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2013 hatte ein Hochwasser für verheerende Schäden in vielen Orten Sachsen-Anhalts für verheerende Schäden gesorgt – hier im Ort Scharlibbe im Landkreis Stendal. Bildrechte: picture alliance / dpa

Hochwasser und CyberangriffeKoalition bei Gesetzesreform im Katastrophenschutz nicht einig

13. Oktober 2023, 17:38 Uhr

Extremwetter, Cyberangriffe, globale Krisen: Bedrohungen und Gefahren haben sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich verändert. Sachsen-Anhalts Katastrophenschutzgesetz stammt noch aus dem Jahr 1994. Die SPD-Fraktion im Landtag will es deshalb neu aufsetzen. Doch das Innenministerium des Koalitionspartners CDU stellt sich gegen eine Reform.

In Sachsen-Anhalt wird es wohl vorerst keine von der Landesregierung angestoßene grundlegende Reform des Katastrophenschutzgesetzes geben. Vorstöße der SPD-Landtagsfraktion stießen beim CDU-geführten Innenministerium am Freitag auf Ablehnung.

SPD-Abgeordneter Rüdiger Erben hatte im Landtag erklärt, das Gesetz sei seit 1994 nahezu unverändert geblieben. Bedrohungen hätten sich seither allerdings deutlich verändert. So habe der Begriff "kritische Infrastruktur" damals noch gar nicht existiert. Gefahren etwa durch Cyberangriffe wie 2021 in Anhalt-Bitterfeld oder auch durch Extremwetter infolge des Klimawandels seien kein Thema gewesen. Daher brauche es neue gesetzliche Regelungen.

SPD fordert Vorrat an Katastrophenschutzmaterial

Konkret schlägt die SPD etwa vor, einen Vorrat an Katastrophenschutzmaterial vorzuschreiben. Es funktioniere nicht, erst einzukaufen, wenn die Notlage da ist, sagte Erben. Das habe sich etwa bei den benötigten Sandsäcken für die Hochwasser-Flut im Jahr 2013, bei Zelten für Geflüchtete in den Jahren 2015 und 2016 oder bei den Corona-Masken zu Beginn der Pandemie gezeigt.

Niemand in diesem Lande weiß, wie viele Menschen zu Hause beatmet werden.

Rüdiger Erben | SPD-Landtagsabgeordneter

Mit Blick auf die kritische Infrastruktur warnte Erben etwa vor Engpässen im Gesundheitssektor. "Niemand in diesem Lande weiß, wie viele Menschen zuhause beatmet werden", sagte der SPD-Politiker. Im Falle eines flächendeckenden Stromausfalls müssten die betreffenden Menschen aber allesamt schnell in Kliniken gebracht werden. "Darauf sind wir definitiv nicht ausreichend vorbereitet." Auch hier brauche es eine gesetzliche Regelung.

Zieschang: Bestehendes Gesetz hat sich bewährt

Außerdem fordern die Sozialdemokraten, alle Helfenden bei Einsätzen gleichzustellen. Derzeit gebe es etwa beim Dienstausfall zwar Regelungen für Feuerwehrleute und das Technische Hilfswerk. Andere Helfer – etwa Wasserrettung oder psychosoziale Notfallversorgung – stünden aber ohne diese Ansprüche da. Um in Gefahrensituationen flexibler zu sein, plädierte Erben außerdem dafür, neben der einzigen Kategorie "Katastrophenfall" auch den "Katastrophenvoralarm" sowie das "außergewöhnliche Ereignis" in das Gesetz aufzunehmen.

Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Innenministerin Tamara Zieschang sprach sich unterdessen gegen eine Neukonzeption des Gesetzes aus. Die CDU-Politikerin erklärte im Landtag, nur weil ein Gesetz 30 Jahre alt sei, rechtfertige dies nicht eine grundlegende Änderung. Das Katastrophenschutzgesetz habe sich bei den Fluten 2002 und 2013 sowie während der Corona-Pandemie bewährt, sagte Zieschang.

Krisenmanagement: Neue Abteilung im Innenministerium

Um auf neue Gefahren zu reagieren, habe man etwa die neue Abteilung "Bevölkerungsschutz und Krisenmanagement" im Innenministerium ins Leben gerufen. Auch ein Sonderstab habe zuletzt Maßnahmen für den Umgang in Krisenlagen erarbeitet, die nun umgesetzt würden, sagte Zieschang. Das Katastrophenschutzgesetz brauche daher keine Grundsatz-Reform. Aber: Über punktuelle Änderungen könne man "natürlich reden".

Zurückhaltung kam auch aus der FDP, die ebenfalls Teil der Landesregierung ist. Der Abgeordnete Guido Kosmehl erklärte, er sei dankbar für die Initiative. Allerdings sei das fast drei Jahrzehnte alte Gesetz "offenbar bis heute anwendbar". Kosmehl sprach sich unter anderem dafür aus, den Kommunen mehr Geld für den Brand- und Katastrophenschutz zur Verfügung zu stellen.

Unterstützung von Grünen und Linken

Die AfD kritisierte derweil, dass das Thema nicht in den Ausschüssen behandelt und diskutiert werde. Der AfD-Abgeordnete Hagen Kohl erklärte, offenbar habe die SPD als Juniorpartner in der Koalition kein Gehör gefunden und versuche daher eine Initiative im Parlament. Es handele sich dabei um eine "Ein-Mann-Aktion" von Sozialdemokrat Rüdiger Erben.

Unterstützung für die Gesetzesreform kam von Grünen und Linken. Beide Fraktionen erklärten, man stehe hinter einer möglichen Novelle des Gesetzes. Der Linken-Abgeordnete Andreas Henke sprach von einem "wichtigen Impuls", nun brauche es allerdings eine weitere Initiative.

Grünen-Innenpolitiker Sebastian Striegel erklärte, es sei allerdings bedauerlich, dass es nur eine Aktuelle Debatte zum Thema gegeben habe. Dadurch könnten laut Geschäftsordnung keine Beschlüsse in der Sache gefasst werden.

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MDR (Felix Fahnert)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 13. Oktober 2023 | 19:00 Uhr

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