-Jahre. Die erste Euphorie nach dem Mauerfall traf auf eine harte Realität. Bis heute fühlen sich viele Ostdeutsche als "Bürger zweiter Klasse", heißt es in einem Bericht der Kommission "30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit". Dieses Gefühl sei von Beginn des Einigungsprozesses an Teil der Grundstimmung im Osten gewesen.

Genau da will das "Zukunftzentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation" ansetzen, dessen Gründung die Kommission vor zwei Jahren vorschlug. In dieser Einrichtung soll es unter anderem um die Veränderungen in Ostdeutschland, aber auch in Mittel- und Osteuropa nach der Wende gehen. Auch die "Lebensleistung der Ostdeutschen" soll gewürdigt werden. Als Standort beworben haben sich sieben Städte aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg, nämlich Halle, Jena, Eisenach, Mühlhausen, Sonneberg und Frankfurt (Oder) und Leipzig gemeinsam mit Plauen. Bewerben konnte man sich bis Ende September.

Wie es bis zur Entscheidung weitergeht

Die Jury, in der unter anderem die frühere Stasi-Beauftragte Marianne Birthler, der ehemalige Bundesminister Thomas de Maizière, Brandenburgs ehemaliger Ministerpräsident Matthias Platzeck und die frühere FDP-Vize Cornelia Pieper sitzen, wird im November alle Bewerberstandorte besuchen. Die erste Sitzung soll in der ersten Novemberwoche stattfinden. Dort wird die Jury eine Vorauswahl treffen. Die ausgewählten Städte werden in der gleichen Woche benachrichtigt und Mitte November von der Jury besucht. Bei diesen Terminen haben die teilnehmenden Städte die Gelegenheit, ihre Bewerbung noch einmal persönlich vorzustellen und die Jury über das für das Zukunftszentrum geplante Gelände zu führen. Ende 2022 oder Anfang 2023 wird die Jury zu einer zweiten Sitzung zusammenkommen und den Gewinner bestimmen. Die finale Entscheidung wird aber die Bundesregierung treffen.

Der Ostbeauftragte Carsten Schneider (SPD) bestimmt die inhaltliche Gestaltung des Zukunftszentrums. Bildrechte: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Begegnungs-, Forschungs- und Kulturort

Das "Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation" soll ein Begegnungs-, Forschungs- und Kulturort werden. Geplant sind ein Wissenschaftsinstitut sowie ein Galerie- und Veranstaltungszentrum. Nach Angaben der Bundesregierung ist das Zukunftszentrum auch eine Antwort auf die Frage, welches Land Deutschland mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung in Europa sein will.

Es soll gesellschaftlichen Zusammenhalt stiften und die Verbindung von Deutschlands Einheit mit der Demokratie in Europa thematisieren. Dabei wird es vor allem um die Nachwendejahre in Ostdeutschland, Mittel- und Osteuropa gehen, aber auch um Strategien für "Transformationsprozesse der Gegenwart und Zukunft". Schon vor der Fertigstellung des Gebäudes soll eine gemeinnützige GmbH als Träger gegründet werden, die Angebote und Programme für das Zukunftszentrum entwickelt.

Jena und Halle rechnen sich gute Chancen aus

Sowohl in Thüringen als auch in Sachsen-Anhalt hatten sich zunächst mehrere Städte um das Zukunftszentrum beworben. Als die Landesregierung in Sachsen-Anhalt jedoch im Juli offiziell beschloss, Halle zu unterstützen, zogen Magdeburg, Dessau und Wittenberg ihre Bewerbungen zurück. Damit ist Halle der einzige Bewerber aus Sachsen-Anhalt. Aus Thüringen gehen vier Städte ins Rennen. Neben der Stadt Jena, die von der Landesregierung unterstützt wird, bewerben sich auch Eisenach, Mühlhausen und Sonneberg.

Dafür zeigte Jenas Oberbürgermeister Thomas Nitzsche (FDP) im Gespräch mit MDR AKTUELL kein Verständnis. Am Ende werde ja schließlich nur ein Standort ausgewählt, nicht mehrere halbe. In einer Pressekonferenz im Juni sagte er: "Die Stadt Jena hat im Standortwettbewerb um das Zukunftszentrum beste Voraussetzungen – sowohl im Vergleich mit Städten anderer Bundesländer als auch im thüringenweiten Vergleich."

Die Stadt könne eine besondere Transformationsgeschichte erzählen, von den Umbrüchen und Verwerfungen der Wendezeit, aber auch von Aufbrüchen, neuen Chancen und einer erfolgreichen Entwicklung. Auch Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) bezeichnete Jenas Bewerbung als "Glücksfall". Die Stadt erfülle alle Bedingungen des Standortwettbewerbs in ausgezeichneter Weise.

Halle wird vom Land Sachsen-Anhalt unterstützt

Ähnlich optimistisch zeigt sich Sachsen-Anhalts Bewerber Halle, der vom Land einen Zuschuss von 50.000 Euro bekommen hat. "Unsere Unterlagen können sich sehen lassen. Wir haben aus der gesamten Region eine riesige Unterstützung erfahren", sagte Bürgermeister Egbert Geier (SPD) Ende September.

Nach Aussage von Sachsen-Anhalts Kulturminister Rainer Robra (CDU) hat Halle genau das richtige Profil für eine erfolgreiche Bewerbung. Ausschlaggebend für die Unterstützung der Landesregierung seien die weit vernetzten wissenschaftlichen Einrichtungen und die große kulturelle Vielfalt der Stadt gewesen. Auch die gute Verkehrsanbindung habe eine Rolle gespielt.

Doppelstandort Leipzig-Plauen?

Aus Sachsen gibt es eine gemeinsame Bewerbung von Leipzig und Plauen. Beide Städte sind zuversichtlich. Sie böten als Ausgangsorte der Friedlichen Revolution und als "Tandem aus einer dynamisch wachsenden Metropole und einer mittelgroßen Stadt mit starken Bezügen in den ländlichen Raum" die vielgestaltigste Bewerbung von allen, schreibt die Stadt Leipzig auf ihrer Homepage.

Außerdem haben Plauen und Leipzig einen Vorschlag für eine Erweiterung des Zukunftszentrums gemacht: ein sogenannter Zukunftszug, der Leipzig und Plauen mit vielen Orten in Deutschland, Mittel- und Osteuropa verbinden könnte. Eine erste Probefahrt gab es Anfang September.

Zukunftszentrum soll 2028 eröffnet werden

Der Gewinner des Standortwettbewerbes erhält bis zu 200 Millionen Euro vom Bund. Nach der Auswahl des Standorts wird es einen Architekturwettbewerb geben. Dafür soll nach Angaben der Bundesregierung entweder ein komplett neues Gebäude entworfen oder ein bestehender Bau mit "signifikanter Architektur" umgestaltet werden. Geplante Eröffnung des Zukunftszentrums ist 2028.

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dpa, MDR (Annekathrin Queck)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 07. Oktober 2022 | 12:00 Uhr

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