Erste Doktorin seit 2021Hochschule Merseburg vergibt Doktortitel für BDSM-StudieVon Andreas Manke, MDR SACHSEN-ANHALT
Die Hochschule Merseburg hat seit dem Jahr 2021 das Promotionsrecht zurück. Mit einer umfassenden Studie zu BDSM ist Kirstin Linnemann-Geiger die erste eigenständige Doktorandin, die von der Hochschule den Doktortitel verliehen bekommt. Während ihrer Promotion war die gebürtige Kasselerin voll berufstätig.
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- Kirstin Linnemann-Geiger ist die erste, die an der Hochschule Merseburg promoviert.
- In ihrer Promotion in Angewandter Sexualwissenschaft hat Linnemann-Geiger sich mit dem Thema BDSM befasst.
- Durch ihre Forschung kann sie auch der Jugendarbeit wertvolle Impulse gegen, ist sich Linnemann-Geiger sicher.
Kirstin Linnemann-Geiger hat schon lange einen großen Wunsch: Sie möchte eine Professur übernehmen. "Ziel der Promotion war es, dass ich in die Wissenschaften einsteigen kann. Ich wünsche mir eine Professur in der sozialen Arbeit", sagt Linnemann-Geiger.
Diesem Ziel ist sie nun ein ganzes Stück nähergekommen, denn Ende August hat sie ihre Promotion an der Hochschule Merseburg erfolgreich verteidigt und darf nach der Veröffentlichung ihrer Dissertation den Titel Doktorin führen.
Gegenstand der Promotion ist eine umfassende Studie zu BDSM
Promoviert hat Kirsten Linnemann-Geiger in der angewandten Sexualwissenschaft, was bereits ihr Masterstudiengang war. Dort ist sie auf eine Art Randgruppenforschung gekommen: Da sie in der sozialen Arbeit tätig sei, habe sie sich die Frage gestellt, wie Menschen mit ihrer Sexualität umgehen, wenn sie nicht Mainstream sind.
Das hat sie letztendlich dazu gebracht, sich im Rahmen ihrer Promotion mit dem Thema BDSM im deutschsprachigen Raum zu befassen. Dabei hat sie die Beziehungs- und Sexualzufriedenheit der Teilnehmenden untersucht.
Was bedeutet BDSM?BDSM zeige sich in ganz vielen Facetten, erklärt Linnemann-Geiger. Zum einen gäbe es die spielerische Variante. Dabei würden die Menschen BDSM nur in ihren eigenen vier Wänden im Schlafzimmer ausüben. Dazu zählten beispielsweise mit Fesselspielen oder sich die Augen verbinden zu lassen, um so Kontrolle und Macht abzugeben.
Daneben gibt es laut Linnemann-Geiger Varianten, die im Alltag praktiziert werden. An dieser Stelle sei das Thema BDSM komplett unerforscht gewesen, denn man sei davon ausgegangen, dass zum allergrößten Teil die spielerische Variante ausgeübt werde.
"Es hat sich gezeigt, dass je intensiver BDSM in den Alltag integriert wird, desto zufriedener sind die Paare in ihrer Sexualität und in ihrem Beziehungsleben", so die Forscherin. Tatsächlich verstehe aber der überwiegende Teil der Praktizierenden BDSM als eine Art Lebenshaltung.
Wer hat die Macht über den Partner?
Die Menschen integrieren dies demnach komplett in den Alltag, indem Partner sich gegenseitig legitimieren und miteinander abklären, wie sie ihre Beziehung leben wollen und wer Macht über den anderen hat. Wichtige Fragen seien zum Beispiel, wer den Haushalt macht oder welche Kleiderordnung es gibt, erklärt Linnemann-Geiger.
Und: "Es hat sich gezeigt, dass je intensiver BDSM in den Alltag integriert wird, desto zufriedener sind die Paare in ihrer Sexualität und in ihrem Beziehungsleben."
Linnemann-Geiger: BDSM kann in der Jugendarbeit ein Thema sein
Auch bei der pädagogischen Arbeit mit Jugendlichen würde BDSM eine immer stärkere Rolle spielen, erklärt Linnemann-Geiger: "Wenn Jugendliche in Heimen bestimmte sexuelle Neigungen haben, war das vor 20 Jahren überhaupt kein Thema und wurde versteckt. Im Zuge der Medialisierung und offeneren Lebenswirklichkeit, die wir heute haben, wird sowas auch in Jugendhilfeeinrichtungen Thema und muss dort gut bearbeitet werden." Da könne das Thema BDSM an die soziale Arbeit andocken.
Linnemann-Geiger, die als erste Doktorandin von der Hochschule Merseburg ihren Doktortitel verliehen bekommen wird, lobt die gesamten Zusammenarbeit als ganz klar transparent. "Das ist ein unglaublich guter, wertschätzender und konstruktiver Prozess gewesen, an dem ich auch selbst beteiligt war."
Promotion an der Hochschule Merseburg erst wieder seit 2021 möglich
Die Hochschule Merseburg verfügt erst seit dem Jahr 2021 wieder über das eigenständige Promotionsrecht. Das Wissenschaftsministerium von Sachsen-Anhalt hatte im Sommer 2022 das Promotionsrecht an zwei hochschulübergreifende Promotionszentren verliehen – ohne dass für den Doktortitel die Beteiligung einer Universität notwendig ist.
Jetzt, nach der Promotion, falle Linnemann-Geiger aber erstmal ein Stein vom Herzen: Die fünfeinhalb Jahre, bis endlich alles abgeschlossen war, seien ein langer Prozess gewesen. Sie sei sehr dankbar, dass alles nun ein Ende habe. Momentan mache sie eine kleine Pause, um in Ruhe die Veröffentlichung ihrer Dissertation Anfang des Jahres abzuschließen und die Promotionsurkunde zu bekommen.
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MDR (Andreas Manke, Maren Wilczek)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 17. November 2023 | 08:30 Uhr
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