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Schule als schöner OrtSchule soll Spaß machen: Projekt in Halle hilft schwänzenden Grundschülern

11. November 2022, 08:45 Uhr

Der Trend ist besorgniserregend: Gerade junge Schüler bleiben zunehmend vom Unterricht fern. Ein Modellprojekt in Halle geht der Frage nach: Wie kann die Schule für die Grundschüler zu einem schönen Ort werden. Zusammen mit den Familien suchen Sozialarbeiter nach passenden Wegen, damit die Kids wieder Lust auf Schule bekommen.

Es sei meist die Angst, die Grundschüler nicht in die Schule gehen lässt, sagt Leo Dölle. "Da spielt weniger 'Kein Bock' eine Rolle, sondern Schulangst. Die sind ängstlich, sind früher vielleicht mal gemobbt worden, sie sind manchmal überaltert, also Kinder mit elf oder zwölf in der dritten Klasse, wo es körperlich auch nicht mehr stimmig ist. Und jetzt müssen diese Kinder begleitet werden", sagt Sozialpädagoge Dölle. Er leitet das Projekt "Move - Beratung und Begleitung" des Jugend- und Familienzentrums Sankt Georgen in Halle. Fakt ist aber auch: Schulschwänzen ist kein neues Phänomen. Die Fallzahlen steigen auch nicht dramatisch an.

"Seit einiger Zeit haben wir in Halle aber festgestellt, dass mehr Kinder nicht den Weg in die Schule finden, teilweise schon in der ersten Klasse nicht", erklärt Dölle, "Das ist ein bisschen erschreckend." Die Gründe dafür sind noch nicht völlig klar. Sicherlich wird von Lehrer, Sozialarbeiter und auch Eltern mehr darauf geachtet und sich im Zweifelsfall auch schneller Hilfe geholt. Eine absolut begrüßenswerte Entwicklung. Aber wo her die Angst vor der Schule gerade bei Grundschülern kommt, ist selbst Experten wie Dölle noch nicht ganz klar.

Zuletzt hätten positive Nachrichten gefehlt

Sicher sei dafür auch der Zeitgeist verantwortlich. "Es fehlten zuletzt einfach gute Nachrichten", merkt Dölle an. Alles auf die Corona-Pandemie zu schieben, sei aber zu kurz gegriffen. Auch die persönliche Veranlagung der Eltern könne eine Rolle spielen. Manchmal haben es Dölle und seine Kollegin, Sozialpädagogin Uta Zwerenz, auch mit sehr ängstlichen Eltern zu tun. "So etwas überträgt sich auch auf das Kind."

Offiziell sind den Behörden in Halle rund 350 Schulschwänzer bekannt. Davon sind rund 70 Grundschüler. Knapp zehn davon können Dölle und Zwerenz in dem Projekt betreuen. Meist kommen die Eltern auf die beiden Sozialpädagogen zu. Oft geben Lehrer oder Sozialarbeiter beim Jugendamt den entscheidenden Impuls. Um dort das Projekt bekannt zu machen, haben beide die Schulen der Stadt, Ärzte oder andere Sozialarbeiter besucht und das Vorhaben dort vorgestellt.

Modellprojekt ist unabhängig von Schulen

Dabei ist die Entstehung des Ganzen etwas Besonderes: Die Initiative für das Projekt ist vom Stadtrat ausgegangen. Dort hat man entschieden, dass es in Halle so etwas geben soll. Zusammen mit dem Jugendamt haben sich dann Dölle und andere hingesetzt und Konzepte geschrieben. "Es war ein großer Vorteil, dass wir die Stadt und das Landesschulamt gleich im Boot hatten", sagt Dölle.

Deutschlandweit besonders dabei: Nicht die Schulen selbst kümmern sich mit Lehrern und Sozialarbeitern um Schulschwänzer. In Halle sind Dölle und Zwerenz unabhängig von den Schulen. Das schaffe oft einen Vertrauensvorschuss, stellen sie häufig fest. Manche Eltern haben kein Vertrauen mehr in die Institution Schule, da sich manchmal schon über die Zeit die Fronten verhärtet haben. "Die Schule sagt dann manchmal: Es kann ja nicht so schwer sein, dass Kind in die Schule zu bringen", erzählt Zwerenz.

Hilfe für die ganze Familien wird angeboten

An erster Stelle sei das ein freiwilliges Angebot, betont Dölle. Heißt: Wer sich nicht helfen lassen will, an dem werden sich auch Dölle und Zwerenz die Zähne ausbeißen. "Wir schließen weitere Hilfen auf", erklärt Zwerenz. "Wir suchen: Was kann dem Kind helfen, die Schule regelmäßig zu besuchen", ergänzt Dölle. Ziel sei es, dass das Kind Schule als etwas Positives erleben könne. "Schule soll schön sein."

Bei der eigentlichen Arbeit schauen sich Dölle und Zwerenz dann die ganze Familie an. "Es geht darum, ein Helfernetzwerk für die Familie zu schaffen", erklärt Sozialpädagogin Zwerenz. Nicht das Kind sei das Problem, sondern wie kann der ganzen Familie geholfen werden. "Wir versuchen auch die Eltern zu stärken, gegenüber der Schule, gegenüber den Ämtern." Die einzelne Hilfestellung müsse genau für die konkrete Familie passen. Das könne manchmal ein Schulbegleiter für das Kind sein, ein anderes Kind braucht dagegen zunächst eine ärztliche Diagnostik, um mögliche Erkrankungen abzuklären. "Es gibt nicht den einen richtigen Weg zum Erfolg", sagt Zwerenz.

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MDR (Hannes Leonard)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT | 10. November 2022 | 15:30 Uhr

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