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Alica Weirauch (liegend) hatte die Idee, ein Team aus Ungarn, Rumänien und Deutschland für ein gemeinsames Theaterprojekt in Chemnitz zusammenzustellen. Bildrechte: Kíra Mészáros

Fritz Theater ChemnitzTheaterstück in drei Sprachen - wie kann das gehen?

23. März 2024, 10:00 Uhr

Auf einer Reise durch Rumänien und Ungarn hat Alica Weirauch vom Fritz Theater in Chemnitz ein Projektteam für ein internationales Theaterstück zusammengesucht. Nun, einige Monate später, sind sie in Chemnitz vereint, um gemeinsam ein Stück zum Thema kulturelle Identität zu erarbeiten. MDR SACHSEN war bei einer Probe dabei.

Schon am frühen Morgen herrscht Trubel im Fritz Theater in Chemnitz. Künstlerinnen und Künstler aus drei Nationen proben hier derzeit ein Theaterstück unter dem Titel "Where is my place?", das es eigentlich noch gar nicht gibt. Erschrocken schaut Krisztián Ákli auf seine Uhr, als er das Foyer betritt. "Wir hatten doch diese Zeit vereinbart, oder?" Der Regisseur aus Ungarn erzählt lachend, dass in seiner Heimat alle immer etwas später kommen, während die Deutschen sehr pünktlich oder zu früh da sind.

Proben ohne fertiges Theaterstück

Auf der Bühne machen sich die Schauspieler warm, singen, tanzen oder dehnen ihre Muskeln. Áklis Arbeitsmethode ist unkonventionell und der Grund, warum es noch gar kein fertiges Theaterstück gibt. "Ich brauche immer Fragen und auch Beziehungen zu Literatur und Geschichte", erklärt er. Ausgangspunkt für das Projekt war das Thema Identität und Heimat. Darüber haben alle Beteiligten aus Rumänien, Ungarn und Deutschland in Onlinetreffen in den letzten Monaten viel gesprochen. "Und jetzt haben wir dazu improvisiert und Gemeinschaftsübungen gemacht und die Ideen so weiterentwickelt", so Ákli.

Regisseur Krisztián Ákli aus Ungarn hat in der Schule etwas Deutsch gelernt und später zwei Jahre an der Deutschen Bühne in Ungarn gespielt. Bildrechte: MDR/Anett Linke

Einen fertigen Text gibt es allerdings noch nicht. "Wir haben die Idee und eine dramaturgische Linie", sagt der Regisseur. "Und ich habe in meinem Gehirn und auch in meinem Herz ein paar Dinge, auch von den Schauspielern, und daraus machen wir eine Skizze auf der Bühne." Erst danach wird ein Dramatiker den Text dazu schreiben. Das Stück wird lustig und tragisch zugleich sein. "Ich mag es, wenn sich Tragödie und Komödie ständig abwechseln und es ein Auf und Ab gibt im Stück", sagt Ákli. Die Arbeitssprache ist Deutsch, aber am Ende soll auch Rumänisch und Ungarisch auf der Bühne zu hören sein. "Diese Sprachen haben eine andere Melodie als Deutsch."

Mit der Kulturhauptstadt durch Ungarn und Rumänien

Die Idee zu dem Projekt hatte Alica Weirauch vom Fritz Theater. Mit Unterstützung der Kulturhauptstadt ist sie im vergangenen Jahr nach Rumänien und Ungarn gereist, um zu recherchieren und auch Projektpartner zu finden. "Wir haben uns jetzt alle zum ersten Mal getroffen", erzählt Weirauch. "Ich war die Einzige, die alle vorher kannte, weil ich das Team zusammengestellt habe."

Die Projektpartner aus Rumänien und Ungarn hat Alica Weirauch vom Fritz Theater bei einer Reise durch die beiden Länder kennengelernt. Bildrechte: MDR/Anett Linke

In Ungarn werde Theater ein bisschen anders gespielt als in Rumänien oder Deutschland. "Man muss einfach einen Weg finden, wie man auf der Bühne trotz vielleicht unterschiedlicher Spielweisen miteinander spielt", sagt sie. "Das bedarf einer großen Wachsamkeit und Neugierde für die andern." Dass es noch keinen fertigen Text gebe und die Schauspieler selbst nicht wissen, wo sie rauskommen, sei ein großes Abenteuer.

Alexia Gales aus Rumänien ist Schauspielstudentin und die jüngste Darstellerin in dem internationalen Team. In dem Stück, dass eine Mutter-Tochter-Beziehung als Leitmotiv haben wird, wird sie die Tochter spielen. "Sie ist ein ungewolltes Kind", sagt sie. "Ich bin sehr aufgeregt, weil ich auch tanzen darf." Bei der Probe stehen nun neben Alica Weirauch noch zwei weitere Schauspielerinnen auf der Bühne und beginnen mit der ersten Szene. Alle drei scheinen die gleiche Rolle, aber jeweils einen anderen Aspekt der Persönlichkeit zu verkörpern. Am Ende entdecken die drei, dass sie schwanger sind und Gales hat hinter einem halb durchsichtigen Vorhang ihren Auftritt und singt ein bekanntes deutsches Kinderlied.

Alexia Gales aus Rumänien ist zweisprachig aufgewachsen und empfindet Deutsch daher als ihre zweite Muttersprache. Bildrechte: MDR/Anett Linke

Publikumsmeinung erwünscht

Deutsch ist für Gales ihre zweite Muttersprache, ist sie doch in zwei sächsischen Städten in Rumänien aufgewachsen. Insgesamt sei Sprache kein Problem bei dem Projekt. "Mit den Ungarn haben wir einige Ähnlichkeiten, was Essen und Traditionen angeht", erzählt sie. Das herauszufinden fand sie sehr spannend. Inzwischen ist die erste Szene beendet und Regisseur Krisztián Ákli ruft ein zufriedenes "Danke!" auf die Bühne.

Am Sonntagnachmittag sollen die ersten Arbeitsergebnisse bei einer Werkschau vor Publikum präsentiert werden. "Es wird einen Eindruck geben, aber kein fertiges Stück", sagt Weirauch. "Ich finde es spannend, was die Eindrücke des Publikums sind." Sie hofft auch auf Fragen und Anregungen. 2025 wird dann das fertige Stück im Fritz Theater und vielleicht auch in Rümänien und Ungarn zu sehen sein.

MDR (ali)