Kulturhauptstadt 2025Chemnitz: Grünes Tor zur Stadt oder graue Maus
Wer Chemnitz per Zug erreicht, betritt zuerst eine weite graue Steinfläche. Der Bahnhofsvorplatz lädt nicht zum Ankommen und Verweilen ein. Zwei Landschaftsarchitektinnen haben am Sonnabend genau auf diesem Platz Ideen gesammelt, um das zu ändern. Sie wollen dem Platz im Kulturhauptstadtjahr eine positivere Ausstrahlung geben.
Der Bahnhof ist - so sagt es ein geflügeltes Wort - das "Tor zur Stadt". Reisende erhalten einen ersten Eindruck vom Ort, den sie besuchen. In Chemnitz ist dieser Eindruck in erster Linie grau und leer. Hunderte Quadratmeter Granitplatten vermitteln eine Atmosphäre, die zum schnellen Verlassen einlädt.
Dass die Tristesse nicht in Stein gemeißelt bleiben soll, davon sind die Landschaftsarchitektinnen Andrea Alter und Hedda Schork überzeugt. Sie haben am Sonnabend unter dem Motto "Platzvisionen – Mach´s zu deinem Platz" Visionen zur Umgestaltung des Platzes gesammelt - von Reisenden und Chemnitzerinnen und Chemnitzern. Die Idee entwickelten die beiden Frauen aus Chemnitz gemeinsam mit den Mitgliedern des "Arbeitskreises Kulturhauptstadt 2025" der Architektenkammer Sachsen.
Die "Platzvisionen" gehören zu den geförderten Projekten der Kulturhauptstadt-Ausschreibung "Nimm Platz!". Dort sollen Ideen für "neue Lieblingsorte" in Chemnitz entwickelt werden.
Landschaftsarchitekin Alter: Wir brauchen Grün!
Die Landschaftsarchitektin Andrea Alter will vor allem mit der Begrünung der Flächen der Tristesse des Platzes etwas entgegensetzen. "Es ist uns gelungen, die Stadt davon zu überzeugen, vorerst vier Pflanzkübel mit Bänken hier aufzustellen." Die Bänke seien von der ersten Minute an genutzt worden, sagt Alter.
Andrea Alter setzt sich mehr Grün in allen innerstädtischen Bereichen ein. "Meist werden wir Landschaftsarchitekten zu spät eingebunden, nämlich um ein fertig geplantes Projekt 'zu begrünen'", sagt sie. Dabei erfüllten Grünflächen und Bäume eine viel zentralere Gestaltungsfunktion. "Sie verbessern die Luft, strukturieren Flächen, haben Erholungswert und nicht zuletzt eine positive psychologische Funktion." Menschen fühlten sich einfach wohler unter Bäumen als zwischen Betonflächen. Alters Mitstreiterin Hedda Schork ergänzt. "Alles was wir planen, muss doch für die Menschen da sein."
Der nächste Platz ist schon im Visier der Architektinnen
Im Herbst wollen Andrea Alter und Hedda Schork einen weiteren Platz zur Ideensuche nutzen. Dann wollen sie auf dem Seeberplatz im Zentrum der Stadt für eine Umgestaltung werben. "Für den Bahnhofsvorplatz können wir nicht mehr viel tun. Dort soll ja ein Busbahnhof entstehen." Trotzdem wollten sich die Landschaftsarchitektinnen für den Erhalt der wenigen Bäume, die hier stehen, einsetzen. "Auch ein begrünter Weg in Richtung Innenstadt wäre nach jetzigem Planungsstand noch möglich", sagt sie.
Die Stadt Chemnitz will die begrünten Bänke - Stand jetzt - ein Jahr lang auf dem Bahnhofsvorplatz stehen lassen. Wenn es bei der Entscheidung bleibt, würde der Platz zu Beginn des Kulturhauptstadtjahres sein gewohntes Aussehen wieder haben: Groß, leer und grau.
MDR (tfr)
Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz