Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
SachsenSachsen-AnhaltThüringenDeutschlandWeltLeben

WasserschadenBühnentechnik am Görlitzer Theater muss ausgetauscht werden

15. November 2022, 19:28 Uhr

Nach der Überflutung des Görlitzer Theaters haben Experten damit begonnen, die Schäden zu begutachten. Ihr Urteil ist niederschmetternd: Teile der Bühnentechnik lassen sich nicht mehr reparieren.

Im Görlitzer Gerhart-Hauptmann-Theater brummen noch immer die Trocknungsanlagen. Nach dem verheerenden Wasserschaden, den eine Fehlfunktion der Sprinkleranlage vergangene Woche verursacht hatte, leeren die Mitarbeiter des Theaters im Zweistunden-Takt die Wasserbehälter der Trockner. Nach und nach wird das ganze Ausmaß der Katastrophe klar. Denn viele Schäden sind erst nach einer genaueren Inspektion feststellbar.

Dafür sind seit Anfang der Woche Gutachter der Versicherung und Experten für Beleuchtungs- und Bühnentechnik im Theater. Thomas Haser von der Firma Theater-Architekturlicht Chemnitz untersucht die Scheinwerfer auf der großen Bühne. Sein Fazit: Wahrscheinlich müssen alle Scheinwerfer, die in den vergangenen Jahren neu angeschafft wurden, vollständig ausgetauscht werden.

Fast alle Scheinwerfer nicht mehr zu gebrauchen

In den modernen Scheinwerfern steckt Mikroelektronik. Kleine Leiterplatten sorgen dafür, dass der Scheinwerfer das Licht erzeugt, das für die Vorführung gerade gewünscht ist. "Die kleinen Steckverbindungen zwischen den Platten sind nicht versiegelt, fangen bei der hohen Luftfeuchte an zu korrodieren und fallen aus", erklärt der Fachmann. Bis zu 30 Scheinwerfer seien davon betroffen, schätzt Haser. "Eine Reparatur ist nicht sinnvoll, da man die Betriebssicherheit der Geräte dann nicht mehr gewährleisten kann."

Das ist ein unglaublicher Schock.

Kendy Tanzmann | Beleuchtungsmeister | Gerhart-Hauptmann-Theater

Beleuchtungsmeister Kendy Tanzmann steht inmitten der beschädigten Bühnentechnik. "Das ist ein unglaublicher Schock. Von jetzt auf gleich ist alles kaputt. Die nächsten Tage waren durchgeplant. Plötzlich stehen wir vor den Scherben", beschreibt Tanzmann seinen Gemütszustand. Er macht sich keine Hoffnungen, dass das Theater bald wieder in Betrieb gehen kann. Selbst wenn klar ist, was ersetzt werden muss, verhindern lange Lieferzeiten für die Spezialtechnik, dass hier wieder Bühnenstücke gezeigt werden können. "Bis hier wieder ein normaler Spielbetrieb stattfinden kann, das wird lange dauern", ist Kendy Tanzmann überzeugt.

Ersatz von Spezialanfertigungen wird dauern

Tanzmann wischt mit der flachen Hand eine Schmutzschicht von einem Pult – dem Herzstück der Bühne. "Ohne das Regiepult ist das Theater handlungsunfähig", erklärt der Techniker. "Darüber werden alle Gewerke koordiniert. Wenn das nicht funktioniert, nutzt uns die ganze andere Technik nichts." Das Steuerpult wurde speziell für die Anforderungen des Görlitzer Theaters angefertigt. Es könne nicht ohne Weiteres ersetzt werden. "Jetzt muss erstmal geprüft werden, ob die verbauten Komponenten überhaupt noch lieferbar sind und wieder eingebaut werden können oder ob ein neues Konzept mit aktueller Technik erarbeitet werden muss", erläutert Kendy Tanzmann.

Am Görlitzer Gerhart-Hauptmann-Theater können wegen der Havarie auf unbestimmte Zeit keine Bühnenstücke mehr aufgeführt werden. Bildrechte: Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau

Gesamtschaden wird erst im Dezember feststehen

Theater-Intendant Daniel Morgenroth erwartet, dass sich die Aufnahme der Schäden noch Tage hinziehen wird. "Kein Gutachter allein kann das in seiner Gesamtheit erfassen. Wir arbeiten im Theater mit sehr spezialisierter Technik, die nur wenige Leute verstehen und warten können", betont Morgenroth. Deshalb seien in den nächsten Wochen weitere Experten hinzuziehen. Der Gesamtschaden werde deshalb erst im Dezember zu beziffern sein.

Die Technik vor der Bühne – vor dem roten Vorhang – sei relativ trocken geblieben. "Vielleicht können wir das wiederverwenden", sagt der Intendant. Dazu müssten aber noch Sicherheitsfragen geprüft werden. Denn derzeit sei das Theater ohne Brandmeldeanlage.

Welle der Solidarität

Mut macht den Theaterleuten auch eine "großartige Welle der Solidarität", erzählt Daniel Morgenroth. Aus dem ganzen Bundesgebiet hätten Kollegen angerufen und Hilfe angeboten. Kulturinstitutionen aus der Stadt und dem Landkreis sagten Unterstützung zu und boten Räume an. Privatleute und Vereine wollten spenden. Das baue das Team des Görlitzer Theaters wieder auf. "Zwei Tage waren wir am Boden zerstört. Jetzt setzt sich ein Kampfgeist durch", sagt Intendant Morgenroth.

Zwei Tage waren wir am Boden zerstört. Jetzt setzt sich ein Kampfgeist durch.

Daniel Morgenroth | Intendant | Gerhart-Hauptmann-Theater

Alle Produktionen werden sich auf keinen Fall retten lassen. Doch einen Teil will das Gerhart-Hauptmann-Theater in anderen Spielstätten zeigen. "Wir haben gute Lösungen und müssen jetzt noch die Details klären", bekräftigt Morgenroth. Das Theater setze alles daran, den Görlitzerinnen und Görlitzern schon in knapp zwei Wochen ein Weihnachtskonzert zu spielen.

MDR (mak)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 15. November 2022 | 19:00 Uhr

Kommentare

Laden ...
Alles anzeigen
Alles anzeigen