"Alwines Puppen"Mode in Miniatur: Einzigartige Puppenausstellung in Magdeburg
Das Kulturhistorische Museum Magdeburg zeigt ab dem 1. Dezember eine ganz besondere Ausstellung – denn hier kann Kostümgeschichte im Kleinformat erlebt werden. Das Museum besitzt eine einzigartige Sammlung: Vor 120 Jahren schenkte die Industriellengattin Alwine Arnold dem heutigen Kulturhistorischen Museum Magdeburg Modellpuppen und Trachten in Originalgröße. Nun werden etliche gezeigt.
- In der Sonderausstellung wird eine Sammlung detailgetreuer Puppen gezeigt, deren Erscheinungsbild an Original-Vorbilder aus der jeweiligen Zeit angelehnt ist.
- Das Sammeln von Puppen diente im 19. Jahrhundert der Dokumentation und dem Erhalt von Kostümen und Trachten.
- Die Sammlung ist keine triviale Puppenausstellung und regt zum Nachdenken an.
Das Kulturhistorische Museum Magdeburg hat sich momentan in eine außergewöhnliche Puppenstube verwandelt. Dabei geht es hier ganz und gar nicht um niedliche Spielpuppen. Vielmehr könnten die Figuren auf einem historischen Marktplatz en Miniature stehen.
Die Vielfalt der handgefertigten Puppenkunst
Kuratorin Sabine Ullrich ist besonders von der Leibhaftigkeit der Puppen begeistert: "Wenn Sie sich die Gesichter anschauen, dann sind das ganz individuell geschnitzte Köpfe, Physiognomien in unterschiedlichen Altern, verschiedene Gesichtsausdrücke." Wie kleine Individuen wurden sie auch angemalt.
Letztlich waren sie als wertvolles Geschenk oder eben zum Ausstellen gefertigt worden. Für manche wurden dabei Spielpuppen recycelt, andere sind aus Sägemehl gestopft oder aus hölzernen Gliederpuppen entstanden. Vor allem aber sind sie detailgetreu ausgestattet mit Echthaar und Kleidern, Schmuck und Accessoires nach den Original-Vorbildern. Gerade die Details verführen dazu, die kleinen Kunstwerke ganz genau zu betrachten und immer Neues zu entdecken.
Eine Zeitreise mithilfe historischer Gewänder
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Kleider wahrscheinlich in Magdeburg von der Sammlerin selbst genäht wurden. Über Alwine Arnold, geborene Budenberg, ist leider kaum noch etwas bekannt, sagt Museumsleiterin Gabriele Köster. Die Tochter und Gattin erfolgreicher Fabrikanten hat sich intensiv mit Trachten und Kostümgeschichte beschäftigt und die Sammlung, die heute noch etwa 70 Puppen umfasst, 1905 dem Museum gestiftet.
Und Alwine war mit ihrer Sammelleidenschaft nicht allein. Es war im 19. Jahrhundert geradezu üblich, historische Kostüme und Trachten zu dokumentieren und so vor ihrem Verschwinden zu bewahren. Und das in allen Teilen Europas. So sieht man in der Ausstellung auch Trachten aus der Schweiz oder – wohl am bekanntesten – aus dem Schwarzwald mit den roten Bommeln auf dem Hut. Auch die Kleidung anderer Jahrhunderte kann man auf diese Weise nachvollziehen – zum Beispiel mit Gewändern aus dem Mittelalter.
Mehr als nur Puppen
Letztlich eine facettenreiche Kulturgeschichte, die auch nachdenklich macht, findet Kuratorin Sabine Ullrich. So stellt sich mit der Ausstellung zum Beispiel die Frage, ob es Sammlungs- oder auch Forschungsgebiete gibt, die speziell weiblich sind.
Wer also glaubt, eine Puppenausstellung sei trivial, wird hier eines Besseren belehrt. Untermauert mit Texten, Fotos und einigen Katalogen bekommt man einen Einblick in ein heute fast vergessenes Genre der Trachten- und Modelpuppen. Und weil die Sammlung 120 Jahre alt ist, wird sie nicht oft gezeigt werden. Die Chance sollte man nutzen – zumal es in der Vorweihnachtszeit irgendwie ganz besonders gut zu passen scheint.
Mehr Informationen zur AusstellungAlwines Puppen – Kostümgeschichte en miniature
1. Dezember 2023 bis 20. Mai 2024
Kulturhistorisches Museum Magdeburg
Otto-von-Guericke-Straße 68-73
39104 Magdeburg
Dienstag bis Freitag von 10 bis 17 Uhr
Samstag und Sonntag von 10 bis 18 Uhr
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 30. November 2023 | 07:40 Uhr