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Im Podcast "Digital leben" diskutiert Marcel Roth (Zweiter von rechts) dieses Mal über die Frage, wie Technik und KI Musik und Literatur verändern. Bildrechte: Poenicke, WDR, Michel Klehn, MDR

Podcast "Digital leben"Kunst, Kultur und KI: Wie Technik Literatur und Musik verändert

13. November 2022, 11:03 Uhr

Geschichten und Musik gibt es seit Menschengedenken. In digitaler Form gibt es sie erst ein paar Jahrzehnte. Das hat Bibliotheken, Literatur und Musik verändert – auch, weil jederzeit gemessen werden kann, wie Kulturgüter bei Lesern und Hörern ankommen.

Für die Chefin der Stadtbibliothek Magdeburg, Cornelia Poenicke, gehören Computer schon seit Jahrzehnten zum Alltag. "Jedes unserer Medien hat eine Signatur, anhand der ich ganz genau weiß, wo ich Buch, CD oder DVD suchen muss." Was früher ein Zettelkasten gewesen sei, können Bibliotheksbesucher seit drei Jahrzehnten ausschließlich digital benutzen. So können Bibliotheken auch sehen, welche Medien am häufigsten ausgeliehen werden.

Das gilt auch für E-Books, die Sachsen-Anhalts Bibliotheken in der sogenannten Onleihe anbieten. "Wir haben mit E-Books, E-Papern oder Hörbüchern inzwischen fast 120.000 digitale Medien. Ein ordentlicher Bestand. Die größte Gruppe davon sind Sachbücher", sagt Poenicke, die auch stellvertretende Vorsitzende des Landesverbands Sachsen-Anhalt im Deutschen Bibliotheksverband ist.

Bibliotheken sammeln keine Nutzerdaten

Anders als Amazons E-Book-Shop und der E-Book-Reader Kindle erfassen die Bibliotheken in ihrer Onleihe selbstverständlich nicht, wie lange, wie oft und welches E-Book ein Leser liest. Ein Journalist der britischen Tageszeitung "Guardian" hat sich 2020 seine Nutzerdaten von Amazon genauer angeschaut und kam zu dem Schluss, dass Amazon aus seinen Büchern und seinem Leseverhalten leicht Rückschlüsse auf persönliche Gesundheit, Beruf, Hobbys und Lebensgewohnheiten ziehen kann.

Wir haben nicht die Zeit, unseren Besuchern hinterher zu spionieren.

Cornelia Poenicke | Leiterin der Stadtbibliothek Magdeburg

"Das machen wir nicht", sagt Poenicke. "Der Charme der öffentlichen Bibliotheken ist ja, dass der Anbieter keine persönlichen Nutzerdaten hat und bekommt. Wir haben auch nicht die Zeit, unseren Besuchern hinterher zu spionieren." Bibliotheken könnten nur sehen, wie lange ein bestimmter Titel ausgeliehen ist – und wann er zurückkommen müsste.

Trotzdem seien diese Daten für Bibliothekare ein gutes Instrument: so erfahren sie, was lokal und regional besonders gefragt sei. "Und danach richten wir auch unser Kaufverhalten aus", sagt Poenicke im MDR SACHSEN-ANHALT-Podcast "Digital leben". Beim Kaufen allerdings wird es kompliziert: Echte Bücher können Bibliotheken einfach im Buchhandel kaufen. Bei E-Books ist die Lage komplexer – schon seit Jahren gibt es einen Zwist zwischen Bibliotheken und Buchverlagen. Es geht um Geld.

Diskussion mit Buchverlagen

Für E-Books kaufen Bibliotheken bei den Verlagen eine Lizenz, die ihnen erlaubt, die E-Books zu nutzen und zu verleihen. "Die Lizenzmodelle sind kompliziert: Es gibt welche, die zeitlich befristet sind oder bei denen die Anzahl der Ausleihen begrenzt ist." All das kann dazu führen, dass Bibliotheken für eine E-Book-Lizenz mehr Geld ausgeben müssen, als das E-Book im freien Handel kostet.

Bei dem Streit geht es auch darum, die Autoren zu bezahlen. Denn anders als bei gedruckten Büchern, für die Bibliotheken Tantiemen zahlen, gibt es eine solche Lösung für E-Books nicht. "Der Bibliotheksverband hat vorgeschlagen, diese Bibliothekstantiemen auch auf die E-Books auszudehnen", sagt Poenicke. Die Situation sei aber festgefahren. Poenicke hofft, dass die Politik bei der Lösung hilft.

E-Books kommen Bibliotheken teuer – und später

Ein anderes Problem, das Bibliotheken und Verlage seit Jahren haben: Vor allem E-Books, die als Bestseller gewertet werden, geben Verlage erst Monate nach ihrem Erscheinen für die digitale Ausleihe an Bibliotheken frei. Die Verlage fürchten, dass sie weniger E-Books verkaufen, wenn sie sofort bei Erscheinen auch in Bibliotheken ausgeliehen werden können. "Aber den Nachweis, dass diese Praxis den Absatz von E-Books im Handel fördert, muss die Verlagsbranche erst noch erbringen", sagt Poenicke. Denn wie jedes gedruckte Buch auch, kann ein E-Book immer nur von genau einer Person gleichzeitig gelesen werden.

Wie digitale Technologien Bibliotheken und Literatur verändern*

Durch die Möglichkeit, Bücher online zu lesen und zu kaufen, haben sich die Bibliotheken in den letzten Jahren stark verändert. Auch die Art und Weise, wie Literatur produziert und konsumiert wird, hat sich durch die digitale Technologie stark verändert. Auch die Art und Weise, wie Literatur produziert und konsumiert wird, hat sich durch die digitale Technologie stark verändert. In diesem Blogpost werden wir uns einige dieser Veränderungen genauer ansehen und erläutern, wie sie die Literaturlandschaft verändert haben.

*Diesen Absatz oben hat die KI von mindverse produziert: anhand der Überschrift des Absatzes. Methoden der KI können von Schriftstellerinnen und Verlagen auch schon vor Erscheinen eines Buches genutzt werden: Die Firma Qualifiction bietet zum Beispiel Verlagen und Autoren an, Buch-Manuskripte zu analysieren und so zum Beispiel Lektoren in Verlagen zu entlasten.

Computer: Musik machen leicht gemacht

Im Podcast "Digital leben" von MDR SACHSEN-ANHALT erzählt Jochen Rausch von seinen Erfahrungen als Musikmacher, Musikchef im WDR und als Musik-Fan. Für ihn fand der erste Schritt in der Musikrevolution schon vor Jahrzehnten statt: als jeder mit wenig Geld professionell Musik herstellen konnte. "Plötzlich konnte jeder mit Computern egal welche Musik machen. Man konnte Gitarrenmusik aufnehmen, ein Schlagzeug oder einfach singen", sagt Rausch.

Das sei zwar irre umständlich gewesen. Aber für Musiker war es ein Fortschritt, weil sie keine Bandmaschinen mehr brauchten. "Das hat das Musikmachen massiv verändert. Wenn du etwas produziert hast, kannst du jederzeit wieder eingreifen und verbessern", sagt Rausch.

Computer: Musik verkaufen leicht gemacht

Gleichzeitig hofften Musiker und Bands damals, ihre Werke selbst verkaufen zu können. "Aber das war ein Denkfehler, weil das Digitale sich leider auch im Umsatz und im Verkauf fortgesetzt hat. Denn plötzlich verlor der Tonträger sozusagen seine Sinnlichkeit", sagt Rausch.

2001 kam Apples iPod auf den Markt. Zu dieser Zeit gab es keinen Weg, Musik in digitaler Form auf legalem Weg zu kaufen. Den iTunes Store hat Apple 2003 in den USA gestartet. Das in Deutschland entstandene Musikdateiformat mp3 ließ damals Musik-Kopien zum Alltag junger Menschen werden. "Ich bin gegen eine Romantisierung von diesen Raubkopien, denn Kunst und Kultur hat einfach einen Preis", sagt Rausch.

Computer: Geld verdienen leicht gemacht

Die gesamte Musikindustrie habe damals im Wesentlichen vom Verkauf von Tonträgern gelebt. "Und zwar sehr gut. Das war natürlich ein Mega-Geschäft." Trotzdem habe sie es nie geschafft, vom digitalen Markt für Musik zu profitieren. Bis heute nicht, meint Rausch und nennt Spotify als Beispiel. "Es wäre für die Musikindustrie ganz einfach gewesen, Spotify selbst zu machen. Man hätte damals sagen können, das machen wir selbst und niemand anders kriegt von uns eine einzige Platte freigegeben."

Es wäre für die Musikindustrie ganz einfach gewesen, Spotify selbst zu machen. Man hätte damals sagen können, das machen wir selbst und niemand anders kriegt von uns eine einzige Platte freigegeben.

Jochen Rausch | Musikexperte

Und so sei Spotify heute vor allem eine Plattform, um für Künstler präsent zu sein – verdienen würden dort nur die wirklich Großen, sagt Rausch. "Ich habe noch keinen Musiker betroffen, der Spotify super findet. Vom Finanziellen her fühlen sich alle verar****."

Für Musiker und die Branche sind deshalb Konzerte mittlerweile die wichtigste Einnahmequelle – und die Eintrittspreise enorm hoch. Früher wurde der Plattenverkauf mit Konzerten angeleiert, heute leiert die Musik den Ticketverkauf für Konzerte an.

Technologien verändern Musik

Genauso wie sich die Musikbranche ändert, so habe sich auch ihre Produkt, die Musik selbst, verändert, sagt Rausch. "Früher hat man Konzeptalben gemacht, die hatten einen Anfang und ein Ende. Die Lieder hatten miteinander inhaltlich oder von den Stimmungen her miteinander zu tun und hatten wie bei einer Radiosendung eine gewisse Dramaturgie." Das sei im Digitalen vollkommen überflüssig, weil man Lieder ganz leicht überspringen kann.

Rausch sagt, ein Song fange heute ganz anders an: "Man zitiert den Refrain sehr früh, damit die Leute das Sahnehäubchen als Appetizer direkt am Anfang schon mal kennen." Aktuelle Popmusik sei heute fehlerfrei und klinge für ihn aseptisch. "Sie ist für Leute gemacht, die bereit sind, ihre Aufmerksamkeit irgendwelchen Sachen maximal 15 Sekunden zu schenken."

Mit seiner Band "Stahlnetz" hat Rausch vor ein paar Jahren 50 Songs produziert, die jeweils nur eine Minute lang sind. "'Music for Smartphones' heißt das Album und ist eine klare Kritik an der Unaufmerksamkeit der digitalen Zeit." Aber das Schöne an der Popmusik sei, dass sie sich immer wieder neu erfinde: "Die lebt davon, dass irgendwann jemand kommt und sagt, ich mache etwas total anders."

Mehr zum Thema: Digitalisierung in Sachsen-Anhalt

MDR (Marcel Roth)

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