Lange WartezeitenAusländerbehörden in Sachsen-Anhalt überlastet
Die Wartezeiten in den Ausländerbehörden in Sachsen-Anhalt sind extrem lang. Für einen Termin muss man teilweise mehrere Monate warten. Eine Einbürgerung kann sogar mehrere Jahre dauern. Dafür gibt es Kritik vom Flüchtlingsrat und den Grünen.
- Vor allem in Magdeburg und Halle gibt es lange Wartezeiten: Eine Einbürgerung kann bis zu drei Jahre dauern.
- An den langen Wartezeiten gibt es Kritik – langes Warten und Unklarheit bedeuten für viele Ausländer handfeste Nachteile.
- Aktuell gibt es nicht genug Personal in den Ausländerbehörden, um alle Anfragen zeitnah zu bearbeiten, die Personalsuche ist für die Kommunen schwierig.
Ramon kommt aus Südamerika und studiert seit 2016 Maschinenbau in Magdeburg. Eigentlich heißt Ramon anders, aber er möchte seinen richtigen Namen nicht nennen. Seine Aufenthaltsgenehmigung hat er schon häufiger verlängert, er kennt das Prozedere. Doch dieses Mal ist es komplizierter als sonst.
Er sucht das Foto von einem Schreiben der Ausländerbehörde auf dem Handy heraus. Es bestätigt ihm, dass er sich gekümmert hat und teilt mit, dass die Behörde sich noch bis November Zeit nehmen wird, um seinen Antrag zu bearbeiten. Bis dahin möchte er wegen der Überlastung der Behörde von weiteren E-Mails absehen, steht da sinngemäß. Seine Aufenthaltserlaubnis ist aber jetzt schon abgelaufen. Das Studieren ist mit dem Schreiben zwar weiter möglich, aber bis zur Aufenthaltserlaubnis darf der Student keiner Arbeit nachgehen. Für seinen Unterhalt müsse er illegal arbeiten, sagt er achselzuckend. Würde er Familie und Freunde in der Heimat besuchen, dürfe er im Anschluss außerdem nicht wieder nach Deutschland einreisen, erklärt er.
Dabei scheint die Bearbeitungszeit von knapp einem halben Jahr für Ramons Aufenthaltserlaubnis geradezu kurz. Wer zum Beispiel eine deutsche Staatsbürgerschaft beantragen möchte, müsse mit bis zu zwei Jahren Bearbeitungszeit rechnen, schreibt die Ausländerbehörde Magdeburg im Internet und – dass man das bedaure.
Wartezeiten bis zu drei Jahren
Für Stefanie Mürbe vom Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt ist das nichts Neues. Gerade in den Städten Magdeburg und Halle seien die Bearbeitungszeiten extrem lang: "Besonders krass ist das bei Einbürgerungen – bis zu drei Jahre. Aber auch sowas wie Aufenthaltserlaubnisse erteilen oder verlängern oder Arbeitserlaubnisse erteilen, dauert so lange, dass die Personen häufig Arbeitsplatzangebote verlieren", erzählt Mürbe. Die Wartezeiten seien schon lange ein Problem – seit der Pandemie sei es aber besonders extrem, so Mürbe.
Ihr Unverständnis teilt der Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel, innenpolitischer Sprecher der oppositionellen Grünen in Sachsen-Anhalts Parlament: "Die Behörden müssen unverzüglich Termine bereitstellen. Menschen, die ein Anliegen an die Ausländerbehörde haben, müssen wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger diesen Service auch nutzen können. Da darf es keine überlangen Wartezeiten geben. Sachsen-Anhalt ist ein Bundesland, das Zuwanderung braucht." Der Service-Gedanke gegenüber den zugewanderten Menschen müsse hier viel stärker zum Tragen kommen.
Zu wenig Personal in den Ausländerbehörden
Für die Ausländerbehörden verantwortlich sind die Landkreise und kreisfreien Städte. Der Geschäftsführer des Landkreistages Heinz-Lothar Theel wirbt für Verständnis: "Es ist natürlich so, dass die Ausländerbehörden so ausgestattet sind, wie es der normale Bedarf fordert. Wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, dann kann es zu Engpässen kommen." Theel meint Situationen wie den Ukraine-Krieg oder 2015 die Geflüchtetenkrise. Man halte kein Personal auf Vorrat vor, sondern orientiere sich aus wirtschaftlichen Gründen "am Aufgabenbestand".
Zudem sei das Arbeitsfeld wirklich anspruchsvoll, betont Theel und bekommt Unterstützung von Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang von der CDU. Sie erklärt schriftlich: "Die Gewinnung geeigneten Fachpersonals für diese komplexe Rechtsmaterie stellt sich in der kommunalen Praxis als sehr schwierig heraus. Die Besetzung vakanter oder zusätzlich geschaffener Stellen ist oftmals nur noch unter enormem Aufwand der Kommunen möglich."
Ramons Bild vom organisierten, pünktlichen deutschen Staat gerät ein bisschen ins Wanken. Schmunzelnd stellt er fest, dass er sich an die Frist gehalten habe – und die Behörde nicht.
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 01. Juni 2022 | 06:00 Uhr