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Braune AutobahnschilderFür zwei neue Schilder: Sangerhausen soll 181.000 Euro zahlen

21. April 2024, 10:35 Uhr

Die Stadt Sangerhausen soll für zwei Schilder, die an der Autobahn auf das Rosarium hinweisen, 181.000 Euro bezahlen. Der Bund der Steuerzahler hatte die Ausgabe bereits kritisiert, als der Preis für die Tourismushinweise noch deutlich geringer war. Die Autobahn GmbH rechtfertigt die Summe mit hohen Kosten. Für die Stadt kann sich die Anschaffung trotz allem lohnen, meint ein Tourismusforscher.

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Die Stadt Sangerhausen will die beiden Schilder erneuern, die an der A38 auf das Rosarium hinweisen – und soll dafür wesentlich mehr Geld bezahlen als zunächst erwartet. Nach Angaben von Oberbürgermeister Sven Strauß (SPD) verlangt die Autobahn GmbH von der Stadt 181.000 Euro für zwei sogenannte touristische Unterrichtungstafeln. Jedes Schild koste also mehr als 90.000 Euro.

Schilder für das Rosarium Sangerhausen sind an beiden Seiten etwa einen halben Meter zu kurz

Schon im vergangenen Jahr hatte der Bund der Steuerzahler gerügt, dass die Stadt neue Schilder anschaffen soll. Damals rechnete man allerdings mit rund 10.000 Euro Kosten pro Schild. Die verblasste Schrift auf den Schildern könne nicht kostengünstig erneuert werden, weil die Autobahn GmbH seit 2021 bundesweit einheitliche Standards vorschreibe, hieß es. Laut diesen müssen die Schilder mit 2,4 Meter mal 3,6 Meter etwas größer sein als die Schilder, die bislang auf einer Fläche von 2 Meter mal 3 Meter auf das Rosarium Sangerhausen hinweisen.

Der Landesvorsitzende des Steuerzahlerbunds, Ralf Seibicke, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, die Autobahn GmbH rechtfertige den hohen Preis für die Schilder auch damit, dass es sich um teure Einzelstücke handle. Diese Begründung könne er nicht nachvollziehen.

Autobahn GmbH: Kosten für Dienstleistungen sind gestiegen

Der Sprecher der Autobahn GmbH, Tino Möhring, erklärte, dass man beim Aufbau der Schilder geltendes Recht umsetze. Das sei zuletzt deutlich teurer geworden. "Das Schild muss gebaut werden, es muss montiert werden", sagte Möhring. Zudem fielen Kosten für die Sicherung an. All diese Kosten seien in den vergangenen Jahren gestiegen.

Man könne die heutigen Preise nicht mehr mit den früheren vergleichen. Die Autobahn GmbH gebe alle Kosten für die Schilder weiter und mache damit selbst keinen Gewinn. Wie genau die Kosten sich verteilen, hatte die Autobahn GmbH auf Anfrage von MDR AKTUELL zuletzt allerdings nicht erklärt.

Laut der Autobahn GmbH ist es zuletzt deutlich teurer geworden, die touristischen Hinweisschilder aufzustellen. Bildrechte: MDR/Michael Rosebrock

Tourismusforscher: Schilder kosten üblicherweise deutlich weniger

Sven Groß, Tourismusforscher an der Hochschule Harz, hat erforscht, wie die Hinweisschilder an den Autobahnen wahrgenommen werden. Er meint: Grundsätzlich lohne sich die Investition. Dass die Stadt Sangerhausen pro Schild rund 90.000 Euro zahlen soll, sei allerdings ein Extrem: "30.000 bis 40.000 Euro ist der Durchschnitt für die Aufstellung einer Unterrichtungstafel." Allerdings sei zu berücksichtigen, dass die Schilder jeweils für 15 Jahre aufgestellt werden. Bei einem Preis von 90.000 Euro koste ein Schild die Stadt also jährlich 6.000 Euro.

Wenn nur 1.000 Leute im Jahr rausfahren sollten und jeder 35 Euro ausgibt, können wir ausrechnen, wie viel an zusätzlicher Wertschöpfung entsteht.

Sven Groß | Tourismusforscher

Groß erklärt, er habe bei seiner Forschung festgestellt, dass die Schilder an den Autobahnen Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Demnach haben in einer Befragung 97 Prozent der Probanden angegeben, dass sie die Schilder wahrnehmen würden. Jeder sechste habe angegeben, schon einmal spontan von der Autobahn abgefahren zu sein, um dem Schild zu folgen. Daneben gebe es auch mittel- und langfristige Wirkungen: Die Autofahrer würden das Ziel auf der Rückreise ansteuern oder es später in ihren Urlaub einplanen.

Schilder an der Autobahn können Geld in die Stadtkasse bringen

Wie viele Autofahrer schon von der A38 abgefahren sind, um das Rosarium in Sangerhausen zu besuchen, kann Groß nicht sagen. Auch, wie viel Geld die Stadt dadurch abnimmt, lasse sich nur schätzen. In Österreich habe eine Untersuchung gezeigt, dass Menschen bei spontanen Ausfahrten im Schnitt 35 Euro ausgeben. "Wenn nur 1.000 Leute im Jahr rausfahren sollten und jeder 35 Euro ausgibt, können wir ausrechnen, wie viel an zusätzlicher Wertschöpfung entsteht", erklärt Groß. Neben den wirtschaftlichen Effekten könne die Region die Schilder zusätzlich für ihr Marketing nutzen. Allein die zusätzliche Sichtbarkeit könne das Image stärken.

Auch, wenn es teuer sei, würden seine Forschungsergebnisse zeigen, dass es sich lohne, die Schilder aufzustellen, sagt Groß. Der Stadt Sangerhausen empfiehlt er, die Schilder erneut aufzustellen – allerdings auch, zu versuchen, mit der Autobahn GmbH die Kosten noch etwas zu reduzieren.

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MDR (Heike Bade, Maren Wilczek)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 20. April 2024 | 19:00 Uhr

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