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An einem Getränkemarkt in Aschersleben hat der Recyclinghof Farsleben zusätzliche Container aufgestellt. Bildrechte: Tom Gräbe

Übervolle ContainerRecycling von Altglas: Anbieterwechsel im Salzlandkreis wird zum Politikum

01. März 2024, 07:46 Uhr

Wer Altglas wegbringen wollte, im Salzlandkreis, in Salzwedel oder im Jerichower Land, der wurde mitunter vor die Wahl gestellt: Flaschen wieder mitnehmen oder einfach daneben stellen. Seit dem Jahresanfang hat ein neuer Dienstleister in den Landkreisen die Abholung von Altglas übernommen. Danach waren Container übervoll. Es gab viele Beschwerden. Das Thema hat auch die Lokalpolitik erreicht. Eine Bestandsaufnahme.

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Eine Stiege mit leeren Flaschen holt Ralf-Peter Schmidt aus seinem Auto, hier an einem Containerstellplatz an der Bernburger Straße in Staßfurt. Zwei Glascontainer stehen hier. Einer für Weißglas, einer für Grün- und Braunglas - mit zwei Einwürfen. Drumherum: Glasscherben. Und neben einem der Container: Ein zusammengekehrter Haufen aus Scherben und Dreck. Glas knirscht unter den Schuhen. Einer der Container ist fast randvoll. "Ich muss ein bisschen schieben.", sagt Ralf-Peter Schmidt. "Dann muss man aufpassen, dass man nicht ein böser Bürger wird.", und meint, die Flaschen einfach daneben zu stellen. So, wie das hier offenbar häufiger passiert ist. "Weil irgendwann kann man es zu Hause nicht mehr sammeln."

Ärgernis Altglasentsorgung

Da hat sich eine Menge angestaut: Glasflaschen und Ärger. Ralf Peter Schmidt sitzt für die Unabhängige Bürgervertretung Staßfurt im Stadtrat, für eine Wählerinitiative. "Ich hatte nie so viele private Anrufe von Bürgern Zuhause.", sagt er, mit Blick auf die Containersituation. Vor dem Treffen am 21.02. hat er in der Whatsapp-Gruppe seiner Wählerinitiative nach vollen Glascontainern herumgefragt. "Also in Löderburg quellen die Container über", steht in einer Antwort. "Kaufland Ok, Steinstraße am Luisenplatz Ok, Staßfurt Nord, Edeka Ok". In Facebook-Gruppen kursieren immer wieder Fotos übervoller Glascontainer. Auch heute noch.

Die Kritikpunkte

Volle Container sind aber nicht der einzige Aufreger. Grünglas und Braunglas teilen sich jetzt einen Behälter mit zwei Kammern. "Hier stehen sie günstig, manchmal stehen die andersrum.", moniert Ralf-Peter Schmidt. Wer Glas einwerfen wolle, müsse dann über die Wiese gehen. "Da ist Hundekot oder bei Kaufland, da ist ein Abhang. Das hat der Anbieter alles nicht berücksichtigt."

Der linke Container ist für Braunglas und für Grünglas gedacht. Mancherorts stünden die Container verkehrt herum, hat Ralf-Peter Schmidt beobachtet. Bildrechte: Tom Gräbe

Staßfurt ist kein Einzelfall

In Staßfurt schaut die Stadt genau hin. Ein paar Orte weiter in Cochstedt, Ortsbürgermeister Wolfgang Weißbart: "Wenn der Container voll ist und ich sehe, dass da wieder ein paar Flaschen stehen, dann rufe ich an bei ihm", sagt Weißbarth und meint den Geschäftsführer des Recyclinghofs Farsleben, der die Abholung seit Kurzem Organisiert. "Und er hat bis dato immer darauf reagiert. Sofort reagiert, muss ich sagen."

Cochstedts Bürgermeister Wolfgang Weißbart ruft beim Entsorger an, wenn er beobachtet, das Glascontainer übervoll sind. Bildrechte: Tom Gräbe

In der Stadt Seeland packen auch schon mal die Gemeindearbeiter an. "Wir müssen alles säubern.", sagt Bürgermeister Robert Käsebier. "Wir sammeln das Glas ein, warten bis der Container entleert wird und versuchen dann, die Ersten zu sein, um den Container zu füllen. Aber dann ist der Ruckzuck wieder voll."

Flaschen, die neben vollen Glascontainern abgestellt werden, sind ein Ärgernis für viele Anwohner. Bildrechte: Tom Gräbe

Beschwerden auch beim Landkreis

Beschwerden sind auch beim Landkreis und bei den Kreiswirtschaftsbetrieben eingegangen, also dem kommunalen Abfallentsorger. Der Landkreis schreibt in einer Mitteilung vor einigen Wochen: "Der Kreiswirtschaftsbetrieb des Salzlandkreises ist für die Altglas-Entsorgung NICHT zuständig."  

"Der Salzlandkreis ist (…) weder Auftraggeber, noch in irgendeiner Weise in die Vergabe der entsprechenden Leistungen involviert gewesen." Der Kreiswirtschaftsbetrieb kenne lediglich die Sammelplätze und die Entsorgungszyklen.

So funktioniert das Recycling-System

Die Zuständigkeiten sind so geregelt: Das Altglasrecycling organisieren Firmen, die eine Säule des Dualen Systems der Abfallwirtschaft bilden. Eins davon ist zum Beispiel der Grüne Punkt. Für den Salzlandkreis ist das Unternehmen Bellandvision zuständig. Bellandvision hat den Auftrag für die Containerbewirtschaftung an den Recyclinghof Farsleben vergeben. Der Recyclinghof Farsleben stellt die Container an den Stellplätzen auf und leert sie. Um die Sammelplätze sauber zu halten, gibt es in der Regel individuelle Vereinbarungen zwischen Container-Dienstleistern und Kommunen.

Auch in Gardelegen gab es vor kurzem Beschwerden wegen übervoller Glascontainer. Bildrechte: MDR SACHSEN-ANHALT Hörerin Nadine aus Solpke
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Der Salzlandkreis hat Ende Januar einen Brief an Bellandvision geschrieben, der MDR Sachsen-Anhalt vorliegt. Darin heißt es: "Sorgen Sie als Auftraggeber dafür, dass die Probleme abgestellt werden." Der Landkreis appelliert an Bellandvision: "Werden Sie Ihrer Verantwortung für die öffentliche Daseinsfürsorge gerecht, zu der Sie sich vertraglich verpflichtet haben."

Ein voller Glascontainer in Aschersleben. Bildrechte: Tom Gräbe

Auf Nachfrage von MDR-Sachsen-Anhalt antwortet Bellandvision, dass der Entsorger zum Jahreswechsel Entleerungsrhytmus und die Anzahl der Container justiert habe. "Dazu ist anzumerken, dass zum Jahreswechsel mehr Verkaufsverpackungen aus Glas bei den Bürgerinnen und Bürgern anfallen, sodass diese Mengen sich ggf. in einem Umstellungsprozess auch mit einem zeitlichen Versatz bemerkbar machen.", so Belland-Vision. Beschwerden wären aus dem Salzlandkreis und dem Jerichower Land eingegangen. Die Beschwerden wären abgeklungen.

Recyclinghof sieht momentan in Größenordnungen keine ernsthaften Beschwerden

Norman Mattke, der Geschäftsführer des Recyclinghofs Farsleben dürfte viele Anrufe bekommen haben, in den vergangen Monaten. "Wir hatten sicherlich am Anfang des Jahres einige Probleme aufgrund des hohen Aufkommens.", sagt Mattke. Zur Zeit gäbe es in Größenordnungen keine ernsthaften Beschwerden. "Es gibt natürlich auch außer der Reihe mal solche Aktionen, die man nicht berechnen kann". Ein klassisches Thema sei: jemand räume seine Garage auf und bringe gesammelte Flaschen aus zwei Jahren zum Stellplatz. "Aber wenn bei uns eine Beschwerde eingeht, reagieren wir in der Regel innerhalb von zwei bis maximal drei Tagen vorausgesetzt uns erreicht die Information". An besonders frequentierten Sammelplätzen habe der Recyclinghof zusätzliche Container aufgestellt. Einer davon ist an einem Getränkemarkt in der Mehringer Straße in Aschersleben - oder auch am Kaufland in Staßfurt.

425 Sammelplätze gibt es allein im Salzlandkreis. Die Situation habe sich inzwischen entspannt, schreibt die Stadt Staßfurt in einer Stellungnahme. Mitte März hat sich der Bauausschuss des Stadtrates den Geschäftsführer des Recyclinghofs Farsleben zur Sitzung eingeladen.

Übervolle Glascontainer standen in der vergangenen Woche in Löderburg. Bildrechte: UBVS Staßfurt

Hier und da gebe es noch Nachbesserungsbedarf. Insbesondere was die Kapazitäten der Container und die Reinigung der Containerstellplätze angehe. Stadtrat Ralf-Peter Schmidt fordert in Staßfurt, dass der Auftrag für die Containerbewirtschaftung überdacht wird. "Ich hätte nie gedacht, dass so was so kompliziert ist.", sagt er noch. Und schiebt die letzte Flasche in den Container.

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MDR (Tom Gräbe)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT | MDR SACHSEN-ANHALT | 29. Februar 2024 | 17:00 Uhr

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