Jubiläumskonzert60 Jahre Akkordeonorchester Klingenthal: Weltmeister-Klang aus dem Vogtland
Mit einem Konzert am 11. November feiert das Akkordeonorchester Klingenthal sein 60. Jubiläum. Dabei blickt es auf seine eng mit dem Ort und dem Instrumentenbau verhaftete Geschichte zurück. Einst als Klangkörper zu Bewerbung der Instrumente "Made in Klingenthal" gegründet, hat es schnell einen eigenen Sound gefunden und mit seinen Konzerten ein internationales Publikum begeistert.
- Vor 60 Jahren wurde das Akkordeonorchester Klingenthal gegründet.
- Der Klangkörper führt hochwertige Konzerte mit speziell für Akkordeon und andere Instrumente umgeschriebenen Partituren auf.
- Das Akkordeonorchester benutzt bis heute Instrumente, die im Ort Klingenthal hergestellt wurden.
Das 1963 gegründete Akkordeonorchester Klingenthal hat eine besondere Geschichte. Es ist hervorgegangen aus einem Werbeorchester, das die heimische Akkordeonindustrie in Klingenthal repräsentieren und vermarkten sollte.
Obwohl die Spieler damals keine ausgebildeten Akkordeonisten waren, sondern, mit Ausnahme weniger Musikpädagogen, Facharbeiter und Facharbeiterinnen der Akkordeonindustrie, spielte das Orchester von Anfang an auf einem sehr hohen Niveau. Das Repertoire reicht von Klassik über Jazz und Pop-Musik bis hin zu volkstümlichen Stücken. Mit der hohen musikalischen Qualität konnten die Musiker sich regelmäßig bei Messen und Konzerten präsentieren – auch im damaligen kapitalistischen Ausland.
Leben ohne Akkordeonorchester nicht vorstellbar
Das Jubiläumskonzert zum 60. Jubiläum des Akkordeonorchesters am 11. November will dessen musikalischer Leiter, Richard Wunderlich, mit Rossinis "Italienerin von Algier" eröffnen. Und das aus gutem Grund: Als das Orchester vor sechs Jahrzehnten zum ersten Mal in Klingenthal auf der Bühne stand, erklang genau diese Ouvertüre.
Wunderlich war bei seinem Amtsantritt vor fünf Jahren gerade mal 21 Jahre alt und hatte sein Musikstudium noch vor sich. Das Orchester stand damals nach dem Tod des vorherigen Leiters Gunter Gerber vor dem Aus. Ein Leben ohne Akkordeonorchester konnte sich Wunderlich aber nicht vorstellen, es sei wie eine zweite Familie für ihn. Außerdem gehöre es zur Stadt Klingenthal dazu. Deshalb stellte er sich der Herausforderung, es zu leiten.
Blitzgründung 1963: Zwei Monate bis zum ersten Konzert
Anfang der 1960er-Jahre suchten die Klingenthaler Akkordeonbetriebe nach neuen Wegen, ihre Musikinstrumente bekannter zu machen und zu verkaufen. Hier klinkte sich Erhard Uebel ein, der spätere Manager des Orchesters. Er schlug vor, zu Werbezwecken für die Klingenthaler Musikinstrumente ein Akkordeonorchester im Ort zu gründen. Dabei konnte er auf einen größeren Fundus von sehr guten Akkordeonspielern zurückgreifen, da es in der Musikstadt Klingenthal auch bereits vorher kleinere Akkordeonorchester gegeben hatte. Nur zwei Monate nach dem Beschluss gab das neu gegründete Orchester unter der musikalischen Leitung von Günter Herold sein erstes Konzert.
Achtstimmige Arrangements von Orchesterwerken
Als Werbeorchester wurden die Musiker ausgestattet mit heimischen Musikinstrumenten. Das waren nicht nur Akkordeons, sondern auch ein E-Piano (Claviset), Schlagzeug und Pauken. Diese Kombination verlieh dem Orchester einen besonderen Klang.
Ein großes Problem waren die Noten. Für anspruchsvolle Orchesterwerke, wie man sie präsentieren wollte, gab es kaum Partituren. Also arrangierten die musikalischen Leiter des Orchesters, Günter Herold, später Heinz Dähn, Falko Güther, Karl Lipsius und Gunter Gerber, Partituren aus Streich- und Blasorchestern neu.
Der inzwischen verstorbene Akkordeonbauer Peter Richter, der in den 1970er-Jahren als Lehrling im Akkordeonbau Orchestermitglied wurde, erinnert sich: "Wir hatten eine Besetzung, das war der Hammer! Das waren richtige musikalische Werke. Ich saß hinten an der fünften, sechsten Stimme, das Orchester war aber zum Teil sieben- bis achtstimmig. Da wurde ja die Originalliteratur vom Streichorchester übernommen."
Reisen ins damalige kapitalistische Ausland
Als Werbeorchester durfte der Klangkörper regelmäßig bei Messen Konzerte geben: in Vilnius, Kiew oder Minsk. Man habe vor Hunderten von begeisterten Zuschauern gespielt, erinnert sich Gründungsmitglied Harri Schneidenbach.
Solche Konzertreisen waren auch für junge Akkordeonspieler ein großer Anreiz. Nur wer richtig gut auf seinem Musikinstrument war, schaffte es ins Orchester. Nachwuchsprobleme hatte der Klangkörper zu DDR-Zeiten nie. Ab den 1970er-Jahren waren auch Konzertreisen ins ehemalige Jugoslawien, nach Schweden, Norwegen oder Finnland möglich.
Weltmeister-Akkordeons stehen für eigenen Sound und Erinnerungen
Über die politische Wende führte das Akkordeonorchester Falko Güther als langjähriger Leiter hinweg. Mit noch zwei weiteren musikalischen Leitern, Karl Lipsius und Gunter Gerber, endete die Dynastie der Musiker, die die Orchestergründung bzw. die DDR-Zeit im Akkordeonorchester miterlebt haben.
Der 1997 geborene aktuelle Chef, Richard Wunderlich, möchte den Klangkörper musikalisch weiterentwickeln, aber auch Traditionen bewahren. Der eigene Sound sei ihm wichtig, die Besetzung mit Akkordeon, E-Piano und Keyboard. Auch die Arrangements übernehmen er und sein Orchesterkollege Rico Schneider, der Stadtmusikdirektor Klingenthals, immer noch selbst.
Und noch eine weitere Besonderheit sei vom alten Werbeorchester der Klingenthaler Musikinstrumentenindustrie geblieben, sagt Wunderlich. Bis heute spielen die Musiker mit Vereinsinstrumenten des heimischen Akkordeonbetriebes. Diese Weltmeister-Akkordeons würden den Leuten meistens auch als erstes auffallen, und sie verknüpften ganz viel damit, so Wunderlich.
Jubiläumskonzert60 Jahre Akkordeonorchester Klingenthal
11. November 2023, 19:30 Uhr
Aula am Amtsberg Klingenthal
Gymnasium Klingenthal
Am Amtsberg 20, 08248 Klingenthal
Quelle: MDR KULTUR (Antje Uebel), Redaktionelle Bearbeitung: op
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 09. November 2023 | 06:15 Uhr